Mexiko – 2. Bericht von Dominique

Inhalt
    – 2. Distrikttreffen in Mérida, Yucatan
    – Fiesta alemana in meinem Rotary Club
    – Treffen mit einem Nagualia-Musiker
    – Vorweihnachtszeit und Projekte im Sinne Rotarys
    – Heiligabend und die Tage danach
    – Silvester
    – Familie Teil 2
    – Carnaval de Veracruz
    – ATS-Treffen in Cancún, Quintana Roo

Ich kann mich ehrlich gesagt gar nicht recht mit diesem Gedanken anfreunden, aber nun werde ich sozusagen dazu gezwungen: Ich bin seit einem halben Jahr hier, und im Kopf noch fast bei den Vorbereitungen für Mexiko!!

Das Schlimme an dieser Tatsache ist, dass schon mehr als die erste „Halbzeit“ vergangen ist, und das Leben hier tagtäglich verspricht, eindeutig zu schnell vorbei zu sein…

Ich beginne mit meiner Berichterstattung beim 2. Distrikttreffen Ende November.
Dies begann damit, dass alle ATS nach Mérida, Yúcatan kamen, um sich dort zu versammeln.

alle ATS des Distriktes 4200 in Mérida!!!

Wir wurden in rotarische Familien aufgeteilt, und gleich anschliessend brachten uns die Rotarier zur 1. grossen Veranstaltung ins Zentrum der Stadt, hier wurden uns die traditionellen Folklore-Tänze des Staates Yucatans vorgestellt.
Am nächsten Morgen war dann ein Meeting angesetzt, bei dem wir (nicht ganz) unerwarteterweise vor eine Art „Examen“ gesetzt wurden. Dieses bestand aus 110 (spanischen) Fragen über Familie, Schule, Freunde, alltägliches Leben, Rotary,… in Mexiko.

Da waren Fragen dabei wie:

    – Wie kommst du mit deiner Familie zurecht?
    – Wie ist deine Schule?
    – Kennst du deinen Counsellor?
    – Wie heisst der Präsident von deinem mexikanischen Club?
    – Wie heisst der Gobernador dieses Distriktes?
    – Beschreibe deine beste Freundin.
    – Beschreibe einen normalen Schultag
    usw.

Dieser Test sollte bei der Auswertung nicht nur Aufschluss über unser Leben in Mexiko, sondern auch über unsere Spanischkenntnisse geben.

Nachdem dies geschafft war, wurden wir im Bus zu einer berühmten Feria, das ist so eine Art Kirmes, gebracht. Sie heisst Xmatkuil, das kommt von den Mayas. Es gibt nicht nur Kirmesgeräte dort, sondern auch alle Arten von Ständen und Geschäften, mit Krimskrams, Kleidern, Spielsachen, Süssigkeiten, Essen und Trinken, Trachten der Mayas, Kühe, Pferde, Ochsen, Schweine, Hunde, Hühner und Möbeln. 🙂
Es ist wie ein riesiger Jahrmarkt.

Nach einer kurzen Nacht folgte dann ein Tag voller Besichtigungen in Mérida und Umgebung. Wir besuchten den Hafen von Progreso, fuhren Flamingos anschauen, und anschliessend ging es nach Izamal, wo wir vom Gobernador begrüsst wurden. Anschliessend fuhren wir zu einer grossen gelben Kathedrale, dort fand ein Lichtspiel statt, in dem verschiedene Momente aus dem Leben der Mayas gezeigt wurden.
Am nächsten und letzten Tag ging es nach Chichen Itza. Das sind riesige Mayaruinen (dies war die Hauptstadt der Mayas), die sehr berühmt sind, und in der Nähe von Mérida liegen.

Dort gibt es viel zu entdecken, es gibt einen Platz, da klatscht man in die Hände, und es ertönt der Laut eines Vogelschreis. Wer einmal die Möglichkeit hat nach Mexiko zu kommen, sollte Chichen Itza nicht auslassen. Gerade wegen der Popularität dieser Pyramiden traf man dort Volk aus aller Welt an. Meine Freunde und ich haben uns deshalb auch den Spass gemacht, auf der Pyramide stehend Sprachen zu raten oder zu zählen.
Ich persönlich fand es am lustigsten, mitten in Mexiko auf einer Maya-Pyramide einem alten Pärchen zuzuhören, dass sich in einem sächsischen Dialekt unterhielt. 🙂 Mit diesem Ausflug endete unser Wochenende in Mérida.

Die Woche darauf fand in meinem Rotary Club eine Feier in deutschem Stil statt, da mein Sponsorclub in Plauen sein 75-jähriges Bestehen feierte. Ich organisierte mit der Präsidentin eine kleine Festlichkeit mit Wurst, Käse und Schwarzbrot, sogar deutsches Bier habe ich entdeckt!!, und mir machte es grossen Spass, die etwas misstrauisch dreinguckenden mexikanischen Rotariergesichter zu beobachten… 😉

Ein für mich persönlich ganz besonderes Erlebnis fand einige Tage später statt…
Kurze Vorgeschichte:
Im vergangenen Sommer, 2 Monate vor meinem Abflug nach Mexiko, reisten 40 mexikanische Künstler durch ganz Sachsen, musizierten, malten, tanzten, sangen. Auch in Plauen waren sie zu Gast, und der Kammerchor meiner Schule durfte zur Begrüssung für sie singen… Das war ein tolles Konzert, ich spürte zum ersten Mal die Alegría (oh Gott wie sagt man das denn auf Deutsch… Freude?!?!) dieser Menschen, und hatte dort auch die Gelegenheit, meine 1. Mexikaner hautnah kennenzulernen (auch wenn ich nur einen fand, der Englisch sprach…). Mit einigen stehe ich bis heute in regem Kontakt. Einer von ihnen, David Peña, schrieb mir eine Mail, „Domi, wie gehts dir da drüben in Carmen, ich habe da in 2 Wochen ein Konzert, wäre toll wenn wir uns sehen könnten!“
Wow…
Ich hätte nicht damit gerechnet, einen von ihnen jemals wirklich wiederzusehen…
Aber natürlich war ich da!!! Es war ein sehr herzliches Wiedersehen, und ein gutes Gefühl, im fliessenden Spanisch mit ihm reden zu können… 🙂
Wir schmiedeten die wildesten Pläne für gemeinsame Konzerte bei den Rotariern, vielleicht wird’s ja wirklich was… 🙂

David und ich

… und dann stand auch schon die Weihnachtszeit vor der Tür! Ich bekam das irgendwann in der Kirche mal ganz nebenbei mit, als ich dort Kränze mit 2 angezündeten Kerzen sah…
Der 2. Advent… Für mich war immer noch irgendwie August.

 Impressionen von schwitzenden Weihnachtsmännern unter Palmen und Weihnachtslichterparkbesuche in kurzem Rock

Ich fuhr mit meiner Schulklasse, jeder Menge Töpfe voller Essen und noch mehr Süssigkeiten im Casa Hogar, im Weisenhaus meiner Insel. Wir sangen Weihnachtslieder unter der knallenden Sonne, spielten mit den Kindern, und auch sie hatten eine kleine Aufführung für uns vorbereitet, welche uns glaube ich allen zu denken gab…
Da waren kleine 5-jährige Jungen in zerfetzten Hemden, die vielleicht ihre eigenen Väter spielten… Sie sassen zusammen am Tisch, tranken Bier, um dann nach Hause zu kommen und Frau und Kinder zu schlagen.Im späteren Gespräch mit den Leiterinnen erfuhr ich, dass das hier wirklich schon fast eine Normalität ist…
Ich selbst kenne auch solch einen Fall, und mich macht das immer wieder so wütend, aber man kann überhaupt nichts tun, das ist eine Sache die ich glaube ich nie wirklich begreifen werden kann, Kulturen hin oder her, viele Frauen sind hier wirklich so unterwürfig und bleiben bei ihrem Macho, egal wie er sie behandelt… 🙁

Einige Tage später fand dann das grosse Projekt statt, dass ich schon in meinem 1. Bericht kurz beschrieben hatte… Wochenlang hatten wir Geschenke gesammelt, telefoniert, geredet, verpackt, und an einem Freitag war es dann endlich soweit… Das Haus eines Freundes war voll mit bunten Päckchen, und wir fuhren in ungefähr 4 grossen Autos und 2 Lastern in die Schule der puesta del sol.

letzte Vorbereitungen und ab geht's

Das ist ein Gebiet der Insel, das ich bisher nicht kannte, und wo wohl auch niemand so recht drüber sprechen mag- die Grundstücke hier sind nicht verkauft oder vermietet, und trotzdem siedeln sich die armen Menschen hier an, leben in „Häusern“ aus 3 Brettern und Karton, ohne Wasser und Elektrizität.
Ich machte mich mit einem anderen ATS der mit war auf, weil ich mir dies alles gern etwas genauer anschauen wollte, wir kamen aber ungefähr 15 Meter weit, bis mir 2 Frauen rieten wieder zurückzugehen, weil man hier lieber nicht so auf der Strasse wandeln sollte…
Okay…
Ich redete noch ein paar Minuten mit Ihnen, eine von ihnen war gerademal 17 und hatte schon 2 Kinder, mit Deutschland bzw. Europa wussten sie gar nichts so recht anzufangen, und mir wurden schon die Unterschiede zum Stadtleben bewusst…
Doch immerhin gibt es dort jetzt eine Schule, auch wenn die Kinder NICHTS haben, doch deshalb waren wir ja da, um ihnen eine Freude machen…
Das Tolle war, dass nicht jedes Kind irgendein Geschenk in die Hand gedrückt bekam, sondern vorher genau seinen Wunsch geäussert hatte, und wir den auch versuchten zu erfüllen…
Von Barbie bis Fahrrad war wirklich alles dabei!!
Der Vormittag begann mit einer grossen Party, Scooby Doo, Bob Esponja und andere lebensgrosse Cartoonfiguren (ich kenn mich da gar nicht mehr so aus…) waren da, um mit den Kiddies zu tanzen und Spiele zu machen. Es war eine riesige Musikanlage auf dem Schulhof aufgebaut, und alle machten grosse Fiesta.
Anschliessend wurden alle Kinder in ihre Klassenräume verfrachtet, und es wurde die piñata geschlagen – das ist mexikanische Tradition zu allen Festen: ein grosses buntes Ding, original etwas sternenähnliches, aus hartem 165156fachen Papier, gefüllt mit Süssigkeiten, hängt in der Luft an einer Schnur, die Kleinen müssen mit einem Holzstab auf eben dieser piñata rumschlagen, was ihnen dadurch erschwert wird, dass „ein Grosser“ das andere Ende der Schnur hält, und die piñata kräftig in der Luft herumwirbeln lässt.
Dazu wird ein Lied gesungen, das ich spätestens nach diesem Tag im Schlaf kann. Irgendwann geht die piñata kaputt, und alle stürzen sich auf die Süssigkeiten. Nachdem dieser Akt vollzogen war, kam die grosse Bescherung. Jeder bekam sein eigenes Geschenk, und das schönste an dem ganzen Tag war natürlich, die strahlenden Augen der Kinder zu sehen. :o)

Fiesta und die Geschenke

Anschliessend gab’s Hotdogs, Cola und Eis, und alle gingen glücklich nach Hause… Wir natürlich auch, wenn auch ziemlich geschafft, aber mit dem guten Gefühl etwas getan zu haben.
Es folgten viele „Posadas“ (Weihnachtsfeiern), auch der Club hatte zu einer eingeladen. Bei schickem Essen und langen Reden hatten wir (trotzdem 🙂 unseren Spass, und ich konnte mich leider nicht davor drücken, den Rotariern Weihnachtslieder meiner Heimat ins Mikro säuseln zu müssen…
Am darauffolgenden Tag fuhren wir nach Carillo Puerto, einem Dorf mit einem Pferd und nicht sehr viel mehr (Sie merken schon, ich mag es nicht so…), dort fanden die 15años einer meiner 897645 Cousinen statt… Die Besonderheit dieses Geburtstages hatte ich ja schon in meinem letzten Bericht beschrieben, und nun kann ich wohl endgültig behaupten, eine solche Feier in jeder ökonomischen Schicht mitgemacht zu haben…
Ich war bei sehr sehr schicken Ballkleid-Feiern im grössten Casino der Insel dabei, und hier feierte das ganze Dorf in Schürze auf der Strasse!

Carillo Puerto

Die Feier

Am darauffolgenden Tag früstückten wir im Garten auf Stein zubereitetes Fleisch, und die ganze Familienkollone fuhr zu einem naheliegenden Fluss. Die Fahrt dahin (27 Personen in einem Hänger) nutzte ich aus, um mir die Gegend etwas genauer anzuschauen, und das Leben hier ist wirklich so, so anders. Die Menschen, die Häuser… Das hat mich um viele Eindrücke reicher gemacht.
Der 24. verlief dann natürlich ganz anders, als ich es aus meiner Familientradition kannte… Oft ist Weihnachten eine der schlimmsten Heimwehzeiten für Austauschschüler, aber bei mir war alles ganz ruhig in der Tränendrüse, und die Heimwehattacken wurden auf ein Minimum reduziert, da mich fast alle Familienmitglieder und Freunde in diesen Tagen vermehrt anriefen… Als in Deutschland langsam alle ins Bett gingen, fing für mich Weihnachten erst an.

(meine Familie ist so kleinwüchsig ;o)

Tagsüber kam noch keine wirkliche Weihnachtsstimmung auf, dafür war es auch viel zu warm…
Meine Familie hatte mir den Weihnachtsbrauch so erklärt:
„Zu Beginn des Abends ist es normal, innerhalb der Familie zu feiern. Später geht man von Haus zu Haus, besucht alle Freunde und Bekannten, und ist bis in die frühen Morgenstunden unterwegs.“
Tatsächlich versammelte sich der Grossteil der Familie so gegen 22Uhr am Pool meiner Familie. Mich erinnerte das alles ein bisschen mehr an Sylvester, denn um 24Uhr wurde angestossen, Glückwünsche und Umarmungen wurden ausgetauscht, und auch erst danach wurde gegessen. Das traditionelle Essen ist hier Truthahn, und ein Weihnachten ohne Truthahn ist für die Menschen hier kaum vorstellbar.
Da wir hier am Pool waren, sollte ich das Häuserwandern nicht miterleben… Doch überraschenderweise kam später meine beste mexikanische Freundin Friné mit Mama und Schwester vorbei (diese 3 Damen sind wie meine 2. Familie, sie nehmen mich überall mit hin, wir verbringen viel Zeit zusammen, und ich habe ihnen wirklich viel zu verdanken), um mich zu entführen…
Ich war an diesem Morgen noch in insgesamt 3 verschiedenen Häusern von Freunden, in denen sich die Altare mit Jungfrau, Plastikschafen, Blumenkerzen und Lichterketten an Kitschigkeit überboten. Um 7 Uhr morgens war ich zuhause, und als ich irgendwann am Mittag des 25.12. erwachte, wuselten alle noch in Pyjama herum…
Auch dieser Tag wurde zur Grossfamilienfeier ernannt, später kamen alle anderen Tanten und Onkels, wir assen Rester, leihten Filme aus und verbrachten diesen Tag mehr oder weniger im Bett…

Am 26. war dann wieder ein ganz normaler Tag, hier in Mexiko gibt es nur einen Weihnachtsfeiertag.Cancún ist schon ein krasser Gegensatz zu Cd. del Carmen, und anfangs beneidete ich die ATS, die hier in der Karibik ihr Jahr verbringen, aber eigentlich bin ich viel glücklicher hier auf meiner Arbeiterinsel, weil es total touristenfrei ist, man wirklich nur mit waschechten Mexikanern zu tun hat, und so das mexikanische Leben auch viel besser kennenlernt.
Den Jahreswechsel feierten wir im Haus meiner Tante.
Sylvester war dann auch wieder ein Erlebnis…
Nach langem Hin und Her sind wir – sehr zu meiner Freude- doch bei einer Tante in Cancùn gelandet. 🙂 Ich war ganz aufgeregt, diesen karibischen Teil Mexikos kennenzulernen, muss aber ehrlich sein und sagen, dass ich mich eher wie in den USA gefühlt habe…
Alles ist sehr „touristisch“, was ja offensichtlich ist, da Cancun in der Karibik liegt. Ich sah fast nur weisse Menschen, alles wird mit Dollars bezahlt, überall riesige Einkaufszentren, ein Mann schimpfte mich aus, weil ich ihn in Spanisch nach der Uhrzeit fragte (er schrie: „HOUR!!!!“) und, naja…
Seine Kultur hat Cancun trotzdem nicht ganz verloren, da sieht man am Strassenrand mal eine Mayapyramide stehen oder so, und das was mich natuerlich am allermeisten begeisterte, war der Strand…
Das Meer ist so blau, dass es fast in den Augen wehtut, der Strand ist weiss, es gibt nicht die kleinste Muschel, was das Baden um einiges angenehmer macht, der Sand ist so fein, dass ich unzählige Duschen später noch immer überall Sand kleben hatte, die Palmen schaukelten im Wind, und die Sonne knallte vom Himmel…
KARIBIK PUR!!

meine Schwester und ich vorm Cancuner Meer Onkel José,, Cousine Diana, Domi, Schwester Dianita,Cousin Rody, Mama Julia, und viel Wind :)

Cancún ist schon ein krasser Gegensatz zu Cd. del Carmen, und anfangs beneidete ich die ATS, die hier in der Karibik ihr Jahr verbringen, aber eigentlich bin ich viel glücklicher hier auf meiner Arbeiterinsel, weil es total touristenfrei ist, man wirklich nur mit waschechten Mexikanern zu tun hat, und so das mexikanische Leben auch viel besser kennenlernt.
Den Jahreswechsel feierten wir im Haus meiner Tante.

Wenn man genau hinsah, sah man überall rot-gelbe Unterwäsche blitzen, denn die steht in diesen Tagen für Liebe und Glück im neuen Jahr. 🙂 Um 12 Uhr werden 12 Trauben gegessen, eine für jeden Monat, und bei jeder Traube darf man sich etwas wünschen. Es wurde ein „viejo“ verbrannt (sowas Ähnliches wie die Hexe zum Höhenfeuer), wir tanzten uns fröhlich ins neue Jahr, und da die Cancuner ein sehr internationales Fernsehprogramm haben, konnte ich mir sogar die Neujahrsrede vom deutschen Bundeskanzler anhören…
Am nächsten Tag hatte ich noch die Chance, die mit der Fähre 40min entfernte Isla de mujeres, „Insel der Frauen“ (als diese Insel von den Spaniern entdeckt wurde, sahen sie so viele Frauen, dass sie der Insel prompt diesen Namen gaben) kennenzulernen.

Domi steht am Meer und trinkt das erste Mal aus einer Kokosnuss :)

Dort konnte ich nach Ewigkeiten ein paar Deutsche antreffen, die ganz ungläubig guckten und meinten „SO GROSS IST DEINE FAMILIE????“ Ich konnte nur mit einem lässigen Lächeln antworten „Har,har, und das sind noch lang nicht alle….!!!“ :p
Diese Reise sollte aber nun die letzte mit dieser Familie werden, denn obwohl in meinen Papieren stand, dass ich das ganze Jahr bei dieser Familie verbringen sollte, liessen mir die Rotarier die Entscheidung zu wechseln letztendlich offen (normalerweise besagt das Rotary-Programm, dass man in mindestens 3 verschiedenen Familien gelebt haben muss). Ich war lange am Hin-und-Her-Grübeln, einerseits wollte ich schon bei ihnen bleiben, andererseits wollte ich aber auch die Chance nicht ungenutzt lassen, Neues und Anderes kennenzulernen!
So beschloss ich mich schliesslich doch für den wohl unbequemeren Weg, den Wechsel, wobei es sich nicht vermeiden liess, meine Familie etwas zu enttäuschen- auch wenn sie Verständnis für meine Entscheidung zeigten, war es doch nicht mehr das Selbe, und gab es eine Zeit, in der ich mich ziemlich schlecht fühlte, in der mein Papa nicht mehr mit mir sprach, oder mich plötzlich einfach nicht mehr sah wie ein Teil seiner Familie.
Es war einfach nicht mehr wie vorher.
Der Wechsel stand nun unmittelbar davor, und ich spürte, dass meine Gasteltern schon sehr verletzt waren…
Aber meine Entscheidung stand fest, und ich war mir meiner Sache sehr sicher.

Im ersten Rotarymeeting des neuen Jahres bekamen wir unsere kommende Familie gesagt, das war ein Dienstag, und schon am Samstag sollte der Wechsel sein…
Ich machte mich also gleich ans Packen (irgendwie hab ich schon 3mal soviel Gepäck wie am Anfang, oh nein!!!) und versuchte die letzten Tage in meiner „alten“ Familie zu geniessen. Der 6.1., Tag der hlg. 3 Könige, ist hier ein grosser Geschenketag für die Kinder, und am Abend kam noch einmal fast der ganze Familienclan, um mich sozusagen zu verabschieden…

Samstagmorgen, meine Schwester hatte mit bei mir geschlafen, weckte mich meine Mutter und sagte, der Club habe angerufen, wir wechseln erst in einer Woche…
Kurz darauf bekam ich schon die ersten beiden Wut-Anrufe von anderen ATS in Carmen, wir waren wirklich ziemlich sauer, „Das ist ja mal wieder typisch Mexikaner!!“, denn man stellt sich ja wirklich seelisch und moralisch darauf ein, morgen plötzlich andere Eltern zu haben…
Am Dienstag, in der nun wirklich letzten Rotaryversammlung vorm Familienwechsel, wurde mir dann gesagt dass der Brasilianer nicht wechselt, und sie deshalb eine andere Familie für mich finden mussten- welche eine ist, die ich noch gar nie gesehen hatte.
Wahhh ich war ziemlich geschockt (was ich wohl trotz grossem Lächeln für meinen neuen Papa nicht verbergen konnte).
Mir ging das alles ziemlich nah, das ewige Hin und Her und die Spannungen in meiner Familie, ich verbrachte dann die – nun wirklich- letzte Woche mit Fieber im Bett, bis ich mich am Samstag aufrappelte, um in meine neue Familie zu wechseln…
Meine Lieblingstante, -onkel, -cousins waren extra nochmal alle gekommen, und beim Abschied weinten wir alle so viel…

Natürlich ist diese Familie jetzt total anders.
Nun lebe ich am anderen Ende der Stadt, in den einzigen Hochhäusern der Insel in einer Wohnung- alles ist viel kleiner und ich wusste anfangs gar nicht wohin mit all meinem Krams, aber das geht alles irgendwie…
Meine jetzige Familie besteht aus Mutter, Vater, einem Sohn (studiert in Monterrey – 3 Tage von hier, ich telefoniere nur immer mit ihm ;), und 2 Töchtern – eine macht gerade ihr Austauschjahr in den USA, die andere ist wieder 10 und ist wieder eine Dianita 🙂
In einer neuen Familie muss man irgendwie nochmal ganz von vorn anfangen, und sehr viel Kraft aufbringen…
Ich musste etwas schmunzeln, als sie mir den Sonntagsablauf erklärten, der genau identisch ist mit dem meiner 1. Familie… (Frühstück ausserhalb, Kirche, Einkäufe, Essen im Haus einer Tante…) ;o)
Ich bin jetzt seit 6 Wochen in dieser Familie, habe mich gut eingelebt, und, auch wenn es anfangs alles etwas schwierig war, hat es mich doch nur stark gemacht, und ich bereue meine Entscheidung keine Minute!!
Um den Kontakt zu meiner 1. Familie nicht zu verlieren, lud mich diese prompt schon 2 Tage später zum Essen ein. 🙂

Im neuen Jahr, in neuer Familie und neuer Umgebung angekommen, festigte sich bei mir immer mehr das Gefühl:
„Setzt mich irgendwo in der Welt aus, und ich komme klar!!“
… und das fühlt sich richtig gut an… =)

Ende Januar begann dann ENDLICH wieder die Schule, wir hatten ja schon seit Mitte Dezember Ferien, und (ich geb‘ es ja nur ungern zu), es war irgendwie schön wieder hier zu sein…
Einige ATS aus Tabasco und Chiapas kamen uns besuchen, sodass jeden Tag volles Programm angesagt war, und man denen, die ein oder zwei ATS bei sich im Haus hatten, den Schlafmangel deutlich ansehen konnte. :p

alle ATS ( und auch ein paar Mexis) im Club Rotario

Gut 2 Wochen Schule, dann gab es schon wieder ein paar Tage frei, denn es war KARNEVAL!!

*verlegen lächel* ;)

Ich wurde von Frinés Tanten in Veracruz (wir hatten uns an Weihnachten bei Friné kennen und lieben gelernt 😉 eingeladen, Friné und ihre Familie zum Carnaval de Veracruz zu begleiten…
Natürlich wollte ich unbedingt, doch Veracruz liegt nicht mehr in meinem rotarischen Distrikt…:/
Aber fragen kostet nix, ich redete mit Präsidentin und Co-Chairmen, meine deutsche Mama musste auch eine Mail schicken, und (ich hätte ehrlich gesagt wirklich nicht damit gerechnet) ich bekam die Erlaubnis… :o)
Wir 4 Damen und unser „Chaffeur“ Raziel (ein Rotariersohn, und Cousin von Friné und mein bester Freund) machten uns auf nach Veracruz!!!! Ich war superaufgeregt, und wirklich, es sollten 5 superschöne Tage werden…
Veracruz ist eine tolle Stadt, ich sah viel, und ganz nebenbei erlebte ich noch den berühmtesten Karneval Mexikos hautnah!! Die Wagen waren wunderschön und sehr prächtig, ich hatte die Mölichkeit, mit den Veracruzer Tänzern mein Salsa zu verbessern, sah Stars aus dem Fernsehen, und war umgeben von total lieben Menschen. 🙂

Eindruck vom 3-stündigen Umzug Raziel und Domi am Malecon, mit einer tollen Sicht auf Veracruz

…die mich natürlich ganz besonders beschützten, da so ein grosses Event mit so vielen Leuten nicht ganz ungefährlich ist. Es fand schon öfter mal eine Prügelei vor unserer Nase statt, und ich verstand natürlich, dass sie Angst hatten…
Den letzten Umzug sah ich nicht bis zur Hälfte, denn es begann wirklich arg zu werden, es flogen, Tische, Stühle, es gab riesige Prügeleien, und am nächsten Tag meldeten sie 15 Tote.
Das war dann kein ganz so schöner Abschluss mehr. 🙁

Ich kam nach Hause, wusch meine Sachen, und am darauffolgenden Tag ging es auf nach Cancun!! Dort war unser 3. ATStreffen geplant, was diesmal aber ein ganz besonderes war, weil alle Distrikte der Republik eingeladen waren!!!
Wir fuhren 10 Stunden, über Nacht, und kamen im Morgengrauen in Cancun an. Diesen Tag verbrachten wir in einem wunderschönen Naturpark namens „Xcaret“. Der Aufenthalt dort war ein echtes Erlebnis. Er begann mit einem Ausflug in pinker Schwimmweste durch einen unterirdischen Fluss. In regelmässigen Abständen waren Löcher in der Decke, sodass man im Halbdunkel von der Strömung geleitet unter der Erde dahintrieb.
Atemberaubend!!!!
Den Rest des Tages verbrachten wir damit, Baby- und Riesenschildkröten sowie Haie zu besichtigen, Delphinen bei ihren Kunststückchen zuzusehen (um mit ihnen zu schwimmen reichte leider das Geld nicht :(), mit grossem Gummireifen im glasklaren Wasser zu treiben, oder einfach nur unter Palmen in einer Hängematte zu relaxen…

Bis dann am Abend eine wirklich grossartige Show stattfand. Sie begann mit der Geschichte Mexikos, den Mayas, der Eroberung durch die Spanier, der Unabhängigkeit etc., und endete mit vielen traditionellen Tänzen der einzelnen Städte. Alles in Allem dauerte die Show ca. 2 Stunden, die uns allen aber vorkamen wie 5 Minuten.
Am darauffolgenden Tag hatten wir die traditionelle ATS-Versammlung, was aber wie gesagt sehr speziell war, da mein Distrikt 4200 zum ersten Mal in der Geschichte des Schüleraustauschs in Mexiko alle Distrikte der Republik eingeladen hatte!!!!
Das war natürlich ein riesiges Projekt, nicht alle waren gekommen, aber immerhin waren wir ca.600!!! Die Rotarier wollen in den nächsten Jahren an diesem Treffen weiterarbeiten, und, das ist richtig gut. Ich traf sogar Deutsche wieder, mit denen ich „damals“ im Flieger gesessen hatte. 🙂
Nach einigen Reden und Vorträgen brachten sie uns in einen grossen Wasser-Erlebnis-Park, wo wir den Nachmittag verbrachten. An der Wellenbadwand hing ein riesiges Plakat mit unserem Foto, und es wurde extra eine besondere Show für uns gemacht. Am Abend kam dann das grosse Highlight…
Die Rotarier hatten Cancun’s grösste Disco, das CocoBongo für uns gemietet. WOOOOOOOOOOOOOOOW…
Okay, von 7 bis 10, und mit Cola und Saft, aber das war gar nicht so wichtig, wir machten trotzdem ordentlich Party. 🙂 So endete unser Tag mit all den ATS…
Am nächsten Morgen hatten wir wieder ein Examen, ähnlich wie in Merida, doch mussten wir nur die 1. vier Blätter machen, und anschliessend brachten sie uns an den Strand.
JIPIIIIEHHH!!!
Es ist schon verwunderlich, wie man seine Zeit Mitte Februar im Bikini am Strand verbringen kann… Wir bräunten uns ein letztes Mal unter der Cancuner Sonne, und weil es ein Tag vorm Valentinstag war, rief ich jemanden im verschneiten Deutschland an und schickte gleich ein bisschen Meerrauschen mit…
(hehehe :p)

Nun bin ich wieder in der Schule, und erhole mich noch von dieser aufregenden Woche.
Ich bin am Ende meines Berichtes angekommen und kann nur noch hinzufügen, dass ich immernoch der Meinung bin, dass die Entscheidung ein Jahr in Mexiko zu verbringen, eine der besten meines Lebens war.
Danke an Rotary, die uns solch ein tolles Programm ermöglichen, und danke an alle, die da drüben in Deutschland immer für mich da sind…

Bis in 4 Monaten, die Zeit rennt!
Mit freundlichen Grüssen aus Ciudad del Carmen, Campeche, México,
Dominique Eichner!

by Dominique Eichner

 

 

 

 

 

 

 

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