Argentinien – 1. Bericht von Peter

23.12.13

 Buenos dias liebe  Rotarier und Freunde,

ich versuche mit dem folgenden Zwischenstandsbericht ein wenig mein Leben und Ergehen hier in Argentinien zu vermitteln.  Ich fange einfach mal ganz am Anfang an…:

 

Meine Reise ging am 06.09.2013 in Frankfurt los und am 07.09. bin ich um 21 Uhr Ortszeit (5 Stunden Zeitverschiebung) sicher in Cordoba gelandet. Meine ersten Eindrücke waren wunderbar, das Klima, die nette Familie, die Großstadt, – eigentlich war die gesamte erste Woche wahnsinnig aufregend. Nachdem ich schon vor der Ankunft mehr oder weniger Spanisch sprach, hatte ich keine Probleme mich einzuleben und Normalität kehrte ein. Cordoba ist eine zentralgelegene Universitätsstadt mit 1.4 Mio Einwohnern. Das Leben hier empfinde ich als sehr locker und typisch südamerikanisch. Es gibt sehr viele junge Menschen und ein ausgiebiges Nachtleben. Dementsprechend ist die Stadt zu JEDER Zeit des Tages brechend voll, besonders die großen Avenidas, die quer durch die Stadt verlaufen (alles ist in Blöcke aufgeteilt mit 100 auf 100 Metern). Ich bewege mich inzwischen recht sicher alleine in der Innenstadt, ob zu Fuß oder mit dem chaotischen Bus, der kommt wann er will. Auffällig sind die zigtausend Taxis die einfach überall sind. Taxifahren ist hier sehr populär, da es viel schneller ist und zudem sehr billig. Ich benutze pro Woche auch bestimmt 5 mal das Taxi. Ich wohne in einem schönen Viertel sehr nah am Zentrum (10min Autofahrt) in dem auch gleich alles ist was ich brauche: die Schule, Fußballplätze, Geschäfte, Kioske und Eisdielen als Treffpunkte und natürlich viele Freunde in meinem Alter. Dass die Schule nah am Haus ist, war eigentlich viel Glück, da die meisten anderen Austauschschüler hier sehr weit fahren müssen, zu den großen Schulen im Zentrum, die alle Schüler aufnehmen.  Meine ist eine kleine Privatschule, auf die sehr viele aus der Nachbarschaft gehen. Aus diesem Grund hatte ich keine Probleme Freunde zu finden, mit denen ich relativ viel unternehme, sei es Sport, Rumhängen oder Feiern. Das Thema Feiern wird hier schon sehr groß geschrieben, es gibt eigentlich immer irgendetwas wozu man eingeladen ist. Und das „Wie“ erst: es geht erst um ca. 1-2 Uhr los, davor gibt es noch manchmal kleine, private Previas, auf denen man zusammenkommt um zu trinken, sich zu unterhalten und gemeinsam zur eigentlichen Party zu kommen. Ende sind dann die frühen Morgenstunden, manchmal geht es aber auch bis 7,8 Uhr. Am Anfang viel es mir sehr schwer, hier mitzuhalten, zu tanzen und gute Laune zu haben, da das einfach nicht meinem vorherigen Lebensstil entsprach und unglaublich anstrengend war. Ich war noch nie so unglaublich müde wie in den ersten 2 Monaten!!!  Denn dieses dumme Siesta-Schlafen, das Abendessen um 11 Uhr und die Hitze im Haus zerstören gewiss den Rhythmus eines jeden Deutschen. Inzwischen bin ich mit Leib und Seele angepasst, ich kann an jedem beliebigen Ort zu jeder Zeit mit jeglicher Lautstärke schlafen und kenne die Formen des Lebens hier. Zum Beispiel kam mir das Thema Pünktlichkeit sogar zu Gunsten, da ich auch in Deutschland immer zu spät bin . Auch läuft hier immer spanische Musik auf den Feiern, was am Anfang wirklich sehr nervig war, jedoch kenne ich inzwischen zum Teil schon die Texte und mag den typischen Rhythmus, da ich ein wenig dazu tanzen kann.  In meiner Familie habe ich 2 ältere Brüder und eine jüngere Schwester (19,17,12) mit denen ich mich gut verstehe, es ist also immer etwas los im Haus. Allerdings haben meine Eltern viel zu arbeiten und meine Brüder sind oft unmotiviert oder haben andere Dinge zu tun (Schlafen oder Playstation), deshalb wird mir selten etwas zum Tun angeboten. Die Stadt und die Nachbarschaft musste ich allein erkunden, hierzu gibt es aber auch die Freunde, Rotex oder die Austauschschüler. Die Schule hier ist sehr komisch, es ist ein total anderes  System und ich habe mich viel gelangweilt, denn nach ein paar Tagen nervte mich das Chaos im Klassenzimmer einfach nur noch. Die einzigen Fächer die ich mitgemacht habe waren Mathe, Physik , Englisch und Sport. Durch die deutsche Schule war ich aber meinen Mitschülern hier weit vorraus, obwohl ich hier schon in die 11. Klasse gehe.

Weiter Eindrücke waren, dass hier sehr viel über Politik gesprochen wird, natürlich immer negativ – irgendjemand muss ja für den Armut der Leute verantwortlich sein. Wirklich fast jeder Junge kann Fußball spielen, obwohl nur die Besten der Besten im Verein sind. Man spielt in privaten Kunstrasen- Käfigen, von denen es Hunderte in der Stadt gibt und die recht billig zum Mieten sind. Außerdem haben fast alle Familien hier ein zweites Haus, das außerhalb von Cordoba in der Pampa liegt. Hier fährt man dann im Sommer hin, es gibt meisten Pool und große Gärten. Diese Häuser sind meistens Wohlstandsversicherungen, da die Währung (der Peso) unter einer starken Inflation leidet. Das alkoholische Nationalgetränk, der Fernet Branca mit Cola, schmeckt scheußlich. Das Asado, eine Art Rindfleisch zu grillen, auf das die Argentinier gewaltig stolz sind schmeckt nicht immer wirklich toll, da man auf Soßen und Gewürze so ziemlich verzichtet. Wenn das Fleisch dann auch noch voller Fett und zäh ist, ist es meiner Meinung nach ungenießbar! (Gott sei Dank kommt das selten vor). Das sind auch übrigens immer die 4 Standartfragen der Argentinier, wenn sie einen Ausländer kennen lernen:

Te gusta el asado? (Magst du Asado?)

Te parece rico el Fernet? (Wie schmeckt dir Fernet?)

De que hincha sos? (Was ist dein Lieblingsfußballverein? -> eine schwierige Frage, man kann diese sehr schnell falsch beantworten, da es eine große Rivalität zwischen den zwei größten Clubs aus Buenos Aires bzw. aus Cordoba gibt. Das Land ist übrigens Fußball fanatisch, es werden alle wichtigen Spiele aus Europa kostenlos(!) übertragen und es wird überall diskutiert, z.B. über die kommende WM)

Hay NAZIS en tu familia? (Gibt es in deiner Familie Nazis?)

Das letztere ist meiner Meinung nach eine nicht wirklich ernstgemeinte Frage, es wird eher als lustig empfunden. Und ich bin ihnen da auch nicht Böse. Sprachlich habe ich nicht viele Probleme, allerdings besitze ich einen harten deutschen Akzent und es fällt mir sehr schwer diesen abzulegen und in den argentinischen Sing-Sang zu verfallen. Eine weitere unvergessliche Erinnerung war die Reise in den Süden Argentiniens mit den anderen Austauschleuten per Bus. Wir haben Wale gesehen, Pinguine, waren in der südlichsten Stadt der Welt (Ushuaia), und sind auf einem der berühmtesten Gletscher der Welt gewandert. Es gab wunderschöne Nationalparks in den Anden. Die Argentinier legen sehr viel Wert auf ihre Parks und auf Naturschutz, es gibt insgesamt 30 riesige Parks und 47 Schutzreservate. Habe ich in Deutschland noch die Entfernung Regensburg-Berlin als sehr groß empfunden, lache ich inzwischen über Europa. Wir sind oft stundenlang Bus gefahren ohne etwas zivilisiertes draußen zu sehen. Nur unendliche Buschebenen, jetzt weiß ich warum der Süden „La Pampa“ heißt. Die längste Fahrt waren einmal 36 Stunden, aber es war immer gute Stimmung im Bus, wir haben dort geschlafen, gegessen und getrunken.

Allerdings muss ich mir ein paar Dinge noch für die nächsten Berichte aufheben,  in diesem Sinne viele Grüße nach Deutschland und ein herzliches Dankeschön an den Rotary Club Millenium für das Ermöglichen.  Fragen doch einfach an meine Email p.sandkuehler@yahoo.de richten.

Euer Peter

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