Argentinien – Bericht von Simon

Liebe Rotarier,
Hier nun mein, seit einiger Zeit ueberfaelliger Quartalsbericht. Dies hing damit zusammen, dass es vor nicht allzu langer Zeit erheblicher Probleme mit dem Computer meiner Familie gab. Jetzt ist aber wieder alles in Ordnung und dem entsprechend liegt er jetzt vor.

Bevor ich beginnen werde meinen Quartalsbericht zu verfassen, moechte ich nochmals die Gelegenheit nutzen Ihnen allen fuer die Unterstuetzung zu danken, die mir durch Ihre Hilfe in diesem Jahr zu Teil wurde.

Wie Sie bereits wissen, bin ich seit ungefaehr 3 Monaten in meinem Gastland Argentinien. Zuvor hatte ich Ihenn immer mit Stolz mitteilen koennen, dass dieses Jahr eines der interessantesten und hilfreichsten in meinem gesamtem Leben seien wird. Dies wird sich auch in diesem Quartalsbericht in groben Zuegen wiederspiegeln.

Zunaechst moechte ich mit mir selbst, meinen Gefuehlen und Erfahrungen beginnen und dann spaeter, zu Schule, Problemen und anderem schreiben.

Ich vermisse nicht – Dies war der erste Satzt der mir zu diesem Thema: „Meine Gefuehle“, eingefallen ist. Es ist wirklich so, am Anfang ist es natuerlich schwer in den Alltag hineinzufinden und einen gewissen Anschluss an Freunde und Normalitaet zu gewinnen, aber wenn man das erst einmal geschafft hat, hat man meiner Meinung nach die besten Chancen so ein Jahr in allen Zuegen zu geniessen und Erfahrungen und Erlebnisse einfach sprichwoertlich in sich aufzusaugen. Und das, ist mir bereits gelungen, voll im Alltag integriert zu sein. Mit anderen Worten ausgedrueckt, Argentinien nenne ich jetzt schon meine zweite Heimat. Ich habe hier zum Beispiel ueberhaupt keine Zeit mir ueber die Dinge gedanken zu machen, wie zum Beipiel: WARUM FEIERE ICH NICHT MIT MEINER FAMILIE WEIHNACHTEN, oder WIE WIRD ES MIR IN EINEM MONAT GEHEN? Natruerlich wird man sich manchmal daran erinnern, wie schoen doch Weihnachten zu Hause mit Schnee ist, und nicht wie hier bei 45 Grad Celsius. Aber das sind nur Gedanken, ohnen traurigen Beigeschmack. Abgesehen von diesen Gefuehlen, geht es mir auch sonst blendend, was ich zu einem grossen Teil meiner Gastfamilie zu verdanken habe, die mich in diesem Zusammenhang immer unterstuezt.

Diese besteht naemlich aus zwei Eltern, einem Gastbruder und einer Gastschwester, die gerade ihren Aufenthalt im Sinne eines Austausches in den Vereinigten Staaten verbringt. Mein Gastvater hat jedoch eine schwere Krankheit. Muliple Scelarosis, also Muskelschwund. Ihm geht es noch relativ gut, ist aber nicht immer in der Lage, zu laufen, da bleibt nichts anderes als den Rollstuhl, aber mit der Hilfe der gesamten Familie ist das zu bewaeltigen. Weiterhin habe ich eine Gastgrossmutter hier, deren Mann vor nicht allzu langer Zeit gestorben ist und Grosseltern, die gleich um die Ecke wohnen und ein fliessendes fehlerfreises deutsch sprechen. Das kommt daher, dass ihre Grosseltern wiederrum, aus Deutschland ausgewandert sind. Somit hat auch meine Gastmutter einen deutschen Namen, spricht aber kein deutsch. Auch habe ich bereits Reisen mit meiner Familie durch die Provinz gemacht, um mal sprichwoertlich ein bisschen rumzukommen. So waren wir zum Beispiel in den Orten Bahia Balanca und Neuquen.

Ebenfalls kann man sagen, dass meine beiden Eltern arbeiten, mein Gastvater in einem Hotel der Familie und meine Mutter in einer Grundschule. Ich wohne mit meiner Familie hier in einem fuer unsere Verhaeltnisse doch schon grossen Haus, woran sich ein ebenso grosser Garten mit Swimmingpool anschliesst. Im Sommer, der nun vor der Tuer steht, eignet sich das perfekt zum abkuehlen und das bei 40-50 Grad Celsius. Voraussichtlich werde ich noch ungefaehr einen Monat in der Gastfamilie sein. Es ist aber gut moeglich, dass ich gar nicht wechseln muss, was ich persoenlich ffuer die besere Variante halte. Mit anderen Worten steht dieser Prozess, den andere schon seit einem Monat hintersich haben noch bei mir in den Sternen. Wenn ich aber wechseln sollte, besteht weiterhin die Moeglichkeit, in die Familie meines jetzigen Cousins zu wechseln.

Zu meinem Rotaryclub ist so viel zu sagen, dass er mich einmal im Monat, oder selten auch zweimal einlaed auf ein Abendessen mit anschliessender Taschengelduebergabe, die bei mir in Relation zu anderen Austauschschuelern relative hoch ausfeallt, weil diese in anderen Orten nur die Haelfte verdienen und damit so gut wie gar nicht auskommen. Komme aber mit 100 Pesos im Monat ganz gut hin. Mit meinem Counseller verstehe ich mich blendend, ebenso wie mit dem Rest des Clubes. Einige der Rotarier sprechen sogar ein bisschen deutsch, so begruesst mich zum Beispiel immer ein Mann mit den Worten „Auf Wiedersehen“. Das ist zwar etwas komisch aber nicht weiter tragisch. Was mein Rotaryclub allerdings ganz sicher nicht hat, ist Geld. Da kann ich von Glueck reden, dass ich relativ puenktlich im Monat mein Taschengeld bekomme.

In meiner Freizeit treffe ich mich vorwiegend mit Freunden oder unterneheme etwas mit meinem Gastbruder. Freunde findet man naemlich hier ziehmlich einfach, wenn man sich nicht allzu trottelig anstellt. Fast die ganze Schule kennt mich und dementsprechend ist auch die Anzahl meiner Freunde. Natuerlich habe ich aber auch Freunde ausserhalb der Schule, mit denen ich aber in der Regel nicht so viel unternehme. Ausserdem gehe ich regelmaessig in ein Fitnesscenter, um meine gerade zu Mueskelchen ein bisschen zu trainieren. In einem Verein spiele ich aber nicht.

Ueber besondere Erlebnisse zu berichten weis ich eine ganze Menge, deshalb werde ich mir ein paar herausgreifen, und diese etwas genauer schildern. Schon im Oktober dieses Jahres haben wir, alle Austauschschueler des Distriktes eine gemeinsame Rundreise nach Suedargentinien gemacht. Ueber 17 Tage dauernd haben wir alle Schoenheiten bis ins Detail zu Gesicht bekommen, angefangen von Gletschern in den Anden bis hin zur suedlichsten Stadt der Welt. Am ende fehlten uns dann aber doch immerhin 4.000 Kilometer bis zum Suedpol. Dies war so eines der interesantesten Erlebnisse die ich bis dahin in meinem Leben hatte und muss sagen, ich freue mich schon wahnsinnig auf die Reise in den norden Argentiniens, die im April stattfinden wird.

Und nun ein Erlebniss, das erst vor kurzen passierte. Ich war zu der Zeit gerade mit meinem Gastvater und meinem Gastbruder in Neuquen, Ort 50 Kilomteter von dem meinen emtfernt. Da kommt ein Anruf meiner hiessigen Tante, ganz aufgergt und fragt, ob wir alle gut auf sind und wer sonst von der Familie noch mit im Auto sitzt. Wir nichts ahnend gaben verdutzt die Antwort „Alles OK“. Als wir dann am Nachmittag zu Hause ankamen berichteten uns die Familienmitglieder wie jemand im Hotel der Familie anrief und mit den ungefaehr uebersetzten Worten: „Wir haben jemanden von deiner Familie in Gewalt, wieviel Geld hast du um ihn freizukaufen“. Meine Tante antwortete ganz verdutzt und erschreckt etwa 300 Peso, als diese dann fragten, wo sie den wohne, legte sie den Hoerer auf und mann kann sich vorstellen was sie in diesem Augenblick gefuehlt hat. Nun begann sie wie erzaehlt unter Panik jedes Familienmitglied in der Familie anzurufen, ob es ihm den gut gehe. Das Ende vom Lied war, das alle wohl auf waren und diese Maenner wohl nur Orte ausmachen wollten, wo es Geld zu holen geben koennte. Diese zwei Erlebnisse schildern wie vielfaeltig meine Erfahrungen und Erlebnisse sind und wie das eine Bild das Andere taeuschen kann.

Probleme gibt es eigentlich nicht zu vermelden, mit meine Familie komme ich super klar und im Freundeskreis laeuft auch alles super. Natuerlich bleiben kleine Probleme in diesen Bereichen nicht aus, diese werden aber so schnell wie moeglich in Ordnung gebracht.

In Hinsicht auf die Sprache muss ich eindeutig feststellen, das diese sich eindeutig verbessert hat, ich verstehe aber immer noch nicht alles, was mit den vielfaeltigen Verben und Synonymen zusammenhaegen duerfte. Bin aber zuversichtlich, dass ich in sieben verbleibenden Monaten die Sprache fliessend, mit einigigen Luecken verstaendlich, berherrschen werde.

Zum Schluss moechte ich die mir bis dahin aufgefallenen Unterschiede kurz darstellen.

Zum Essen ist soviel zusagen, dass es viel mehr mit Salat angereichert ist, als das unsere, dieser Salat ist ausserdem noch kraeftig gesalzten und dient perfekt als Beilage zu Rindfleisch und Brot.

Abgesehen vom Essen spielt hier die koerperliche Naehe zwischen Gleichaltrigen ebenso wie zwischen Erwachsenen eine erheblich groessere Rolle, so wird man hier immer mit Kuessen auf die Wange begruesst, ich kann mich nicht erinnern, das jemals in Deutschland gesehen zu haben.

Natuerlich macht sich auch bemerkbar, das Deutschland wirklich eines der reichsten Laender sein muss, da man hier doch schon einige Unterschiede im Bezug auf Wirtschaftswachstum und Umwelt sehen kann. Ebenso ist die Armut und Arbeitslosigkiet ein staendiger problematischer Begleiter.

Nichts destotrotz ist dieses Land mit all seinen Fehlern und Schwaechen ein Land meiner Traeume, das seine schoenen Seiten eben auf einer anderen Basis aufweisen kann.

by Simon Göbel

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