Paraguay – 3. Bericht von Charlotte

Die Schule hat Mitte Februar wieder begonnen. Für mich war es ein kleiner Neuanfang, nach unendlich vielen Problemen mit meinem hiesigen Rotary Club stand meinem Schulwechsel nichts mehr im Weg. Ich bin wahnsinnig glücklich in meiner neuen Schule. Seltsamerweise freue ich mich sogar darauf. Und das muss was heißen. Denn der Unterricht beginnt um 7 Uhr. Aber ich verstehe mich so gut mit meinen Klassenkameraden, dass es die unangenehme Uhrzeit wieder ausgleicht. Wir sind 3 Austauschschülerinnen in unserer Klasse. Das ist das einzige was mich stört. Aber wir haben die Vorschrift bekommen, dass wir uns im Unterricht nicht zusammen setzen, damit wir nicht auf Englisch sprechen. Mit meiner Familie komme ich sehr gut zurecht. Ich habe zu allen ein sehr gutes Verhältnis und möchte eigentlich nicht noch einmal die Familie wechseln.

Mit meiner Counselorin verstehe ich mich sehr gut, sie ist wie eine Oma. Leider ist sie nur sehr schwer zu erreichen, weil sie nicht per E-Mail zu kontaktieren ist und mit Handys nicht vertraut ist. So kann es vorkommen, dass sie mehrere Tage lang nicht auf

Nachrichten oder Anrufe reagiert.

Jetzt habe ich nur noch weniger als 100 Tage in Paraguay, was mich wirklich traurig macht. Ich habe hier so viel erlebt, lebe ein Leben, was ich nie wieder zurück haben werde und das bedrückt mich. Ich habe hier so viele Freunde gefunden, die ich nie wieder vergessen werde. Es wird nur sehr schwierig werden Abschied zu nehmen.

Wenn ich auf dieses Jahr zurück blicke, sehe ich mich in verschiedenen Stufen der Entwicklung. Alles hat sich verändert. (Nicht nur dass ich durch das unglaublich gute Essen zugenommen habe). Ich bin reifer geworden. Es ist ein Prozess, den ich erst bemerke, wenn ich an meine ersten Wochen zurück denke. Ich sehe mich als kleines Kind vor mir, keine Ahnung von nichts, unerfahren, ein ganz anderer Mensch. Ich lese meine alten Berichte und Blogeinträge durch und frage mich: Bin das wirklich ich? Ich habe mich mit anderen Austauschschülern darüber unterhalten, wir kamen alle zu dem Schluss, dass wir uns unglaublich sehr verändert haben. Das macht es vielleicht schwer wieder zurück in unser altes Leben zurückzukehren, weil es einfach nicht mehr passt. Es ist wie ein Paar Schuhe aus denen man nach einem Jahr rausgewachsen ist. Das macht einerseits traurig, weil man Gewohnheiten ablegen muss, ist aber auch aufregend, weil man sich ein neues Paar Schuhe kaufen kann. Das anprobieren, also das Eingewöhnen nach dem Heimkehren, ist nervig und anstrengend, aber wenn man erstmal das richtige Paar gefunden hat, freut man sich umso mehr.

Ein weiteres Phänomen, wovon alle Austauschschüler berichtet haben, die ich getroffen habe, ist, dass die Zeit wahnsinnig schnell vergeht. Ein Jahr klingt so lang, aber dann ist man plötzlich in seinem Gastland und Woche um Woche geht vorüber und man fragt sich wo die Zeit geblieben ist. Bin ich nicht gestern erst angekommen? Ich kann mich noch an jedes Detail meiner Ankunft erinnern, so lange kann es doch noch gar nicht her sein.

Meine Freunde und Familie zu Hause in Deutschland werden langsam aufgeregt, weil ich bald wiederkomme. Es werden Pläne gemacht, was wir alles machen werden, wenn ich erst einmal ankomme. Ich freue mich darauf, es klingt aufregend und ich vermisse meine Familie und meine Freunde. Aber trotzdem würde ich gerne sagen: Nur noch ein oder zwei Monate mehr, bitte!

Ich werde jetzt meine verbleibenden 97 Tage genießen, so viel unternehmen, wie nur möglich, ich möchte meine Zeit nicht verschwenden.

Liebe Grüße aus dem besten Gastland, das man sich vorstellen kann,

Charlotte

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