Argentinien – Bericht von Lisa

Seit dem 23. August bin ich nicht mehr auf deutschem Boden: Dass mir dies im Angesicht der Hektik vor meinem Abflug noch moeglich war, verdanke ich hier Rudi Grimm (… mit seinem heissem Draht nach Argentinien), Herrn Scherr (… der die Flugtickets immer freihielt), Danilo Marcon („Intercambio de Jóvenes“) aus dem Distrikt 4790, sowie meiner Gastfamilie, die sich wohl in letzter Minute fuer mich entschieden hatte. Diese Personen haben alles in ihrer Macht stehende getan, damit ich noch puenktlich und zusammen mit der Gruppe in meinen Traum starten konnte. Ausserdem moechte ich mich noch bei Herrn Fuhrmann + Frau Buschmann (die mich erst auf die Idee brachten, dieses Jahr zu verleben), meinem „sponsoring Rotary club Weisswasser“ und meinen Eltern bedanken, welche mich stets unterstuetzten, wenn ich vor lauter Papierkrieg und Buerokratie nicht mehr weiterkam. Vielen Dank und gracias! Die Erfahrungen und Erlebnisse, die ich hier habe, sind einfach einzigartig: Wie das ganze Austauschjahr. Ich denke oft daran, dass ich gluecklich schaetze, so eine Chance bekommen zu haben.

Mittlerweile bin ich schon ueber einen Monat in Resistencia / Chaco (Argentinien) und zumindest innerlich bin ich zu einer Argentinierin geworden (aeusserlich werde ich es wohl nie sein: Allein meine blonden Haare machen mich hier zu einem Unikat und oft angestarrten Objekt auf der Strasse). Ich bin froh, dass ich in eine traditionelle, argentinische Familie mit vielen Kindern und Kindeskindern gekommen bin, in der sich auch alles das bestaetigte, was ich zuvor ueber den Alltag der Menschen hier gelesen hatte.

So stehe ich 6:30 Uhr zusammen mit meiner 18-jaehrigen Gastschwester Roxi (…die im Januar fuer ein Jahr nach Deutschland kommt) auf und fruehstuecke, aber weder Broetchen noch Cornflakes stehen auf dem Tisch, sondern lediglich eine Tasse Kaffee und ein paar Scheiben getrocknetes Brot. Dann wird schnell in die Schuluniform (blaue Stoffhose + weisse Bluse) geschluepft und schon konnte es losgehen.

Meine Schule, eine katholische Maedchenschule mit dem klingenden Namen „Colegio Itati“ war an der grellpinken Farbe schon von weiten zu erkennen. Anders als beim Landau Gymnasium war es nicht allzu ratsam zu spaet zu kommen (im LGW sollte man das auch nicht machen, aber dort gibt es fuer Unpuenktlichkeit keine so harten Konsequenzen), denn sonst schloss der Pfoertner das Schultor und man musste draussen warten, waehrend drinnen im Innenhof gebetet und zu den Klaengen der argentinischen Nationalhymne die Flagge Argentiniens aufgezogen wurde und ausgerechnet an meinem ersten Schultag kamen wir zu spaet. Toller Einstand! Anschliessend ging es in den Unterricht, wobei ich bei den meisten Faechern nichts oder nur Bruchteile verstand (aber hey, ich hab verstanden und war ueberrascht, dass die hier Karl Marx behandeln. Wow, das haette ich nicht gedacht! Und auch sonst gibt es einige deutsche Persoenlichkeiten, die im Schulstoff Anklang fanden). Mathematik und Englisch waren auch kaum erwaehnenswert interessant. Den Stoff, den meine (Abschluss-)Klasse lernte, hatte ein Niveau von 7. bis 10.Klasse Deutschland. Aber ich hatte ja eh nicht vorgehabt, mich gross schulisch fortzubilden – ausser natuerlich, was Spanisch betraf. In den Pausen knuepfte ich Kontakte zu einer deutschen Austauschschuelerin aus Leverkusen, einer amerikanischen Rotary-ATS und einer Argentinierin, die seit fuenf Jahren deutsch lernt und auch eine zeitlang in Magdeburg war. Aber auch mit meiner Klasse verstehe ich mich sehr gut, die mich besonders in der Anfangszeit oft mit Fragen bombardierte.

Ausserschulisch pflege ich Kontakte mit zwei Austauschschuelerinnen aus Daenemark, welche auch nicht allzu weit weg wohnten, sodass wir so manche Nachmittage zusammen verbringen. Die Schule endet spaetestens um 13:10 Uhr. Zuhause erwartete uns das Mittagessen (natuerlich immer etwas mit Fleisch), was mir (fast) immer sehr gut schmeckt – besonders „asado“ (… welches auf dem Grill zubereitet wird) wird mir immer in guter Erinnerung bleiben. Zu Trinken gibt es selbstverstaendlich Mate – leckerleckerlecker: Schon jetzt eines der Dinge, welche ich mir vorgenommen habe, nach Deutschland zu importieren. Aber es war nicht nur der Mate, der mich faszinierte, sondern das ganze Drumherum: Mate wird naemlich nicht nur zuhause in den eigenen vier Waenden getrunken, sondern Argentinier schleppen die Thermoskanne und den Becher UEBERALL mit hin: Egal, ob waehrend des Autofahrens, im Supermarkt, beim Shoppen in der Stadt, etc – Mate ist dabei.

Nach dem Mittagessen war Zeit fuer die Siesta, mit der ich zu Anfang doch meine Probleme hatte, da ich mich in der Zeit oft langweilte und mir nicht vorstellen konnte, um die Zeit zu schlafen. Aber das funktioniert – auch Mitteleuropaer koennen am helllichten Tag schlafen und mittlerweile kann ich mir kaum vorstellen, nicht ohne den Mittagsschlaf den restlichen Tag fit zu verbringen. Nur muss ich mir dies wohl wieder abgewoehnen, denn in Deutschland ist zur Siestazeit noch Schule und ich glaube, es kommt nicht so gut an, wenn ich da zwischendurch ne Runde penne. Die Abende verbringe ich oft mit den Freunden meiner Gastschwester, die auch zu meinen Freunden wurden – Sprachschwierigkeiten hin oder her. Am Wochenende wird immer gefeiert und die Discotheken der Umgebung unsicher gemacht. Besonders die reiche Auswahl an Unterhaltungsmoeglichkeiten geniesse ich sehr – ist die Auswahl an Nachtclubs doch sehr mau in Weisswasser und Umgebung. Der Sonntag wird nach der Nachtschwaermerei komplett durchgeschlafen, denn oft waren wir erst frueh um 8 Uhr wieder zuhause.

Die Anfangszeit war eine nicht immer einfache, aber sehr lehrreiche Zeit und ich bin sehr froh, dass ich mich bereits nach einer Woche heimisch fuehlte – der Offenheit und Aufgeschlossenheit der Argentinier sei Dank! Einmal pro Woche gehe ich zu den Rotary-Meetings, die allerdings nur durch die Zusammenkunft mit den anderen ATS interessant verliefen. Ab und zu waren wir auch bei den Rotex-Treffen dabei, die wesentlich lustiger waren – es gibt doch einen Unterschied zwischen der jungen und aelteren Generation. Jedoch bin ich ziemlich stolz, dass es zwischen dem RC Resistencia und dem RC Weisswasser eine freundschaftliche Verbindung gibt und die Rotarier etwas mit dem Namen „Weisswasser“ anfangen konnten. In der Vergangenheit kam es bereits zu Austauschen und ich hoffe, dass ich durch mein Jahr hier diese Beziehung weiter staerken kann.

Fuer meine naechsten Monate hier hoffe ich, dass sich meine Sprachkenntnisse weiter verbessern (..denn oft sind es meine mangelnden Kenntnisse, die zu Barrieren werden), dass die Muecken ihr Interesse an mir verlieren (Rekord: 20 Stiche an einem Unterarm), dass das Paket von zuhause bald ankommt (Schokolade! Ich brauche Schokolade!!!!!!!) und dass meine Zeit weiterhin so interessant und unvergesslich bleibt, wie sie es bisher war.

Fuer meine naechsten Monate hier hoffe ich, dass sich meine Sprachkenntnisse weiter verbessern (..denn oft sind es meine mangelnden Kenntnisse, die zu Barrieren werden), dass die Muecken ihr Interesse an mir verlieren (Rekord: 20 Stiche an einem Unterarm), dass das Paket von zuhause bald ankommt (Schokolade! Ich brauche Schokolade!!!!!!!) und dass meine Zeit weiterhin so interessant und unvergesslich bleibt, wie sie es bisher war.

Lisa Rublack, den 30.September 2007

by Lisa Rublack

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