Chile – 3. Bericht von Katharina

Nun schreibe ich hier also schon meinen dritten Quartalsbericht und muss mir wohl oder übel eingestehen, dass mir nicht mehr allzu viel Zeit bleibt bis ich wieder zurück in Deutschland bin. Das ist wirklich ein sehr seltsames Gefühl, weil mittlerweile alles hier so gewohnt ist. Mein altes, mein „richtiges“ Leben in Deutschland kommt mir so entfernt und unwirklich vor. Ich habe mich hier eingefunden, mich an alles, was mir erst seltsam erschien, angepasst und nun soll ich das bald einfach hinter mir lassen? Und besonders hart ist es, zu wissen, dass ich nie wieder in dieses Leben zurückkehren kann, aber es dennoch ein Teil von mir ist. Ich habe nun einfach sozusagen zwei Leben, in zwei verschiedenen Ländern, mit so vielen unterschiedlichen Personen und natürlich ist das auf der einen Seite sehr bereichernd, aber auf der anderen auch sehr traurig.

Aber hören wir auf mit den philosophieren, sondern wenden uns dem zu, was mir in den letzten Monaten passiert ist. Die dreimonatigen Ferien waren im Endeffekt sehr gut gefüllt mit verschiedenen Reisen in die unterschiedlichsten Teile Chiles und unterschiedliche Teile, heißt auch unterschiedliche Teile. Ich war am Strand, auf Inseln, auf Bergen und in der Wüste. Ich habe Delfine gesehen und Seelöwen, Flamingos und Pinguine. Chile ist was die Natur betrifft einfach atemberaubend und wunderschön.

Umso ernüchternder war es darauf natürlich wieder in die Schule zurückzukehren, aber auch dieses Jahr nutze ich meine Freizeit wieder gut und spiele Volleyball, gehe zum Yoga, besuche einen Fotografiekurs und lerne Gitarre, Klavier und Kontrabass. Leider habe ich nicht viel Zeit mich mit Leuten aus meiner Klasse zu treffen, weil ich jetzt in der letzten Klasse auf meiner Schule bin und meine ganzen Mitschüler dieses Jahr also wahnsinnig viel lernen müssen und sich auf das chilenische Abi „PSU“ vorbereiten müssen. Doch durch meine Hobbys bin ich auch völlig ausgebucht und deswegen ist das auch nur halb so schlimm. Schade ist es nur, dass ich wohl in Deutschland nicht mehr so viel Zeit für diese ganzen Sachen haben werde und so nutze ich diese ganzen Aktivitäten natürlich aus, bevor der richtige Schulstress in Deutschland wieder anfängt.

Drei Wochen bevor jedoch die Schule begann, musste ich meine Gastfamilie wechseln, was für mich sehr traurig war, weil ich so eine wundervolle Familie hier gefunden hatte. Meine neue Familie kannte ich jedoch vorher schon recht gut, da meine beste Freundin von den Austauschschülern vorher dort gelebt hatte. Demzufolge war die Eingewöhnung nicht so schwer, jedoch war es schon etwas anstrengend anfangs wieder von vorne beginnen zu müssen wie alles in diesem Haushalt funktioniert, was die Regeln sind, etc. Meine neue Familie besteht aus meinem Gastvater, meiner Gastmutter, zwei Töchtern ( 20 und 28 ) und einem Sohn ( 24 ), jedoch leben die Töchter in Santiago und so bekomme ich sie nur ein- bis zweimal im Monat zu sehen, was sehr schade ist. Ich komme mit allen sehr gut klar, jedoch vergleicht man natürlich sehr viel mit der alten Gastfamilie, so wie sie mich bestimmt auch mit der ersten Gastschülerin vergleichen. Dennoch habe ich immer noch sehr viel Kontakt mit meiner alten Gastfamilie und besuche sie relativ oft. Auch wenn ich sehr gerne nicht gewechselt hätte, verstehe ich doch durchaus den Hintergedanken des Wechsels und lerne nun noch mehr Personen kennen und erfahre mehr über die unterschiedlichen Lebensweisen in Chile.

Seit diesem Schuljahr ist noch eine Austauschschülerin aus Neuseeland in meiner Schule, was auch nochmal eine tolle Erfahrung ist. Nicht nur um sie kennenzulernen und mehr über Neuseeland zu erfahren, sondern einfach zu sehen, wie viel man doch gelernt hat in der Zeit hier, was man gar nicht mehr wahrnimmt. Für sie ist alles noch so neu und man sieht sich selber wieder in ihr, wie man selber vor einem Jahr dastand und über alles gestaunt hat, nichts verstanden hat und die Stirn gerunzelt hat über die eine oder andere Eigenheit in der Kultur des Landes. Und man sieht wie viel man sich erarbeitet hat und das ganz alleine. An so einer Erfahrung muss man einfach wachsen.

Nun genieße ich also die letzten drei Monate und versuche noch so viel wie möglich zu erleben, dass ich ja nicht nach Deutschland zurückkehre und bereue meine Zeit nicht richtig genutzt zu haben. Dieses Jahr ist so etwas Einzigartiges und ich bin so unglaublich dankbar für die Möglichkeit all diese Erfahrungen zu sammeln und so viele schöne Erinnerungen mit nach Deutschland mitnehmen zu dürfen. Es wäre eine Lüge zu sagen, dass alles immer einfach ist und dass ich nicht mein Leben in der anderen Heimat ab und an vermissen würde, doch das alles ist unwichtig, wenn man realisiert was man alles geschaffen hat in so kurzer Zeit und mit eigener Kraft und wie unglaublich dieser Austausch doch ist. Es ist nicht so wie ich es mir vorgestellt habe, es ist so viel intensiver. Es ist fröhlicher, aber auch trauriger. Erlebnisreicher, aber auch langweiliger. Länger, aber auch kürzer. Anders, aber auch gleich. Es ist einfach ein neues Leben in einem Jahr!

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