Kolumbien – 1. Bericht von Jannis

Hallo liebe Rotarier, Freunde und ganz besonders liebe Frau Neumann-Trüb,

wenn man mir die Aufgabe geben würde, Kolumbien mit Deutschland zu vergleichen, würde ich wohl ernsthaft verzweifeln. Die beiden Länder sind rund 10 000km voneinander entfernt. Genauso gigantisch sind auch die Unterschiede. Ich bin nun schon seit sechs Wochen hier in Kolumbien und es kommt mir vor, als ob ich schon mein ganzes Leben hier verbracht hätte, aber alles nach einander. Mit sehr großer Vorfreude haben etwa 25 junge Deutsche und eine Belgierin von Frankfurt aus die etwa 12 stündige Flugreise nach Kolumbien angetreten. Trotz des langen Fluges hat kaum jemand ein Auge vor Aufregung zu tun können. Sehr müde, erschöpft aber glücklich, endlich kolumbianischen Boden zu berühren sind wir in der Hauptstadt angekommen. Stürmisch begrüßt und umarmt wurden wir in Empfang genommen und sind anschließend in den einzelnen Familien untergetaucht oder weitergeflogen.

Eigentlich war für mich ein Weiterflug nach Pasto vorgesehen, jedoch hat mein Gastvater Juan angeboten, mich bei der Reise zu begleiten und mit der ganzen Familie von Bogotá aus nach Pasto mit dem Auto zu fahren. Ich habe es kein bisschen bereut zugestimmt zu haben. Auf dem Weg habe ich so schon sehr viel von Kolumbien gesehen, erlebt und gespürt. Von Gebirgsland bis zur tropischen Zone habe ich so schon viel kennen gelernt und ich kann nur sagen, dass ich außerordentlich glücklich bin, auf 2500m zu wohnen. 🙂

Nach etwa 850km Berge hoch und runter, erreichten wir endlich das lang ersehnte Pasto bei Nacht. Ich war froh darüber, ohne dabei die Fahrkünste von meinem Vater Juan kritisieren zu wollen, die Stadt heil erreicht zu haben. Hier gibt es zwar genauso wie in Deutschland Regeln, wie z.B. bei zwei durchgezogenen Linien auf der Straße nicht zu überholen, leider hält sich jedoch keiner dran. Auch rote Ampeln sind nur Hinweise, wo man denn anhalten könnte, wenn man wollen würde. Es will bloß keiner. 🙂 Aber das sind eben kleine Dinge, an die man sich gewöhnen muss.

In Kolumbien gibt es natürlich leider nicht den Euro, sondern den Kolumbianischen Peso. Der aktuelle Kurs liegt bei ungefähr 1 Euro = 3200 Pesos. Etwas umständlich zum Rechnen, aber dafür ist hier alles etwas bis viel günstiger, als in Deutschland. Extrem günstig sind unteranderem Taxis im Stadtgebiet (immer 4000 Pesos etwa 1,25 Euro), Kinos in 3D (8000 Pesos etwa 2,50 Euro) und Früchte.

Aber nun zu Pasto: mit etwa 450 000 Einwohnern ist die Stadt vergleichbar mit Dresden. Gelegen ist sie im Süd-Westen von Kolumbien, in den Kordilleren. Auf 2500m kann man von der Temperatur nicht viel erwarten. So ist es durchschnittlich kalt am Tag und kalt in der Nacht aber immer noch besser, als jeden Tag 32 Grad im Schatten zu haben.☺ Pasto ist in der Nähe vom aktiven Vulkan Galeras (Bild unten), der zuletzt vor drei Jahren ausgebrochen ist. Auch gibt es hier ab und zu mal Erdbeben, die aber meist kaum zu spüren sind.

Die Familien sind viel enger zusammen, als in Deutschland. Man trifft sich fast täglich bei der Oma um Mittag, Abendbrot zu essen oder einfach mal Karten zu spielen. Es gibt immer eine typische Suppe als Starter und darauffolgend einen Teller mit meist Pollo (Hähnchen), dazu Reis oder Popcorn ( 🙂 ). Serviert wird die Suppe, als auch der Hauptgang mit typisch Kolumbianischen Bananen. Diese findet man überall in allen auch nur vorstellbaren Varianten, als Beilage, anstatt Pommes, als Chips, frittiert, in Empanadas oder ganz normal in Schale. Typisch kolumbianisch sind außerdem die vielfältigen Früchte, die man Deutschland nur selten bis nie findet. So z.B. die Lulo oder die Guanabana Frucht. Sehr oft werden die gepresst und dann getrunken.

Meine Schule in Pasto hat seit kurzem ein neues System der Ordnung im Klassenzimmer eingeführt. Vorher ist es wie in Deutschland gewesen, in Reihen zwei Personen an einem Tisch. Nun ist das Klassenzimmer jedoch aus Gruppen-Tischen aufgebaut, an denen sich jeweils vier Personen befinden. Es ist vorgesehen, dass man sich gegenseitig hilft und gemeinsam vorwärtskommt. Auch sind Handys, Laptops und Tablets fast durchgängig erlaubt und werden als Erweiterung des Unterrichts angesehen. Das klappt eigentlich auch sehr zuverlässig, obwohl die Schüler öfters ausversehen Facebook und WhatsApp benutzen.

Die Menschen hier in Kolumbien sind viel offener und herzlicher, als in Deutschland. So geht man eben mitten im Unterricht zu der Lehrerin und umarmt sie, was in Deutschland unvorstellbar wäre.

Damit ich im Unterricht auch etwas zu tun habe, gibt mir meine Lehrerin des Öfteren Vorträge auf. Auf diese Weise kann ich weiter Spanisch lernen und nutze die Zeit sinnvoll. (auch wenn ich die Sprache relativ gut verstehe, ist dem Unterricht kaum zu folgen) Ganz besonders schnell habe ich sehr gute Freunde gefunden. Allgemein ist man zuerst mit jedem befreundet. Ich treffe mich fast täglich mit Freunden um etwas zu unternehmen oder zu essen. Es macht sehr viel Spaß und ich freue mich auf jeden Tag.

Es gibt jedoch eine Sache, an die sich auch viele andere Austauschschüler aus Deutschland nicht gewöhnen konnten. Das ist die Spontanität bzw. die Fähigkeit keinen Plan zu haben. Man lässt sich einfach überraschen, was der Tag bringt. In Deutschland habe ich meinen Tag immer durchstrukturiert, jedoch ist es hier ganz anders. Bis fünf Minuten vor Schulschluss weiß keiner, was am Nachmittag gemacht wird. Das bringt mich immer aus dem Konzept, aber ich denke man brauch einfach etwas Zeit, sich daran zu gewöhnen.

Ich bin extrem froh und außerordentlich stolz, dass Rotary mir diese Möglichkeit gegeben hat und möchte mich so nochmal ausdrücklich bei allen bedanken, die an der Idee von Rotary arbeiten und mitwirken. Danke!

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