Mexico – 1. Bericht von Conner

Metepec, 19. Oktober 2012

Hallo ihr lieben in Deutschland
Ich bin mittlerweile schon 3 Monate in Toluca/Mexiko (Stadtviertel Metepec) welches ungefähr 40min von Mexiko Stadt entfernt ist, und denke, dass es nun Zeit wird, endlich mal was von mir hören zu lassen. Aber wo soll man da anfangen, bei all dem, was man erlebt hat?

Nach meiner 15-stündigen Reise von Dresden nach Toluca über Mexiko City, wurde ich ganz herzlich von meiner Gastfamilie (Papa Alejandro, Bruder Alejandro, Mama Marte und Schwester Tanya) in Empfang genommen. Trotz aller Müdigkeit (ich habe im Flieger kein Auge zu gemacht) war ich sehr fröhlich. Als mich meine Familie fragte, ob ich Hunger hätte und ich diese Frage mit einem kräftigen „Si“ bejahte, fuhren wir gleich zu dem nächsten Taco-Stand. Nachdem wir gegessen hatten, ging mein Papa nach Hause, denn meine Eltern hier sind geschieden. Wie ich im Nachhinein erfuhr, war es das erste Mal seit 3 Jahren, dass meine Familie hier zusammen war und das alles nur für mich.
Mein Gastpapa ist Anwalt und meine Mama ist Hausfrau. Sie bekommt Geld von meinem Papa und meinem Opa. Mein Bruder Alejandro studiert in Mexiko- Stadt und ist meist das Wochenende Zuhause und meine Schwester Tanya ist nun in Frankreich zum Austausch. Das heißt, ich verbringe den größten Teil meiner Zeit mit meiner Mama, die ich jetzt schon sehr lieb gewonnen habe.
Nach einer Woche ausschlafen, oft bis um 1 oder 2 am Nachmittag, ging es dann wieder los mit Schule. Von den vielen Schulen hier ist meine Schule eine der religiösesten in Toluca. Den ersten Nachmittag habe ich bis in die Nacht hinein damit verbracht, die Hefter zu gestalten, denn jeder Hefter benötigt eine bestimmte Farbe, die festgelegt ist, sowie ein Deckblatt mit etwas Vergleichbarem darauf wie das „Vater Unser“ und die Regeln der Klasse. Auch sonst ist das Schulsystem hier keineswegs mit dem aus Deutschland zu vergleichen. In meiner Schule spricht keiner Englisch! Aber nach den ersten Schocks in der 1. Woche, ging es dann schon sehr bald voran. Ich habe ein gutes Verhältnis zu meinen Klassenkameraden und sie sind wirklich sehr offen, nachdem sie gemerkt haben, dass sie mich wie jeden anderen behandeln können. Das einzige, was mich stört und weswegen ich auch schon vor 5 Wochen mit Rotary geredet habe ist, dass die Schule 35 km weit weg entfernt in einem anderen Stadtviertel liegt. Das macht es leider nicht gerade einfach, denn dadurch bin ich immer erst um 16.00 – 16.30Uhr, je nach Verkehrsaufkommen, zu Hause und um 17 Uhr fängt mein Spanischkurs an. Manchmal schaffe ich es nicht, bis abends um 8 etwas zu essen. Und wenn ich mich mal mit meinen Klassenkameraden treffen will, bin ich immer darauf angewiesen, dass meine Mama mich fährt und jedes Mal sind bis zu 1,5 Stunden Fahrtzeit einzurechnen. Daher habe ich mit dem Co-Chairman und meinem Counselor geredet und ihm erklärt, dass es für mich in der Hinsicht wirklich nicht einfach ist. Sie verstanden mich sehr gut und meinten, dass ein Schulwechsel wohl das Beste für mich wäre. Doch das letzte Wort hat dennoch der Präsident, der nach 5 Wochen warten und immer wieder anrufen, sein „Nein“ gab. Mein Counselor erklärte mir, dass es sehr schwer sei mit dem Präsident zu reden und er grundsätzlich solche Anträge ablehnt. Somit bleibe ich bis mindestens Dezember auf der Schule, denn ob mich meine nächste Gastfamilie bis zu meiner Schule jeden Tag fahren kann, steht noch nicht fest.
Sonst bin ich aber rundherum zufrieden und glücklich. Nachdem ich in den ersten Wochen aufgrund der Höhe und dem Verkehrssmog ein wenig Atemprobleme hatte (Metepec liegt bei 2600 m), habe ich mich hier gut angepasst. Nur mein Magen spielt mir manchmal aufgrund der Salsa noch Streiche, die ich nicht immer so gut vertrage. Ich bin fast jedes Wochenende in der Hauptstadt, in letzter Zeit auch öfter bei Stierkämpfen, denn die größte Stierkampfarena ist in Mexiko City, mit 42 000 Sitzplätzen; das heißt Platz für die ganze Stadt Riesa. Und auch sonst ist diese Stadt wirklich beeindruckend. Man findet einen Mix von jeglichen Kulturen vor und die Größe der Stadt ist unglaublich. Schon im Flugzeug war mir klar geworden, dass diese Stadt ganz andere Dimensionen hat. Schon im Landeanflug des Flugzeugs sah man kein Ende der Stadt.
Mein Onkel wohnt in einem der höchsten Hochhäuser und man hat einen Blick auf die ganze Downtown. Es ist wirklich beeindruckend dort!
Ich habe inzwischen auch schon viele Städte sehen können. Vor 5 Wochen war ich in der ´‘Ciudad Hidalgo/Michoacan‘. Mein Opa besitzt dort eine Range, die so groß ist wie 10 Fußballfelder. Er hält dort Kühe, Schafe, Pferde und Hunde. Ich habe die Zeit dort wirklich sehr genossen, denn es zeigt mal eine ganz andere Atmosphäre, wie ich sie vorher noch nicht in Mexiko erlebt hatte. In einer Woche werde ich zum Nationalen Austauschtreffen nach Pachuca fahren. Mehr als 500 Austauschschüler aus aller Welt treffen sich in einer Stadt und ich freue mich wirklich schon sehr auf dieses Event, vor allem auch, weil ich viele meiner mexikanischen Freunde, die ich auf den Orientations in Deutschland kennengelernt habe, wiedersehe. Wir arbeiten gerade daran, dass ich noch eine Woche länger bleiben kann, damit ich meinen Freund Diego besuchen kann, den ich in Deutschland auf einer Orientation getroffen habe. Wahrscheinlich begleitet uns noch eine Freundin aus Ecuador, die ich ebenfalls aus Deutschland  von den Orientations kenne. Mir erscheint es unglaublich, wenn ich Leute wiedertreffe, die ich bereits aus Deutschland kenne, einem Land, welches von mir jetzt 10 000 km weit entfernt liegt.
Wirklich viel Zeit verbringe ich hier auch mit anderen Austauschschülern. Allein in meiner Stadt gibt es 15 Jugendliche aus aller Welt. Jeder spricht mit einem anderen Akzent, hat andere Vorstellungen vom Leben und dem Austausch und doch verstehen sich alle gut und finden zusammen. Inzwischen spreche ich auch mit meinen besten Freunden aus Brasilien, Frankreich und Estland die ganze Zeit Spanisch. Das Englisch wird nur noch in den seltensten Fällen benutzt.
Aber zum Schluss noch etwas zu Mexiko direkt: ein paar meiner generellen Eindrücke, die ich hier nach den ersten 3 Monaten bekommen habe.
Zuallererst ist es wirklich ein faszinierendes Land, die schönsten Strände, nette Leute, leckeres Essen und vieles mehr was mich von Tag zu Tag beeindruckt. Doch reden die Menschen hier nicht gerade positiv über ihr Land. Die Kriminalrate ist momentan höher denn je. Es schimpfen alle auf den Drogenhandel, der nach ihrer Meinung nach für das das Leid der Menschen verantwortlich ist. Außerdem gibt es wohl kein korrupteres Land als Mexiko. Zum Beispiel erzählte mir meine Mutter, dass sie 4 Jahre zuvor gekidnappt wurden. Ihnen wurde wirklich alles genommen, meine Gastschwester hatte, laut meiner Mama, nicht einmal Schuhe zum anziehen. Ich fragte natürlich mit meiner „deutschen Denkweise“ ob sie die Polizei gerufen hätten. Da entgegnete sie, dass sie glaube, dass es die Polizei selbst war, da die Kidnapper die gleichen Waffen hatten. Also am Ende haben sie nichts gemacht, außer die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Auch waren Worte meiner Mama: „Mit genug Geld kannst du Leute beiseiteschaffen ohne dass es Folgen für dich hätte“. Mit dieser Aussage ist mir eigentlich erst klar geworden, unter welchen Umständen die Menschen hier Tag für Tag leben müssen. Die Universität meines Bruders kostet umgerechnet 1500 Euro pro Monat. Da soll einer nochmal sagen, dass in Deutschland nur die „Reichen“ studieren können. Also um es auf den Punkt zu bringen: die wirtschaftliche Lage ist verheerend. Und umso länger ich hier lebe, desto mehr bin ich stolz auf Deutschland. Fast jeder Mexikaner mit dem ich rede, erzählt mir, wie toll er Deutschland findet, das er einen Volkswagen fährt und unbedingt in Deutschland Urlaub machen, studieren oder leben will. In den Supermärkten finde ich Knorr, Maggi und sogar Kinderpinguin vor. Letztens konnte ich es kaum glauben, als ich „Studentenfutter“ auf einer Packung las. Also unsere Produkte scheint es wirklich in aller Welt zu geben. In einem Supermarkt gibt es sogar regelmäßig die „Deutsche Woche“.
Wie man sehen kann, geht es mir alles in allem wirklich gut. In diesem Atemzug möchte ich mich auch noch einmal ganz herzliche für diese Gelegenheit bei Rotary Riesa-Elbland bedanken. Es ist wirklich eine unglaubliche Gelegenheit, die mir hier geschenkt wird, für die ich wirklich sehr dankbar bin und die ich bis zur letzten Minute nutzen möchte.
Mit herzlichen Grüßen aus Mexiko,
Constantin

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