Argentinien – 2. Bericht von Birgit

Liebe Rotarierinnen und Rotarier!

Ich bin nun schon über vier Monate hier und habe mich gut eingelebt. Mit dem Spanisch komme ich immer besser zurecht, ich kann mich gut ausdrücken im Präsens, aber auch in der Zukunft und Vergangenheit. Leider fehlen mir noch Vokabeln um meine Gedanken genauer zu erklären. Meine erste Familie ist für mich inzwischen wie eine richtige Familie geworden, wir verstehen uns sehr gut, können uns immer mehr anvertrauen, aber man erkennt auch gegenseitig was man am Anderen nicht mag.

Mein kleiner Bruder mit Downsyndrom ist für mich einer der wichtigsten Menschen hier, aber auch im Allgemeinen, geworden. Es ist unglaublich wie er den Alltag verschönert und es macht mich immer wieder glücklich mit ihm zusammen zu sein. Meine Gastmutter hat mir schon einige argentinische Gerichte beigebracht. Manchmal wenn ich alleine Zuhause bin und die Familie bald kommt, kann ich für alle kochen, das erinnert mich an Zuhause in Deutschland. Ich habe mittlerweile auch Freunde hier gefunden, wir verstehen uns sehr gut, lernen uns immer besser kennen, sie sind aber sehr anders als meine deutschen Freunde. Leider treffen sie sich aber nicht so oft, gerade jetzt in den Sommerferien nicht. Das bringt mich gleich zu meinem nächsten Thema: Schule.

Auch in der Schule habe ich mich gut eingefügt, ich kann nun endlich fast alle Namen aus meiner Klasse und Parallelklasse. In den naturwissenschaftlichen Fächern wie Physik, Chemie und Mathematik, aber auch Geografie und Englisch habe ich schon alle Leistungskontrollen mitgeschrieben. Langsam verstehe ich alle Fächer, außer die Wirtschafts- und Buchhaltungsfächer sind mir noch ein Rätsel. Jetzt habe ich aber schon seit dem 1.Dezember für drei Monate Sommerferien und hoffe, dass ich im März, wenn ich dann in allen Fächern voll mitarbeiten soll, den Stoff besser verstehe.

Mit meinem Rotary Club habe ich viel Kontakt. Jeden Monat gehe ich zu mindestens einer Versammlung und erzähle was ich erlebe. Sie freuen sich immer wieder zu hören, dass es mir gefällt und wie sich meine Sprachkenntnisse verbessern. Anfang Oktober konnte ich dann auch meinen Distrikt endlich kennenlernen. Unsere erste Inboundorientation fand in Comodoro Rivadavia statt, einer Stadt 835km entfernt. Unser Distrikt ist sehr groß, er besteht aus ganz Patagonien, also ca. der Hälfte des Landes. Wir sind 28 Austauschschüler, davon 13 Deutsche. Leider können wir uns dieses Jahr nur zweimal treffen, weil unser Distrikt so groß ist. Aber auch auf den zwei Rundreisen durch Argentinien können wir uns sehen und die anderen Austauschschüler in Argentinien kennenlernen. Eine dieser Reisen, und zwar die Südreise, war schon im November. Wir waren 16 Tage mit 78 Austauschschülern, die in ganz Argentinien und Paraguay verteilt wohnen, unterwegs. Zuerst ging es nach Puerto Madryn, einer Stadt nahe der Península Valdés am Atlantik. Die Stadt ist UNESCO-Weltnaturerbe und das wollten wir natürlich genau erkunden. Also sind wir mit dem Boot raus auf den Atlantik gefahren um Wale in freier Wildnis zu beobachten. Wir waren mit unserem Boot direkt neben einer Walmutter mit ihrem Kälbchen und es war wirklich beeindruckend diese riesigen Tiere hautnah zu erleben. Außerdem haben wir uns in dieser Region auch Seelöwen und die größte Pinguinkolonie Südamerikas angesehen, bevor es in die Stadt El Calafate weiterging. Die Stadt ist Touristenzentrum im Nationalpark Los Glaciares mit dem bekannten Gletscher Perito Moreno. Diesen Gletscher haben wir uns nicht nur von unten angesehen, nein, wir haben ein Gletschertrekking gemacht. Dabei sind wir mit speziellen Eisschuhen über den Gletscher gelaufen und konnten uns so alles aus nächster Nähe ansehen. Nach diesem anstrengenden Erlebnis brauchten wir erstmal einen Tag Ruhe, bevor wir nach Ushuaia weiterfuhren. Diese Stadt liegt auf Feuerland und wird im Volksmund als südlichste Stadt der Welt bezeichnet, obwohl die chilenische Stadt Puerto Williams circa 15km südlicher liegt. Zum Schluss der Reise waren wir in der „argentinischen Schweiz“, meiner Stadt Bariloche. Viele haben mich um mein Glück beneidet und hätten am liebsten mit mir getauscht.

Das Jahr 2010 neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu und damit steht auch ein sehr wichtiges Fest an: Weihnachten. Es war mein erstes Weihnachten im Sommer, alles war sehr ungewohnt und neu, aber ich habe es trotzdem genossen. Mit ein paar Kirchgängen, selbst gebackenen Plätzchen, Gestecken für die Familie und Weihnachtsmusik kam auch bei mir Weihnachtsstimmung auf und nach dem Weihnachtskonzert am vierten Advent war ich dann voller Vorfreude auf das Fest der Liebe. Ich habe zwar schon am 20. Dezember in meine zweite Familie gewechselt, Heiligabend konnte ich aber trotzdem mit meiner ersten Familie feiern. Wir haben den Abend mit den Großeltern verbracht, waren 20 Uhr in der Kathedrale, haben danach gegessen und um Mitternacht war Bescherung. Ich hatte schon im August für meine drei Familien Räuchermännchen aus Deutschland mitgenommen, habe noch ein Familienfoto eingerahmt und unzählige Papiersterne gebastelt für alle Rotarier und Bekannten. Das Heimweh in der Weihnachtszeit ist bei mir nur sehr klein ausgefallen, aber meine Familien und mein Counselor, mit dem ich den ersten Weihnachtsfeiertag verbracht habe, haben versucht es mir so schön wie möglich zu machen und es ist ihnen auch gelungen.

Jetzt genieße ich die Sommertage bei 30°C und bin schon gespannt, wie man hier in das neue Jahr 2011 feiert. Ich wünsche mir, dass mein Austauschjahr weiterhin so lehrreich bleibt und ich noch viele schöne Erfahrungen machen darf.

Vielen Dank, dass Sie mir diese Erlebnisse ermöglicht haben! Ich denke dieses Jahr hat große Chancen zum besten meines Lebens zu werden. Viele Grüße in das verschneite Deutschland aus dem Sommerparadies Argentinien!

Muchos saludos,

Birgit Heiduschke

 

Bild 1: Meine erste Familie

Bild 2: Puerto Madryn

Bild 3: El Calafate

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