Japan – 1. Bericht von Sina

Sehr geehrte Rotarier, liebe Familie, liebe Freunde,
Ich sende Ihnen allen die wunderschoensten Gruesse vom anderen Ende der Welt – aus Japan. Ich kann es immer noch nicht so richtig glauben, wie schnell die Zeit schon vergangen ist. Mittlerweile bin ich hier schon seit 3 Monaten und ich fuehle mich immer mehr, wie zu Hause. Ich liebe dieses Land mit all seinen Besonderheiten und Eigenheiten. Hiermit versuche ich meine Erlebnisse einmal zusammenzufassen.

Der Abflug und die ersten Tage

Nachdem ich mich doch etwas traurig von meiner Famile verabschiedet hatte, begab ich mich mit weiteren 4 Austauschschuelern ins Flugzeug auf den Weg nach Bangkok. Der Flug nach Bangkok war ziemlich anstrengend und fuer meine Begriffe viel zu lang. Ich habe mich jedenfalls gelangweilt. In Bangkok verabschiedeten wir uns schnell von den zwei anderen Austauschschuelern, die nicht mit nach Tokio, sondern nach Osaka flogen. Und weiter ging es von Bangkok nach Tokio. Insgesamt waren wir dann 18 Stunden im Flieger. Das war anstrengend. Nachdem wir uns dann erst einmal gewundert hatten, warum keiner unserer Gastfamilien da war, um uns zu empfangen stellten wir fest, dass wir am falschen Gate rausgekommen waren. Also noch einmal durch den halben Flughafen geirrt und da waren sie…ich habe das Schild mit meinem Namen gesehen und dann habe ich nichts mehr um mich herum mitgekriegt. Ich habe mich noch nicht einmal verabschiedet von den anderen. Mein erster Gastvater, einer meiner zukuenftigen Gastvaeter, eine Studentin und die Frau meines Counsellors haben mich abgeholt. Es war ein merkwuerdiges Gefuehl das erste Mal auf Japaner zu treffen und ich konnte froh sein, dass die Studentin ersteinmal zum Dolmetschen da war. Im Auto bin ich dann doch etwas muede geworden, konnte aber nicht so recht schlafen. Der Linksverkehr und die riesige Stadt Tokyo waren dann doch zu beeindruckend fuer mich. In meinem ersten Haus angekommen wurde ich ersteinmal liebevoll aufgenommen von einer nicht englischsprechenden Familie… wie sollte das bloss weitergehen??? Naja jedenfalls wurde ich zum Glueck nicht gleich die ersten Tage mit dem Problem „mit den Staebchen essen“ konfrontiert. In den ersten Tagen ging es mir sehr schlecht. Ich habe beim Einschlafen sehr oft geweint und an zu Hause denken muessen und konnte mir absolut nicht vorstellen, dass ich jetzt hier fuer ein Jahr leben sollte. Nach ein paar Tagen lernte ich aber meine zweite Gastschwester kennen, die sehr gut Englisch spricht und ich war ersteinmal erleichtert.

Die Gastfamilien

Ich bin jetzt bereits in meiner zweiten Gastfamilie. Meine erste Familie bestand aus 7 Mitgliedern- Mutter, Vater, Oma, 3 Schwestern (alle ueber 20) und einem Hund. Sie waren sehr nett zu mir und haben mir meine erste Zeit hier wirklich erleichtert und viel Geduld mit mir gehabt und sehr viel dazu beigetragen, dass mein Japanisch schnell besser wurde. Ausserdem konnte ich bei ernsten Problemen immer auf Englisch reden, da zwei meiner Gastschwestern nahezu perfekt Englisch koennen. Meine zweite Gastfamilie ist eine Herausforderung fuer mich. Ich lebe hier in einem Haus nur mit meinem Vater und meiner Mutter und sie sprechen eigentlich so gut wie gar kein Wort Englisch. Bis jetzt hat es aber ganz gut geklappt und so bin ich wenigstens gezwungen Japanisch zu reden. Geschwister habe ich eigentlich 3, aber alle sind schon verheiratet und haben ihre eigenen Familien mit vielen kleinen Kindern. Aber wenn ich ein Problem habe, dann kann ich mich an eine meiner Schwestern wenden, die ziemlich gutes Englisch spricht. Trotz allem bin ich ziemlich zufrieden. Es gibt keine weiteren Probleme. Meine zweite Gastfamilie ist zwar nicht so gut, wie die erste, aber man sollte ja am besten nicht vergleichen.

Saitama City

Japanisch ist schon nicht einfach und am Anfang hatte ich es wahnsinnig schwer. Bevor ich hier ankam konnte ich so gut wie kein Wort Japanisch, ausser mich kurz vorstellen. Das war auch ein ziemliches Handycap in vielen Dingen. So war ich das erste Mal wahnsinnig aufgeregt, als ich eine kurze Rede an meinem ersten Schultag vor der ganzen Schule halten sollte. Ich habe mich aber jeden Tag fleissig hingesetzt und Japanisch gelernt, damit ich schnell besser werde. Ausserdem sprechen Japaner ja so gut, wie gar kein Englisch, was noch einmal ein Ansporn fuer mich ist. Mittlerweile beherrsche ich zwei der drei Schrifsysteme, die in Japan ueblich sind- Hiragana und Katakana. Es gibt allerdings auch noch die Kanji, wo es ca. 2000 verschiedene gibt und die hier so gut wie nur benutzt werden. Jeden Tag lerne ich ein paar neue. Das Sprechen bereitet mir auch noch grosse Probleme. Ich kann keine vollstaendigen Saetze sagen, sondern meist nur ein paar Woerter, aber ich werde verstanden und ich habe auch keine Hemmungen mein Japanisch einfach auszuprobieren. Meist formulieren meine Freunde das von mir Gesagte noch einmal in einen Satz zusammen und ich brauche dann bloss bestaetigen, ob es denn richtig ist. Das Verstehen ist weniger das Problem. Damit komme ich ganz gut klar. Im Alltag komme ich einigermassen zurecht, aber mir fehlt noch eine Menge, bis ich ohne jegliche Aengste hier alleine irgendetwas unternehmen kann.

Die Schule

Ich bin Schueler an der Omiya Kita High School. In Japan gibt es in der High School drei verschiedene Grades. Ich bin im zweiten Grade und meine Mitschueler sind eigentlich alle so in meinem Alter. An meiner High School gibt es noch einen Austauschschueler- Daniel aus Schweden. Wir sind die einzigen beiden. Ich muss eine Schuluniform tragen, an die ich mich mittlerweile gewoehnt habe. Am Anfang habe ich sie gehasst. Und jetzt im Winter bei 10 Grad am morgen ist es etwas kalt im kurzen Rock, aber die Maedchen muessen den Rock anziehen. Die Uniform besteht aus einem dunkelblauen Blazer, einer dunkelblauen Weste, einer hellblauen Bluse und einem dunkelblauen Faltenrock. Ausserdem war ich ueberrascht, dass wir in Sport auch eine Uniform tragen muessen. Auf der Sportuniform ist mein Name aufgestickt, dass der Lehrer weiss mit wem er es zu tun hat. Wenn ich die Schule betrete muss ich ersteinmal die Schuhe umziehen in besondere Schuhe fuer die Schule. Warum weiss ich nicht, aber es ist halt so. Die Unterrichtsfaecher sind im Grossen und Ganzen die Gleichen, wie in Deutschland. Es gibt ein paar Faecher, die ich nicht belege, wo ich dann auch nicht in der Klasse bin, sondern in der Buecherei um zu lernen. Den Unterricht verstehe ich nicht, weil ich nicht verstehe, was der Lehrer sagt, aber trotzem versuche ich fleissig mitzuschreiben und die Schriftzeichen „abzumalen.“ Vielleicht verstehe ich es ja spaeter einmal. Der Unterricht dauert hier 50 Minuten und die Pausen sind 10 Minuten. Es gibt auch eine Schulhymne und grosse Meetings in der Turnhalle, wo alle Schueler diszipliniert sind und wissen, wie sie sich zu verhalten haben. Ich habe in der Schule sehr viele Freunde gefunden und ich habe sie alle gern. Ausserdem ist das gut fuer mein Japanisch. Nach der Schule gibt es eine Vielzahl von Clubs, die man besuchen kann. Ich habe mich fuer den Kendo und den Koto Club entschieden. Kendo ist eine japanische Kampfsportart mit einem Bambusschwert. Man traegt ausserdem bestimmte Schutzkleidung. Das ist sehr interessant und ich trainiere hart, damit ich bald richtig gut werden kann. Koto ist ein typisches japanisches Instrument. Aehnlich einer Harfe. Das kann man aber schlecht beschreiben. Es ist ziemlich kompliziert zu spielen, aber ich gebe mein Bestes. Im Februar kann ich dann das erste Mal meine Kuenste auf der Buehne zeigen. Da freue ich mich schon. Koto ist jeden Montag und den Rest der Woche ist Kendo Club nach der Schule. In Japan werden hier regelmaessig (ich weiss nicht genau, ob jeden Monat) eine Woche lang Tests geschrieben. Da haben die Schueler keinen Unterricht, aber dafuer 3 Tests an einem Tag in den verschiedensten Unterrichtsfaechern. Ich brauche diese Tests nicht mitschreiben und habe frei. Aber ich denke am Ende des Jahres, wenn ich dann hoffentlich Japanisch lesen kann werde ich den Englischtest mitschreiben, denn Englisch ist hier wirklich sehr einfach. Vielleicht das Niveau der 7ten oder 8ten Klasse in Deutschland.

Mein Rotary Club

Mein Rotary Club ist der Rotary Club Omiya North Japan, District 2770. Alle Mitglieder sind sehr nett zu mir und ich fuehle mich wohl in dem Club. Sie haben mich schon zu einigen Feiern eingeladen und mich auf eine Bustour nach Tokyo mitgenommen. Ich besuche das Rotary Meeting jeden Monat einmal. Im Distrikt 2770 sind ca. 20 Austauschschueler aus aller Welt. Es ist nur noch eine aus Deutschland, die mit mir auch im Flugzeug war. Wir Austauschschueler verstehen uns aber alle sehr gut und haben viel Spass miteinander. Dieses Wochenende steht unsere erste gemeinsame Tour nach Kyoto und Hiroshima an. Letztes Wochenende waren wir mit den Rotexern gemeinsam in Tokyo in einem Museum. Das war sehr interessant. Hier hat jeder Austauschschueler einen Junior Counsellor. Die Junior Counsellor sind meist Rotexer. Mein Junior Counsellor war ein Jahr in Deutschland, deshalb spricht er auch Deutsch. Sie sollen uns bei Fragen und Problemen helfen, wenn wir uns nicht an unseren Counsellor wenden wollen.

Ausfahrten, Erlebnisse, etc…

Mein bisher schoenstes Erlebnis war natuerlich der Schultrip. Wir flogen fuer ein paar Tage nach Okinawa, der suedlichsten Insel Japans. Alle aus dem 2ten Grade der Schule. Das war so wunderschoen. Ueberall um einen herum nur das Meer und wunderschoene Hitze. Alles war so komplett anders zu hier, auch nocheinmal eine andere japanische Kultur. Auch die Sprache war etwas anders. Wir waren in einem Hotel untergebracht mit Blick auf den Ozean. Durch den Schultrip bin ich richtig gut mit meinen Freunden zusammengewachsen. Wir hatten einen kurzen Aufenthalt in Gastfamilien und haben mit den Gastfamilien typisches Essen fuer Okinawa gekocht und ein Instrument, was aus Okinawa stammt ausprobiert. Ausserdem haben wir ganz viele Mussen besucht und viel ueber die Geschichte gelernt, da Okinawa im Krieg schwer getroffen wurde.

Desweiteren war ich schon auf ein bis zwei traditionellen japanischesn Festivals. Das ist einfach traumhaft. Alles wunderschoen geschmueckt und bunt und alle tanzen und freuen sich und klassisches japanische Musik. Eben Kultur pur.

Mit meiner Familie war ich schon im Disneyland in Tokyo. Es ist wunderschoen und fast genauso, wie in Paris. Vieles hat mich daran erinnert. Mit ein paar Austauschschuelern war ich noch in einem anderen Vergnuegunspark, von wo aus man den FujiYama sehen konnte, den hoechsten Berg Japans und gleichzeitig ein Vulkan. Das war total beeindruckend und wunderschoen. Wir sind dort in das laengste und gruseligste Geisterhaus ganz Japans und auf der Welt gegangen. Das war auch wirklich wahnsinnig gruselig. Ausserdem mit sind wir mit einer der spektakulaersten Achterbahnen der Welt gefahren.

Das Essen

Japanisches Essen ist ein Traum…es gibt so viele verschieden Arten an Fisch, Gemuese, Obst, Fleisch…Das meiste habe ich in meinem ganzen Leben noch nie gesehen. Besonder lecker ist hier natuerlich der Fisch und die Meeresfruechte. Am liebsten mag ich natuerlich Sushi und Sashimi- roher Fisch. Das ist hier auch eine Delikatesse und sehr teuer. Vieles Obst, was es hier gibt ist neu fuer mich, denn in Deutschland gibt es das nicht, aber ich probiere so gut wie alles einmal. Ausserdem mag ich sehr gerne Natto. Das ist einzigartig, denn es gibt nicht viele Auslaender, die Natto essen koennen. Selbst die Japaner moegen es nicht so gerne. Es riecht sehr streng und ist sehr klebrig…es ist so eine Art Bohnenpaste mit Sojasosse und scharfem Senf. Das muss man einfach probiert haben. Mit den Staebchen komme ich mittlerweile ganz gut klar. Ich haette es mir im Leben nicht so kompliziert vorgestellt. Am meisten Probleme bereitet es mir ja einen Fisch zu entgraeten, aber ansonsten stelle ich mich mittlerweile doch ganz geschickt an. Japanisches Essen ist sehr gesund und ich liebe es. Ich werde es in Deutschland vermissen.

Die Leute

Japaner sind von Natur aus sehr freundlich, hoeflich und zuvorkommend. In einem Laden wird man freundlich bedient und es beschwert sich auch keiner, wenn man sich nur umguckt und aber nichts kaufen moechte. Allerdings stoert mich diese Maske manchmal einfach. „Alles ist schoen, alles ist toll und mir geht es super gut.“ Denn Japaner zeigen ihre Gefuehle nicht oeffentlich, sondern halten es lieber geheim. Aber das sind Kleinigkeiten ueber die ich gelernt habe hinwegzusehen.

Das war nichteinmal annaehernd das, was ich hier so erlebe, aber es soll Ihnen einen kleinen Einblick in mein Leben hier geben. Ich bin zufrieden und habe es bis jetzt nie bereut nach Japan gegangen zu sein. Ich liebe Land und Leute, die Kultur und die Sprache. Alles ist anders- der Kulturschock ist perfekt. Aber ich habe gelernt mich ueber ueberhaupt nichts mehr zu wundern. Ich denke auch, dass ich mich in dem Jahr sehr veraendern werde- zum positiven natuerlich. Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin, dass mir dies hier ermoeglicht wurde. Ich bedanke mich vielmals dafuer bei meinem Rotary Club. Und ich bedanke mich natuerlich auch bei meinen Eltern, die mich so kraeftig unterstuetzen und bei all meinen Freunden, die fleissig an mich denken.

Ich fuehre eine Homepage www.garfieldinjapan.de.vu, wo es schon einige Bilder zu sehen gibt und wo ich regelmaessig Tagebuch schreibe.

Vielen Dank fuer alles.
Ihre
Sina Kuhne aus Japan

by Sina Kuhne

alle Maedchen aus meiner Klasse plus zweite Klassenlehrerin

die Maschine, mit der ich geflogen bin

kurzer Aufenthalt in Gastfamilien in Okinawa

meine Freunde hier in Japan aus meiner Klasse

Landschaft in Okinawa

Schutzpatronen von Okinawa...die stellt man in Okinawa an jeden Hauseingang, damit sie vor Boesem beschuetzen sollen

Kurz vor der Abfahrt nach Frankfurt

meine erste Gastschwester und ich im Yukata

tanzende Japaner auf einem Festival

der Rotary Praesident und ich auf einer Wohltaetigkeitsveransta! ltung

meine Winterschuluniform

und so renne ich im Sommer rum, nur dass die Weste weggelassen wird

meine Freunde und ich

meine Freunde und ich auf einem kurzen Bootstrip ueber das Meer in Okinawa

Peace in Okinawa

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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