Kolumbien – 2. Bericht von Juliane

Liebe Rotarier, Rotexer, Outbounds und Freunde,

Ich bin jetzt schon 5 Monate in Kolumbien und ich fühle mich schon wie eine halbe Kolumbianerin. Ich habe vor allem im letzten Monat gemerkt, dass die Kultur, die Menschen, die Musik, das Tanzen , Singen und vor allem das Essen ein Teil von mir geworden sind. Aber viel wichtiger, dass auch ich ein Teil dieser Dinge geworden bin, dass es Leute gibt die mich beim Bachata oder Salsa-tanzen vermissen würden. Oder beim Karaoke mit Freunden und Familie. Dass wenn ich nicht hier wäre, mich Leute vermissen würden. In der letzten Schulwoche ging ich auf Reisen, auf den ersten Trip mit Rotary in Kolumbien nach Santander und Boyaca.

Die Reise ging am 12. November los und war für mich leider etwas umständlicher gestaltet. Zu erst musste meine Tante mich meine Tante die ca. 3 Stunden lange Strecke von Pitalito nach Neiva fahren, wo ich dann auf sieben andere Austauschschüler traf und wir gemeinsam nach Bogotá flogen. Dort wurden wir dann von einem Bus abgeholt und ins Hotel gebracht. Im Hotel waren schon die ganzen Austauschschüler versammelt, es war einfach wunderbar so viele Menschen aus so vielen unterschiedlichen Orten dieser Welt kennenzulernen.

Am ersten Tag besuchten wir dann die Salzkathedrale Zipquirá, welche ich zwar schon besucht hatte, aber trotzdem war ich immer noch beeindruckt. Später machten wir uns dann weiter auf den Weg nach Chiquinquirá zur Catedral de Nuestra Señora del Rosario, da wir die ganze Zeit unsere Flaggen trugen, wurden wir von vielen Leuten um ein Foto gebeten. Danach ging es weiter in ein kleines Dorf namens Socorro, wo wir in die nächste Nacht verbringen würden. Am nächsten Tag fuhren wir dann zum Parque Nacional de Chicamocha Panachi. Chicamocha ist ein Canyon durch den sich ein reißender Fluss zieht.

Wir besichtigten den Canyon also mit einer riesigen Seilbahn, welche zuerst auf den Grund des Canyons fuhr und dann sehr langsam auf der anderen Seite wieder hochtuckerte, die Aussicht werde ich nie vergessen.Als wir dann auf der anderen Seite des Canyons ankamen erwartete uns ein kleines Dorf mit vielen kleinen Läden, wo man sich zu essen und Andenken kaufen konnte. Dort probierten wir auch alle die Spezialität Santanders aus, Ameisen. Das klingt jetzt vielleicht sehr abwegig, aber ja der traditionelle Snack dort ist die Ameise. Wir probierten es alle aus und um ehrlich zu sein, wenn man nicht wüsste dass es Ameisen sind wäre es halb so schlimm.

Später fuhren wir wieder zurück zur andren Seite des Canyons und gingen ein wenig spazieren, am Ende landete ich mit ein paar Freunden vor einer Seilbahn der etwas anderen Art. Man setzte sich in eine Art Sitz und rutschte man dann eine ganze Weile sehr schnell nach Unten am Seil lang. Das war ein sehr schöner und lustiger Tag.

Dann fuhren wir zum Hotel in San Gil, in dem wir diesmal zwei Nächte bleiben sollten. Es war ein „Hotel Campestre“, also in der Natur, machte sich auch sehr schnell bemerkbar durch die Lauten Geräusche der Insekten, die nicht etwa von draußen kamen, sondern aus dem Zimmer. Am nächsten Tag besuchten wir den Parque del Gallineral, das Dorf Guane und ein Museum, und später ging es nach Barichara. Eines der schönsten Dörfer mit vielen Kapellen und Kirchen und einer atemberaubenden Aussicht auf die Berge.

Am nächsten Tag ging es auf zu dem kleinen Töpferdorf Ráquira mit vielen Läden welche jeden Minimeter mit Sachen zum Verkaufen bedeckt hatten.

Nach dem Mittagessen besuchten wir dann ein anderes Dorf namens Villa de Leyva, welches wir alleine besichtigen durften.

Ich war mit einer sehr guten Freundin aus der Schweiz unterwegs und wir kauften uns Armbänder, einen Sombrero und setzten uns vor die Kirche auf die Treppen und schauten zu, was auf dem riesigen Platz vor sich ging. Wir saßen dort ca. 2 Stunden redeten und genossen die Aussicht.

Am sechsten Tag der Reise ging es nach Tunja, der Hauptstadt des Departamentos Boyaca. Wir besuchten das Gründerhaus und eine Kirche. Es gab ein ganz leckeres Mittagessen und am Abend wurden wir in die Stadt Paipa gebracht, wo wir wieder zwei Nächte verbrachten. An diesem Abend konnten wir nach dem Essen mit in die Thermen dort fahren. Am nächsten Tag besuchten wir Pantano de Vargas, wo das letzte wichtige Gefecht gegen die Spanier zur Unabhängigkeit am 25. Juli 1819 gefochten wurde. Danach besuchten wir einige kleine Dörfer und den Rest des Tages verbrachten wir an der Laguna de Tota. Der höchst gelegene See in Kolumbien.

Am Samstag besuchten wir die Puente de Boyacá, die ebenfalls ein wichtiger Ort für die Unabhängigkeit darstellt, denn hier wurde ebenfalls gegen die Spanier gekämpft. Wir fuhren zum letzten gemeinsamen Mittagessen und dann ging es für uns wieder zurück. Ich war zwar traurig, dass es vorbei war, aber ich konnte es kaum erwarten meine geliebte Schwester und meine Freunde hier wiederzusehen und natürlich meine Familie. Als ich in Pitalito ankam, war ich noch viel glücklicher als ich es die ganze Reise war.

Die Ferien hatten schon angefangen und der Abschlussball stand vor der Tür, denn meine ehemalige Klasse in Pitalito hatte ihren Abschluss gemacht und alle meine Freunde würden sich jetzt auf und davon in die Großstädte machen um zu studieren.

Als ich zu dem Ball ging lebte ich wahrscheinlich den Traum tausender Mädchen, ein langes Abendkleid, Hochsteckfrisur und das Gefühl eine Prinzessin zu sein. Meine Familie begleitete mich an diesem Abend und ich hatte einfach so richtig viele Glücksmomente, weil ich mit meinen Freunden und meiner Familie zusammen war.

In den Ferien machte ich nicht sonderlich viel, traf mich mit Freunden, kochte mit meiner Schwester und wurde ein wenig melancholisch als Weihnachten sich näherte. Es fühlte sich einfach nicht an wie Weihnachten, aber meine Familie hier in Kolumbien bemühte sich sehr, damit ich kein Heimweh bekam. Weihnachten hat ihr tolle Traditionen. Neun Tage vor Weihnachten beginnen die Novenas, jeden Abend trifft man sich zum gemeinsamen Singen, Essen und Beten. Man macht dies mit Freunden und Familie und jeder bekommt auch eine Rassel in Form eines Weihnachtsmann in die Hand gedrückt und den Gesang zu begleiten.

Der Heilig Abend ist sich sehr ähnlich, wie ich es schon kannte. Also man sitzt zusammen vor dem Baum und packt Geschenke aus. Danach haben wir noch Karaoke gemacht, was sehr lustig mit meiner Familie ist, weil niemand so wirklich mit dem Talent einer schönen Stimme gesegnet ist. Die nächsten Tage verbrachten wir viel mit der Familie.

Drei Tage vor Silvester gingen meine Schwester und ich und eine Gruppe von Freunden dann gemeinsam zu einem Waisenhaus und beschenkten die Kinder dort mit Schlafanzügen, Kuscheltieren, Spielen und Essen. Danach bauten wir ihnen eine Hüpfburg auf und wer wollte konnte sich von uns Schminken lassen. Die Leiterin dieses Hauses, welches das Alles freiwillig macht, erzählte uns viele Geschichten der Kinder und warum diese hier sind. Eine Geschichte erschreckte mich furchtbar. Ein kleines Mädchen mit 3 Jahren musste mit ansehen, wie seine Eltern erschossen wurden, danach kam es mit seinen Geschwistern hierher. Ich bin sehr dankbar, dass ich auch die Chance habe diese Teile der Welt zu sehen und nicht nur die Wattebällchen Version. Das Neue Jahr rückte immer näher und ich kann kaum glauben wie schnell die Zeit verging.

Silvester wird hier mit vielen Traditionen gefeiert, die durchaus sehr lustig sind. Eine Freundin der Familie drückte mir am Abend des 31. eine Packung in die Hand und sagte: „ Hier, geh und zieh dich um.“ Total verwirrt machte ich die Packung auf und der Inhalt entpuppte sich als Unterhose, eine gelbe Unterhose. Später wurde mir dann erklärt, dass in der Silvesternacht alle Frauen eine gelbe Unterhose tragen, weil das Glück bringen soll. Um Mitternacht muss man dann viele Dinge auf Einmal tun, allen ein neues Jahr wünschen, 12 Weintrauben essen und sich für jede einzelne was Wünschen und mit einem Koffer ein paar Runden laufen, damit man im nächsten Jahr viel auf Reisen geht. Es war eines der schönsten Neujahrsnächte die ich je hatte.

Die nächsten Wochen ging ich hauptsächlich auf Abschiedsfeiern von Freunden und fast jedes mal musste ich aufs Neue weinen, sehr schlimm war es bei einem Freund, der zum Flugmilitär ging und 3 Monate mit niemanden kommunizieren kann. Er war in den Monaten hier, wie ein Bruder für mich geworden und das selbst in den Monaten, als ich noch ein sehr wortkarges Spanisch hatte. Eine Freundschaft wie diese hat mir gezeigt, dass Sprache total egal sein kann.

In 2 Wochen geht die Schule nun wieder los und für mich heißt es Neues Jahr, neue Klasse, neue Freunde. Ich habe etwas Angst davor, aber eigentlich freue ich mich auch sehr neue Leute kennenzulernen.

Danke Rotary für all das was ihr mir hier schenkt, Familie, Freunde und einfach ein besseres Ich. Ein Spezielles Danke natürlich an meinen Distrikt 1880 und meine Rotary Club Meißen, die mich aufgenommen und dann weggeschickt haben.

Die herzlichsten Grüße Juliane Herrmann.

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