Mexiko – 2. Bericht von Fanny

Die Zeit hier vergeht schneller als im Flug! Ich kann es immer noch nicht fassen, und will es eigentlich auch gar nicht, dass bereits viereinhalb Monate meines Austauschs um sind. Seit meinem letzten Quartalsbericht hat sich viel ereignet und verändert – einiges leider auch zum schlechten.

Aber jetzt erst einmal alles Positive. Was habe ich alles so gemacht?

Über das letzte Septemberwochenende bin ich mit meinem Club nach Zacatecas, einen benachbarten Bundesstaat, gefahren. Dort haben wir mit weiteren Austauschschülern aus einer anderen Stadt in einem traditionellen Landhotel übernachtet. Gemeinsam haben wir eine Wanderung unternommen, haben eine archäologische Ausgrabungsstätte besucht und sind umgeben von wunderschöner Landschaft Boot gefahren. Es war einfach ein richtig schönes Wochenende.

Auch wenn es mir bereits wie vor einer Ewigkeit herkommt, hatte ich seit dem letzten Quartalsbericht Geburtstag. Ehrlich gesagt hatte ich vor meinem Geburtstag richtig Angst – wenn man noch nicht so lange in einem anderen Land ist, fernab von seiner Familie und all seinen Freunden, ist es etwas ganz anderes Geburtstag zu haben. Aber meine Sorgen waren komplett unberechtigt. Mein Geburtstag war wunderbar! Mein Schultag war der beste, denn ich glaube ich in Mexiko je hatte: alle haben mir gratuliert, meine Freunde haben mir eine kleine Geburtstagstorte mitgebracht und ich habe sogar ein paar Geschenke und Luftballons bekommen. Nach der Schule hat mich meine Gastfamilie mit einem Trip überrascht. Den restlichen Tag haben wir in einer anderen Stadt verbracht, haben dort eine Miene besucht und sind anschließend noch Essen gegangen. Ich war einfach ein rundum glückliches Geburtstagskind! Und habe sogar erstaunlich viele Geschenke bekommen …

Das nächste große Ereignis war für mich eine Reise nach Oaxaca, einen Bundesstaat ganz im Süden von Mexiko. Die Reise kam für mich mehr als nur überraschend, denn ich bin weder mit Rotary noch mit meiner Gastfamilie verreist. Eingeladen wurde ich von Katharina, der anderen Dresdnerin die mit mir in Aguascalientes lebt. Ihre Familie hatte ihr angeboten, eine Freundin mit in den Urlaub zu nehmen. Natürlich habe ich mich wahnsinnig darüber gefreut, dass die Wahl auf mich gefallen ist! Unsere Reise startete am 30.10. Unser erste Zwischenstopp waren die Pyramiden in Teotihuacá. Dort befinden sich ein großer prähispanischer Komplex mit zwei sehr berühmte mexikanische Pyramiden, der Sonnenpyramide und der etwas kleineren Pyramide des Mondes. Beide haben wir erklommen, ausgestattet mit einem Sombrero gegen die stechende Sonne. Nach einigen weiteren Stunden Autofahrt und einer Übernachtung in Puebla haben wir dann endlich unser Ziel erreicht, die Stadt Oaxaca de Juárez. Von dieser haben wir in der folgenden Woche Tagestouren unternommen. So haben wir eine weitere Pyramidenstätte, Monte Alban, besichtigt und haben einen Ausflug zu versteinerten Wasserfällen unternommen. Außerdem haben wir den breitesten Baum der Welt besucht, der zudem älter als 2000 Jahre ist und eine Töpferei für `Schwarze Keramik´. Aber auch die Stadt an sich ist faszinierend. Sofort verliebt man sich in die bunten Straßenzüge mit den traditionellen Häusern. Sie ist komplett anders als Aguascalientes.

Insgesamt unterscheidet sich der Norden und der Süden von Mexiko völlig, fast wie zwei andere Welten. Nicht nur die Häuser sind anders, auch die Mentalität der Menschen und das Essen ist anders. Der Norden, zu dem Aguascalientes den Anfang bildet, ist deutlich mehr kolonial geprägt und steht unter einem riesigen Einfluss der USA. Der Süden hingegen ist deutlich traditioneller und ehrlich gesagt mehr wie das Mexiko, was ich mir vorgestellt habe. Oaxaca soll außerdem das beste Essen Mexikos haben. Und es ist wirklich lecker! Besonders berühmt für Oaxaca ist Mole, eine ganz spezielle mexikanische Soße mit über 100 verschieden Zutaten, unter anderem Schokoladen. Auch `Chapulines´, Heuschrecken, gellten als Köstlichkeit. Natürlich habe ich es mir nicht entgehen lassen sie zu probieren – sie werden definitiv nicht zu meinem neuen Lieblingsessen, schmecken aber deutlich besser als ich dachte. Die Nacht vom 1. auf den 2. November ist in Mexiko etwas ganz besonderes. In dieser wird der `Día de los muertos´ begangen. Deshalb war in der Stadt die ganze Woche etwas los. Es gab viele Umzüge durch die Stadt mit mexikanischer Musik, zu der Leute in wilden Kostümen getanzt haben, außerdem Mariachis und eindrucksvolle Tanzpräsentationen. Der Tradition zufolge besuchen einen in dieser Nacht seine verstorbenen Vorfahren. Deshalb baut man traditioneller Weise einen kleinen Altar in seinem Haus auf, auf dem die Fotos der Verstorbenen stehen sowie Essen. Der Disneyfilm `Coco´ gibt diese Tradition eigentlich haargenau wieder. Dieser Film war übrigens der absolute Kassenschlager in Mexiko, für sicher einen Monat war wirklich jede Vorstellung ausverkauft!

Auch ich sah am `Día de los muertos´ nur halblebendig aus. Ich war mit dem traditionellen Make-up geschminkt, was an einen Totenschädel erinnert. Zusammenfassend kann man sagen, dass ich die Reise über alles genossen habe. Auch war sie die perfekte Möglichkeit einmal meinem sich ziehenden Schulalltag zu entkommen und vor allem auch meinem Familienleben. Jetzt kommen wir zu dem weniger schönen Teil über. Bereits in meinem letzten Quartalsbericht habe ich erwähnt, dass sich mein Familienleben recht oft sehr schwierig gestaltet und die Situation mit meiner Gastmutter äußerst schlecht ist. Jetzt ist sie eskaliert!

Unsere Gastmutter – nur noch einmal kurz zur Erinnerung, ich habe die letzten Monate mit einer weiteren Austauschschülerin, mit Gabby aus den USA ,zusammengelebt – hat es schamlos ausgenutzt, dass man sich als Austauschschüler deutlich schlechter wehren kann. Ehrlich gesagt sind wir uns vorgekommen wie Aschenputtel! Durch uns hatte unsere Gastmutter zwei kostenlose Haushaltshilfen gewonnen. Wir mussten sogar mehr putzen als unsere Putzfrau. Und selbstverständlich als unsere Gastmutter, welche eigentlich fast immer zu Hause war, weil sie keinen richtigen Job hat. Der Putzfrau wurde übrigens aufgetragen unseren Bereich des Hauses und unsere Zimmer nicht zu putzen. Außerdem waren wir die lebendige Spülmaschine, sämtlichen Abwasch unserer Familie durften wir erledigen und das mit dem Verbot wenigstens gemeinsam abzuwaschen. Es wäre aber ja nicht so, dass wir keine Spülmaschine im Haus hätten, die durften wir aber nicht benutzen um Wasser zu sparen. Apropos Wassersparen, Gabby und ich durften uns nicht im Haus duschen. Täglich mussten wir zu dem exklusiven Sportclub gehen zu dem wir Zugang hatten. Für unsere Wäsche waren wir sowieso komplett allein zuständig. Man kann also auch in Lateinamerika die Erfahrung machen, mehr mit helfen zu müssen als zu Hause.

Aber dieser Teil ist nicht der schlimmste. Der ist, wie sie uns behandelt hat. Unsere Gastmutter hat uns beide über alles gehasst und uns das auch immer spüren lassen. Selbst unser Gastvater hat uns anvertraut, dass sie uns nie leiden konnte. Und das grundlos! Oder nicht ganz. Sie ist neidisch auf uns. Das kommt jetzt unglaublich lächerlich rüber, aber es ist die Wahrheit: Gabby kommt aus den USA. Und das ist schon Grund genug. Unsere Gastfamilie ist unglaublich auf die USA fixiert und würde liebend gerne in den USA leben. Denn jeder weiß, in den USA ist einfach alles besser! Deswegen haben wir in den letzten Monaten auch von unserer Gastfamilie nicht wirklich viel von dem „typischen mexikanischen Leben“ mitbekommen. Und dann hatte Gabby sogar noch einen Freund, der Mitglied im Schulfootballteam war – der absolute Traum unserer Gastmutter. Dass das Leben aber in Realität nicht wirklich so aussieht wie in amerikanischen Highschoolfilmen, wollte unsere Gastmutter nicht hören. Und ich bin groß, habe helle Haare (zumindest hier in Mexiko) und helle Augen – und entspreche damit der Person, die mein Gastvater zur Freundin haben wollte als er jung war. Mir kommt das alles vor wie in einem schlechten Film.

Besonders schlimm ist die Situation immer dann geworden, wenn mein Gastvater gerade auf Dienstreise war. Und das war er auf Grund seines Jobs recht oft. Wir beide hatten Glück. Da sich unser Gastvater zwischenzeitlich den Fuß gebrochen hatte, konnte er für anderthalb Monate nicht verreisen. Das ist glaube ich auch der Grund, weshalb wir es so lange in der Familie ausgehalten haben. Unser Gastvater war der einzige, neben unserer 12-jährigen Gastschwester, der uns Rückhalt gegeben hat.

Wenn mein Gastvater aber wirklich nicht da war, wurde die Situation für uns grauenvoll. Unsere Gastmutter hat uns noch respektloser behandelt als sonst und wir konnten noch häufiger das Haus nicht verlassen, weil wir entweder putzen oder auf unsere zwei kleinen Geschwister aufpassen mussten.

Eigentlich wurde mir von meiner Familie verboten darüber mit irgendjemanden zu reden, aber ich denke, diesen schwerwiegenden Punkt kann man einfach nicht verschweigen. Und auch meiner Gastfamilie hätte klar sein müssen, dass man mit der Teilnahme an Rotary ein Stück seiner Privatsphäre verliert. Meine Gastmutter hat starke mentale Probleme, und dass nicht nur seit Austauschschüler in der Familie leben. Das hat ihren Zustand aber definitiv nicht verbessert. Da Gabby und ich uns mit unserer kleinen Gastschwester sehr nahe stehen, wissen wir auch über das Leben in der Familie in der Vergangenheit bescheid. Und schon da gab es mehr als genug Probleme. Ehrlich gesagt hätte diese Familie nie für den Rotaryaustausch zugelassen werden dürfen. Selbst unser Gastvater hat zugegeben, dass diese „Familie“ keine wirkliche Familie mehr ist. Und es war wirklich auffällig, sobald unsere Gastmutter mal nicht im Haus war, herrschte eine völlig andere Atmosphäre, eine freundliche, in der man gerne leben würde.

Wir sind uns ziemlich sicher, dass unsere Gastmutter unter starken Depressionen leidet, sowie auch bipolar ist. Und das ist wirklich keine gute Mischung. Nie konnte man sicher sein, in welcher Stimmung sie sich gerade befindet, wenn man nach Hause kommt und man fürchtete sich immer davor, dass die Stimmung im nächsten Augenblick kippen könnte. Mit der Zeit hatten Gabby und ich uns an die Situation mehr oder weniger gewöhnt: Unsere Gastmutter hatte bereits nach dem ersten Monat aufgehört mit uns zu reden, abgesehen davon um uns Anweisungen zu geben oder uns zu sagen, was wir mal wieder falsch gemacht hätten. Und da gab es wirklich lächerliche Beispiele: So habe ich doch wirklich einmal den falschen Zucker genommen. Natürlich wusste ich nicht, dass exakt dieser Zucker für meinen kleinen Gastbruder reserviert war. Hat mir ja vorher niemand erklärt. Auch hielt es unsere Gastmutter stets für eine gute Idee, vor uns schlecht über uns zu reden. Öfters musste sie erwähnen, dass wir ja überhaupt nichts mit im Haushalt machen würden (?!!!!) und was wir doch für eine schlechte Bildung und für ein schlechtes Benehmen hätten. Obwohl wir wie der letzte Dreck behandelt wurden, sind wir stets freundlich geblieben und haben sogar täglich `Buenos días, Buenas noches´,etc. gewünscht – ohne, abgesehen von einem eisigen Blick, je eine Rückantwort von ihr erhalten zu haben.

Nie hätte ich mir vorgestellt, dass mein Auslandsjahr mich vor solche Erfahrungen stellt. Hier in Mexiko bin ich so unglücklich gewesen, wie noch nie zuvor und habe auch mehr geweint, als je zuvor in meinem Leben – und das alles nur auf Grund von einer Person! Noch nie hatte ich es je erlebt, dass mich jemand wirklich gehasst hat … aber auch ich habe hier hassen gelernt. Mit den Ferien ist die Situation dann endgültig eskaliert. Mein Gastvater war mal wieder auf Dienstreise. Es gab nie viel Essen in unserem Haus und wenn unser Gastvater nicht da war noch weniger. In der ersten Ferienwoche gab es dann aber wirklich nur noch Wasser und Toast mit Salz – oder zu mindestens für Gabby und mich. Meine Gastmutter hat mit unseren Geschwistern eigentlich immer, natürlich ohne uns, außerhalb gegessen. Da wir auch nie über die Pläne unserer Gastmutter informiert wurden und wir selbst zum Haus keinen Schlüssel hatten, war es uns außerdem fast unmöglich das Haus zu verlassen. Einen halben Tag waren wir sogar komplett ohne Essen allein im Haus eingesperrt!

Spätestens nach dieser Erfahrung hatten wir den Entschluss gefasst, so schnell es geht die Familie zu wechseln. Das haben wir dann auch unserem Gastvater gesagt: dass wir nicht länger bleiben wollen, weil es sich anfühlt wie vergeudete Zeit und das wir es auch nicht mehr können. Gabby konnte nicht mehr schlafen und ich hatte des öfteren Panikattacken. Er bat uns noch zu bleiben und hat sich tausendmal dafür entschuldigt, dass die Situation so außer Kontrolle geraten ist. Auch hat er uns gefragt, wie er die verbleibende Zeit für uns besser gestalten kann. Aber da war einfach nichts mehr zu machen, und auch das tonnenweise gekaufte Essen konnte an dem eigentlichen Problem, dass wir durch die Behandlung unserer Gastmutter ernsthaft krank werden, nichts ändern. Unser, für Gabby und mich zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon besiegelter vorzeitiger Wechsel, wurde dann aber noch einmal herausgeschoben. Durch einen gemeinsamen Familienurlaub!

Für eine Woche ging es für uns, wie auch schon in unserer ersten Woche hier, an den Strand. Nach Puerto Vallarta, ein schöner Badeort am Pazifik. Dort durfte ich das erste Mal in meinem Leben ein riesiges 5-Sterne-Resort kennenlernen. Die folgende Woche habe ich unglaublich genossen, das Meer, all die Pools und die Wärme. Denn obwohl die Temperaturen nach wie vor täglich die 20°C überschreiten, sind die Temperaturen in der Nacht zwischenzeitlich sogar auf -5° runtergegangen. Auch das Familienleben war erträglich. Glücklicher Weise waren wir nicht nur allein mit unserer Familie verreist, sondern auch mit den Großeltern und der Tante mit Familie. Wir alle haben zusammen in einem riesigen Appartement gelebt. Aber selbst vor der gesamten Familie (allerdings die Familie unseres Gastvaters) hatte es unsere Gastmutter nicht nötig mit uns zu reden. Sie konnte beim Essen noch nicht einmal neben mir sitzen oder Sachen von uns entgegenzunehmen. Über allem war der Urlaub aber unglaublich schön, auch wenn ich mir zwischen all dem Luxus ziemlich fehl am Platz vorgekommen bin. Nur eine Sache ist zwischen all den Palmen und dem Rauschen des Meeres gänzlich verschwunden: das kleinste bisschen Weihnachtsgefühl, was ich hier in Mexiko aufbringen konnte.

Und dann stand Weihnachten vor der Tür. Am Abend des 23.12. sind wir von unserem Strandurlaub nach Aguascalientes zurückgekehrt. Den Morgen von Heilig Abend habe ich damit verbracht, meine Weihnachtsgeschenke für meine Gastfamilie und Gabby noch fertigzustellen. Zum Mittagessen waren wir dann noch als Familie gemeinsam Tacos essen. Am Nachmittag haben wir anschließend mit unseren Gastgeschwistern noch einen Weihnachtsfilm geschaut, `Der Grinch´. Richtig Weihnachten folgte dann mit dem Kirchbesuch um 6 Uhr. Es war interessant die Weihnachtsgeschichte einmal auf Spanisch zu hören. Anschließend sind wir zur Großfamilie von unserem Gastvater gefahren. Es waren unglaublich viele Leute anwesend, von denen ich abgesehen von den Großeltern aber niemanden kannte. Das hieß zur Begrüßung sicher 40 unbekannten Mexikanern ein Küsschen auf die Wange geben (die typische mexikanische Begrüßung). Weihnachten startet in Mexiko richtig exakt um Mitternacht. Dann wünschen sich alle ¡Feliz navidad! und jeder umarmt jeden. Möglicher Weise habe ich einige auch doppelt umarmt, bei so vielen unbekannten Mexikanern ist das gut möglich. Aber jeder weiß, doppelt hält besser! Und dann wurde das große Weihnachtsessen eröffnet. Es gab Truthahn und Nudeln mit einer grünen Chilisoße, einen Salat mit Erbsen, Möhren, Mais und Mayonnaise. Außerdem einen Apfelsalat mit Nüssen. Mein Favorit aber war `Bacalao´, ein Gericht aus getrocknetem und gesalzenem Kabeljau, der mit Kartoffeln, Kapern und Oliven verfeinert wird. Klingt jetzt vielleicht nicht lecker, schmeckt aber wirklich gut. Und natürlich `Ponche Navideño´. Ponche ist der mexikanische Weihnachtspunsch, in dem Apfel, Zuckerrohr und Guajaba, eine kleine gelbe Frucht, enthalten ist – einfach nur köstlich! Nach dem reichhaltigen Essen wurden dann die Geschenke ausgepackt, oder besser gesagt verteilt. Bei jedem Geschenk wird einzeln vorgelesen von wem es ist und an wen und der Betreffende darf sich dann unter lauten Jubelrufen der anderen sein Geschenk abholen. Bei so vielen Leuten ist das eine nachfüllende Angelegenheit. Die Bescherung in der gesamten Großfamilie haben wir aber vorzeitig verlassen und sind anschließend für unsere eigene kleine Bescherung ins Haus der Großeltern gefahren. Alle haben sich über meine Geschenke sehr gefreut (natürlich mit einer Ausnahme) und auch ich habe schöne Geschenke bekommen. Gegen halb fünf sind wir dann endlich zu Hause angekommen und konnten erschöpft in unsere Betten fallen. Insgesamt hatte ich ein schönes Weihnachtsfest, vor allem weil auch meine Gastmutter fast die ganze Zeit nicht da war (sie war bei ihrer Mutter). Aber selbst zu Weihnachten hatte unsere Gastmutter nichts Nettes für uns übrig.

Nachdem Rotary für lange Zeit überhaupt nichts gemacht hat, hat es dann aber äußerst schnell gehandelt. Rotary hier wusste schon seit langer Zeit über unsere Probleme bescheid, ist aber erst dann etwas aktiver geworden, nachdem Rotary aus den USA etwas Druck gemacht hat. Insgesamt haben wir viel Unterstützung und Zuspruch von Rotary aus den USA erhalten. Am 26.12. haben wir Leuten von Rotary hier eine Nachricht geschrieben, weil wir sichergehen wollten, dass Rotary möglichst bald mit unserem Gastvater spricht. Aber zu diesem Gespräch ist es nicht mehr wirklich gekommen, weil wir noch am selbigen Tag von Rotary aus unserer Familie rausgezogen wurden. Mein Gastvater war darüber enttäuscht, dass wir wirklich eher wechseln, aber ich denke, er sollte das nachvollziehen können. Mit meiner Gastmutter hatte ich noch ein äußerst merkwürdiges Erlebnis. Nachdem sie wusste, dass wir noch heute die Familie wechseln (was ich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht wusste), hatte ich mit ihr ein sicher dreißigminütiges Vieraugengespräch, was mir ehrlich gesagt ziemlich manipulativ vorkam. In diesem hat sie sich die ganze Zeit bei mir entschuldigt und mir die ganze Zeit beteuert wie wichtig ich ihr doch wäre und dass ich wie eine Tochter für sie bin. Nur komisch, dass ich davon die gesamten letzten Monate überhaupt nichts gespürt habe. Ihr Verhalten hat sie damit zu begründen versucht, dass sie neidisch auf mich ist, weil sie gerne meine Eigenschaften hätte und gern so wäre wie ich. Noch den gesamten Tag war sie mehr als nett zu mir, was mir aber ziemlich falsch und heuchlerisch vorkam – vergleichbar maximal mit meinem ersten Tag hier in Mexiko. Sie war auch die ganze Zeit um mich herum und wollte mir auch beim Kofferpacken helfen (für das hatte ich übrigens nur anderthalb Stunden zeit). Das wollte ich aber absolut nicht, denn nur sie war der der Grund warum ich vorzeitig wechseln wollte. Und außerdem, kann jemand es wirklich damit wieder gut machen, indem er zu einem an einem halben Tag übermäßig nett ist, nachdem man jemanden für über vier Monate wie den allerletzten Dreck behandelt hat und demjenigen das Leben zur Hölle gemacht hat?! Ich hoffe einfach, dass wir unsere gute Beziehung zu unserem Gastvater und unseren Gastgeschwistern dennoch aufrecht erhalten können.

Aber jetzt hat meine eigene kleine mexikanische Horrorgeschichte erst mal ein Ende! Bis zum regulären Familienwechsel lebe ich jetzt in einer anderen Familie. Diese ist unglaublich nett und hat drei Kinder in meinem Alter mit denen ich mich gut verstehe. Gabby und ich sind leider separiert. Das wird sicher erst einmal komisch werden. Denn wenn ich hier zwar definitiv keine neue Familie bekommen habe, eine große Schwester habe ich auf jeden Fall gewonnen! Aber jetzt kann ich erst mal durchatmen und noch einmal in Ruhe von vorne beginnen.

Zum Schluss noch, was kann ich den neuen Outbounds mitgeben?

Erst einmal, jedes Auslandsjahr ist anders! Natürlich unterscheidet es sich unglaublich zwischen den unterschiedlichen Ländern. Aber auch die Stadt die einem zugeteilt wird, kann riesige Unterschiede machen. Und dann natürlich deine neue Schule und Familie. Sowie in der Familie als auch in der Schule werdet ihr einen wesentlichen Bestandteil eures Auslandsjahres verbringen und ihr könnt Glück haben oder eben auch nicht.

Ich bin da vielleicht ein Extrembeispiel, denn niemand hätte je damit gerechnet, dass ich hier eine komplett kranke Gastmutter bekomme. Aber auch solche Erfahrungen kann man machen …

Deshalb, wer ein Auslandsjahr machen will muss stark sein! Niemand kann einen auf das vorbereiten, was einen erwartet. Und jeder wird durch schwere Zeiten gehen. Denn auch wenn einem sein Leben zu Hause gerade nicht perfekt vorkommt, im Auslandsjahr wird man bemerken, dass es ziemlich perfekt war!

Aber auf der anderen Seite öffnet einem ein Leben in einem anderen Land so viele neue Türen, man lernt so viele neue Leute kennen mit denen man unglaublich tolle Erlebnisse teilt. Man sieht die Welt noch einmal mit ganz anderen Augen.

Also, Auslandsjahr ist eine super Idee, man sollte sich aber auch darüber klar sein, dass nicht immer alles einfach sein wird und dass seine Welt einmal komplett auf den Kopf gestellt wird!

Aber jetzt genieße ich erst einmal meine letzten drei Wochen Ferien und wünsche euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Schreibe einen Kommentar