Canada – Bericht von Albrecht

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren,
es ist wohl an der Zeit fuer einen zweiten Bericht von mir hier aus Kanada. Ich sitze hier in meiner Schule und habe gerade 2 Freistunden, was wohl die perfekte Gelegenheit zu sein scheint, einen laengern Brief zu schreiben.
Seitdem ich meinen ersten Brief Anfang Dezember verfasst habe, ist einiges passiert. Skisaison, Weihnachten, Jahreswechsel, Familienwechsel und einiges mehr haben sich in dieser kurzen Zeit ereignet.

bin ich zu meiner naechsten Familie, den „Mitchells“ umgezogen. Es war ein Schock fuer mich zu erfahren, dass sie Vegetarier sind, da meine erste Gastfamilie ein Restaurant(Europaeische Kueche) hat und ich jeden Tag irgend etwas mit Fleisch serviert bekam. Nun ja, nach 2 Wochen hab ich mich dennoch daran gewoehnt. Dann am 12ten November durfte ich endlich meine neuen Ski ausprobieren, als Kimberley, 20 Minuten entfernt von Cranbrook, geoeffnet hat. Natuerlich hab ich mir meine brandneuen Ski gleich zerkratzt, aber das passiert eben. Ich bin so ziemlich jedes Wochende Skifahren gewesen, da ich ja sonst nur einmal pro Jahr die Chance habe Ski zu fahren. In den Rockies (Rocky Mountains) gibt es speziell in dem Gebiet, wo ich dieses Jahr verbringe, sehr viele Skigebiete. Insgesamt war ich ca. 25mal Skifahren.
Dann am 17ten Dezember hatte ich Geburtstag und wurde von meinen Austauschschueler-Freunden besucht. Dann ging es auf den 24ten zu, und ich wurde mit Geschenken eingedeckt, obwohl es mich schon ein bisschen befremdet hat, dass man die Geschenke erst am 25ten. aufmacht. In den Ferien hab ich ab und zu mal Eishockey gespielt oder habe mit meinen Freunden ein paar Parties gefeiert oder bin ganz einfach Ski gefahren.

Wir hatten eine Woche mit -35 Grad, aber ansonsten war der Winter „mild“, was so -20 Grad heißt. Dann bin ich sehr oft rumgereist: Calgary, Lethbridge und sogar Saskatoon. Was ich sehr lustig finde: In Deutschland/Europa ist eine 10h Reise sehr lang, in Kanada ist es einfach nur ueblich, ueber laengere Distanzen zu reisen, weil alles groesser ist. Kanada ist 24mal so gross wie Deutschland. Nachdem ich in Saskatoon war, hat sich meine Reiseaktivitaet gelegt. Ich war einfach zu beschaeftigt mit meinen Freunden und meinen Aktivitaeten hier in Cranbrook, als dass ich wirklich Zeit gehabt haette, nur zu reisen. Dann bin ich vor kurzem wieder umgezogen zu den McGills (mein Gastvater ist der amtierende Praesident meines RotaryClubs). Ich hab auch 2 Gastgeschwister, aber wir wohnen nur im selben Haus, sonst nichts. Ich hab mich wesentlich besser mit meinen anderen Gastgeschwistern verstanden. Aber so ist das nun mal, man kann nicht immer alles haben. Mein Gastvater ist wahnsinnig nett, und wir gehen manchmal zusammen Golf spielen. Er selber arbeitet bei einer Versicherungsagentur. Meine Gastmutter ist manchmal ein bisschen komisch. Vor allem redet sie mit ihrem Hund mehr als mit jedem anderen im Haus, was mich sehr befremdet. Das war grob, was bisher passiert ist. Wenn ich alles auflisten wuerde, was ich bisher erlebt habe, wuerde dieser Brief wohl kein Ende nehmen. Aber ich hab auf jeden Fall, sicherlich wie jeder andere Austauschschueler, hier die Zeit meines Lebens.

In der Schule ist alles in Ordnung. Ich bin in eine Bestenliste(HonorRoll) aufgenommen worden fuer meine guten Leistungen in der Schule. Fand ich nicht schlecht, da ich nicht wirklich was fuer die Schule gemacht habe.
In meinem ersten Semester hatte ich Philosophie, Sport, Betriebswirtschaftskunde und Mathe. In dem jetzigen habe ich Geschichte, Englisch, Outdoorskills und Filmbearbeitung. Meine Lieblingsfaecher sind/waren Filmbearbeitung und Philosophie. Manchmal bin ich leicht schockiert, wie wenig Allgemeinwissen manche Mitschüler haben. So wurde ich ernsthaft gefragt. ob wir Gabeln in Deutschland haben. Noch unwissender scheinen Amerikaner zu sein, die mich manchmal ernsthaft gefragt haben, ob wir Strom in Deutschland haben. Was mich auch ab und zu mal nervt, sind dumme Kommentare ueber die Nazi-Zeit, einmal hatte ich sogar ein Hakenkreuz in meinem Fach. Da faellt es schon schwer, die Ruhe zu bewahren. Vor allem, weil weder ich, noch meine Familie irgend etwas mit dem Holocoust zu tun hatten. Das war sicherlich eine unangenehme, aber auch die einzigste negative Erfahrung hier in Kanada. Die Kanadier sind sehr freundlich und machen sich staendig Sorgen, dass ich 2 Kilo abgenommen haben, und versuchen mich zu maesten. Ich werde oft von Beinah-Fremden eingeladen und ueberhaupt komme ich mir hier sehr willkommen vor. So wurde mir mein Skipass von einem Rotarier bezahlt und ich wurde oft mitgenommen, um Sachen wie Eisfischen, Klettern(hab nicht wirklich gewusst, auf was ich mich da einlasse…) kennen zu lernen. Man hat mich auch in einem Gelaendewagen zu einer Gelaendeparcour mitgenommen. Ansonsten sind die Menschen sehr gutmuetig, aber kuemmern sich nicht wirklich um das, was außerhalb von Amerika passiert. Was mir nicht so gefaellt ist, dass man fuer jede Strecke, und mag sie noch so klein sein, ein Auto braucht. Das liegt vermutlich am niedrigen Benzinpreis – ca. 50 Euro-Cent.

Ich habe sehr viele gute Freunde gefunden, und bin, soweit ich weiß, beliebt bei vielen Jugendlichen sowie auch Erwachsenen. Natuerlich gibt es auch Leute, die mich nicht moegen, einfach nur wegen Herkunft, Akzent oder eben ohne Grund, aber man kann nicht nur Freunde haben. Ich bin oft mit „meinen“ 3 Maedels zusammen oder mit meinem FreundDavid. Aber man wird eben einfach auch oft von Beinah-Fremden eingeladen, weil jeder „den Deutschen“ sehen will.
Da ich ja Englisch schon relativ gut sprechen konnte, bin ich mitterweile fließend, verstehen tue ich es perfekt. Ich habe aber immer noch einen relativ starken Akzent, aber er ist schon schwaecher geworden. Auch mein Franzoesisch hab ich ein bisschen verbessert, weil es ja auch eine Amtssprache ist.

Das war mein 2ter Bericht. Ich denke mal, dass ich in 8 Wochen einen weiteren schreiben werde.
Falls Sie Fragen haben, bitte schreiben sie an albrecht_wenzel@hotmail.com. Ich kann ihnen auch ein paar Bildern aus Kanada schicken, wenn sie mir Ihre Email Adresse mitteilen. Ich werde am 7ten August wieder in Deutschland sein und freue mich schon, alle (hoffentlich) gesund und munter( ich hab hier einfach mal Bernd Wiesner zitiert) wiederzusehen.

MfG
Albrecht Wenzel

by Albrecht Wenzel

Schreibe einen Kommentar