Indien – 1. Bericht von Mona

Vor knapp acht Wochen bin ich in Coimbatore, meiner Stadt im Süden Indien gelandet. Die erste Zeit war unglaublich aufregend für mich, alles war so anders und neu für mich. Allein die Autofahrten waren ein Abenteuer für mich! Einfach nur aus dem Fenster zu sehen und die kleinen und großen alltäglichen Wunder Indiens zu bestaunen war schon so spannend. Natürlich waren manche Dinge auch eigenartig und zunächst befremdlich für mich. Meine Familie lebt ganz ganz einfach, ich habe ein paar Tage gebraucht, um zu sehen, dass sie dabei so glücklich sind. Dann konnte auch ich es genießen. Essen mit der rechten Hand, die Begrüßung (Handflächen vor der Brust aneinander legen), wie, wann und wo ich mich bewegen kann – das alles musste ich natürlich erst lernen. Aber auch das funktioniert jetzt alles und ich werde immer sicherer und unabhängiger. Hier in meiner Region, Tamil Nadu, spricht man eine sehr alte Sprache, Tamil. Meine Gasteltern sprechen aber auch Englisch, so wie eigentlich jeder Inder. Daher kommunizieren wir meistens englisch. Die tamilische Schrift beherrsche ich schon und auch lesen geht immer besser. Ich habe in meiner Schule eine Lehrerin, das ist sehr hilfreich. Und in meiner Familie habe ich jetzt eine „Englischbox“ angelegt: eine kleine Büchse, in die ich bei jedem englischen Satz eine Rupie stecke. So versuche ich, langsam nur noch Tamil zu sprechen. Die Leute freuen sich auch so über jedes Wort, das ich auf Tamil spreche, da fällt die Motivation leicht. Neulich habe ich meinen erstes Tamildiktat geschrieben, mit meiner Lehrerin. Sie hatte mir Vokabeln gegeben, die ich dann übersetzen und aufschreiben musste. Ich erreichte ein gutes Ergebnis, das hat sie so stolz gemacht, dass sie mich zur Direktorin gebracht hat. Dort sollte ich meinen Test zeigen und bin ausführlichst gelobt worden.

Mit meiner Schule bin ich ziemlich zufrieden, die Schüler sind sehr freundlich und reif. Es ist eine reiche Privatschule und steht damit im Kontrast zu meiner Gastfamilie. Ich habe wirklich liebe Freunde gefunden und der Unterricht ist spannend. Ich habe zusätzlich zum normalen, einen speziellen Stundenplan und bekomme Schwimmstunden, Yoga und Tamil.

Mit Rotary haben wir schon eine Orientation gehabt und einige Meetings. Ich habe einmal eine PowerPoint-Präsentation über mein Leben in Deutschland vor dem Distrikt gehalten und zusammen mit den anderen deutschen YES die deutsche Nationalhymne gesungen. Wir wurden auch zu einem Sporttag einer Eliteschule eingeladen, da dessen Direktor ein Rotarier war. Dort haben wir Yoga performt, vor einem großen Publikum! Außerdem finde ich es immer spannend, gleichaltrige Inder zu treffen, dafür hat sich dieses Programm auch geloht. Ganz besonders schön war ein Trip mit meinem Gastclub und den drei weiteren YES dort. Wir sind für einen Tag nach Kerala, dem Nachbarstaat gefahren und haben die Natur bestaunt. Leider war ich bisher auf keinem einzigen Treffen mit meinem Club, bisher gab es nur interne Meetings. Ich stehe aber in Kontakt und frage auch ab und zu nach, wann ich denn kommen kann. Die anderen Austauschschüler sind alle sehr lieb und es tut mir dann doch immer sehr gut, mit Leuten zu sprechen, die die gleichen Sorgen und Probleme haben. Außerdem hilft mir auch, dass ich durch die YES schon ungefähr weiß, was mich in meinen zukünftigen Gastfamilien erwartet und worauf ich dort achten sollte.

Meine Gastfamilie ist einfach wunderbar! Meine Amma, meine Gastmutter, ist Hausfrau und kocht mit Leib und Seele, dementsprechend esse ich wahnsinnig gut! Mein Appa, mein Gastvater ist Ernährungswissenschaftler und so eine Art spiritueller Guru, so wie ihn man sich vorstellt. Mit seinem langen weißen Gast, dem etwas dünnem Zöpfchen und seinem Dhoti, der traditionelle indische Rock für Männer, erklärt er mir gerne die Bedeutung des Lebens. Jedes Wochenende sind wir unterwegs, sehen Tempel und Ashrams und besuchen ständig Verwandte.

Ich liebe so viel an Indien! Das Essen ist köstlich, die Kleidung bunt und wunderschön, die Straßen so lebendig. Durch meine Gasteltern sehe ich auch ganz viel von dem wahren Indien, das ärmer ist. Und durch Rotary, meine Schule und die zukünftigen Gastfamilien erlebe ich das luxuriöse Indien. Am Anfang war ich schockiert über diesen harten Kontrast, ich habe aber verstanden, dass ich in diesem Moment nichts ändern kann. Deshalb lebe ich jetzt damit und nutze die Möglichkeiten, die sich mir bieten.

Ich bin auf einem Elefanten geritten, habe in einem YouTube-Video mitgespielt, habe viel meditiert, habe Yoga vor einer Schule performt, habe atemberaubende Saris getragen, habe mit den Kindern im Dorf gespielt und habe in einem Wasserfall gebadet.

Meine bisherige Zeit in Indien ist spektakulär und wunderbar. Und so viel steht noch bevor.

Manchmal kann ich nicht fassen, was ich für ein Glück habe. Es ist so ein gigantisches Geschenk, dass ich die Möglichkeit habe, das alles zu erleben. Danke!

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