Brasilien – erster Bericht von Lea

Liebe Leser, 



Mein Name ist Lea Richter und das ist mein erster Quartalsbericht, indem ich meine Zeit von Anfang August (dem Beginn meines Austausches) bis Ende September beschreibe. 


Am 7. August war es dann endlich soweit: Der Flugtermin nach Brasilien, für ein ganzes Jahr. Ich war den ganzen Tag (für meine Verhältnisse) ruhig, bis mich dann meine Mutter und meine beste Freundin an den Flughafen gebracht haben. 


 

Im Flugzeug angekommen, war mein Kopf einfach nur durcheinander. Natürlich war ein ein kleines Bisschen traurig, alle Menschen, die ich liebe ein Jahr lang nicht sehen zu können, aber die positiven Gedanken, Gefühle und Erwartungen überwogen deutlich. Vom Flughafen Dresden im Flughafen Frankfurt angekommen musste ich umsteigen. Dann sah ich auch schon die ersten anderen Rotary-Austauschschüler mit ihren Blazern. 


Nach dem 16-stündigen Flug, sind wir dann schließlich im Flughafen in Brasilien angekommen. Nachdem jeder seinen Koffer hatte, ging es in Richtung Ausgang, wo schon die Gastfamilien warteten. Ich habe meine sofort unter den anderen erkannt, weil ich auch im Vorfeld schonmal kurz mit meiner Gastschwester per Skype geredet habe. 


Schon auf der Fahrt vom Flughafen nach Hause sind mir einige brasilianische Dinge aufgefallen: Der Straßenverkehr in Brasilien, zumindest im Bundeststaat São Paulo, ist enorm! Man steht auf den Autobahnen fast in sowas wie einem „Dauerstau“. Und dann gibt es noch die Motorradfahrer. Sie schlängeln sich im dichten Verkehr um die Autos im Slalom herum, was nicht gerade ungefährlich ist, zumal weil sie auch meistens sehr schnell fahren. Damit sie besser wahrgenommen werden können hupen sie die ganze Zeit. 
In meinem neuen Zuhause angekommen, wurde mir das ganze Haus gezeigt und der Rest der Familie vorgestellt. Ich lebe in einem schönen, großen Haus mit einer netten Gastfamilie, bestehend aus einer Gastmutter, Gastvater, großen Gastschwester (17 Jahre), die allerdings nur 3 Wochen mit mir zusammengelebt hat, da sie dann als Austauschschülerin nach Deutschland gegangen ist. Neben der großen Gastschwester habe ich noch zwei jüngere, die 13 und 4 Jahre alt sind. 


In den ersten 3 Wochen habe ich die meiste Zeit mit meiner großen Gastschwester verbracht, was gut war, denn wir verstanden uns super gut, sie brachte mir die ersten portugiesischen und ich ihr die wichtigsten deutschen Worte bei. Sie hat mich auch gleich am zweiten Tag auf eine Party mitgenommen, wo ich schon einige Leute von meiner neuen Schule kennengelernt habe. Mir ist aufgefallen wie aufgeschlossen die Brasilianer sind, denn jeder wollte mit „der Deutschen“ reden und mich kennenlernen. 
Nach den ersten zwei Wochen fing dann die Schule für mich an. In meiner Klasse war ich, zusammen mit einer Dänin, nicht die einzige Austauschschülerin. Alle beäugten uns, als wir den Klassenraum betraten. der Unterricht hatte nämlich bereits begonnen, weil wir noch ein Gespräch über organisatorische Dinge, wie Schuluniform und Anmeldungen…, hatten. Auf einmal ging ein großes Durcheinander los: Alle drehten sich um, sprachen über uns (wir verstanden nichts, weil unser Portugiesisch zu dieser Zeit noch bei fast null lag). Wir durften uns jeweils einen der leeren Plätze aussuchen. In der ersten Pause dann kamen alle an unsere Plätze gestürmt, umringten uns und durchlöcherten uns (in teilweise sehr brüchigem Englisch). Schon am ersten Schultag hatte ich bereits eine ganze Menge an Freunden gefunden. Dazu muss ich sagen, dass es mir durch diese Offenheit, Warmherzigkeit und Neugier der Brasilianern sehr leicht gemacht wurde. Als meine große Gastschwester nach den ersten drei Wochen ihre Koffer gepackt hatte und wir sie zum Flughafen gebracht haben, war ich ein bisschen traurig. Wir haben uns nämlich drei Wochen lang ein Zimmer geteilt und auch so viel Zeit zusammen verbracht. Wir haben gemerkt, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben und sind, trotz der kurzen Zeit, gute Freundinnen geworden. Jetzt skypen wir manchmal und planen schon wann und wie wir uns wiedersehen können.


Schon während meines ersten Monats in Brasilien habe ich Teile des Landes kennengelernt: ich habe angefangen meine neue Heimatstadt (Santo André) zu erkunden, war gemeinsam mit meinen brasilianischen Freunden in São Paulo City, am Strandhaus, das meiner Gastfamilie gehört und so weiter. 


Was das Essen betrifft habe ich mir ehrlich gesagt vor Beginn meines Austauschjahres einige Gedanken gemacht, da ich Vegetarierin war. In Brasilien wird aber praktisch zu jeder Mahlzeit Carne (Fleisch) gegessen, außer vielleicht zum Frühstück. Ich habe meiner Gastfamilie nicht erzählt, dass ich eigentlich kein Fleisch esse, weil ich mir fest vorgenommen hatte: wenn ich in Brasilien bin, muss ich auch brasilianisch essen. Ausßerdem wollte ich nicht, dass meine Gastfamilie für mich extra kocht oder gar ihre Gewohnheiten für mich umstellt. Am Ende des ersten Monats kann ich aber sagen, dass man sich an Fleisch gewöhnen kann, auch wenn es mir am Anfang sehr schwer gefallen ist. Weiterhin sollte man keinen Schüleraustausch nach Brasilien machen, wenn man keinen Reis mag. Fast jeden Tag wird in den meisten brasilianischen Familien nämlich „arroz e feijão“ (Reis mit schwarzen Bohnen) gegessen. Damit habe ich aber von Anfang an kein Problem gehabt. Mein persönliches Lieblingsessen hier sind die Früchte: es gibt viel mehr verschiedene Obstsorten als in Deutschland und sie sind alle viel saftiger. Die Mangos z.B. schmecken einfach viel intensiver und saftiger, als in Deutschland. 
Aber auch die Nachtische in Brasilien sind sehr sehr gut! (Für manche Deutsche vielleicht etwas zu süß, aber ich mag das.) 



Für Heimweh blieb mir bis jetzt noch keine Zeit, da ich auch so viel Neues kennenlernen durfte: Die Menschen, das Essen, die Lebensweise, Musik, neue Familie, Zeitumstellung, anderes Klima, …Durch all diese Dinge, die fremd für mich waren, war ich jeden Abend ziemlich erschöpft und bin nach den ersten drei Minuten eingeschlafen. 
Alles in Allem kann ich nur sagen, dass ich sehr viel Glück habe, hier sein zu dürfen. Meine Portugiesischkenntnisse haben sich sich nach einem Monat deutlich erweitert, meine Familie ist bezaubernd und gibt mir das Gefühl nun wirklich ein Teil von ihnen zu sein und nicht nur „die Austauschschülerin aus Deutschland“. Auch meine Schule ist toll -überhaupt nicht streng, im Vergleich zu Deutschland: man kann aufstehen und zum Papierkorb laufen, wann man will, ohne zu fragen und viele Schüler schlafen sogar im Unterricht mit dem Kopf auf dem Tisch, ohne das jemand etwas dagegen sagt. 
Ich bin sehr glücklich hier in Brasilien, danke allen Menschen, die mir das ermöglicht haben: Meiner deutschen Familie, die derzeit eine Taiwanesin aufnehmen, meiner Gastfamilie, die mich in ihre Familie aufgenommen hat und natürlich ein goßes Dankeschön an Rotary! 



Bis bald, 
Lea

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