USA – 3. Bericht von Till

Wie immer zu spät und außerdem vollkommen übermüdet widme ich nun meinem dritten und somit leider auch schon vorletzten Quartalsbericht. Dass in letzter Zeit viel passiert ist, brauche ich wohl kaum noch zu erwähnen, und auch, dass ich schon jetzt Tränen in den Augen habe, wenn ich nur im Geringsten an Abschied denke, sollte keine Ungewöhnlichkeit darstellen. Glücklicherweise ist es jedoch noch nicht ganz Zeit sich diesem Thema hinzugeben und der Plan für die nächsten Monate, den ich persönlich mir gesetzt habe, ist zwar simpel, jedoch präzise: Nutze jeden Augenblick den du hier noch hast.

Kurze Zusammenfassung der letzten Monate: Neben dem ERSTEN großen Regenschauer bisher, zwei Flügen im Sportflugzeug meines Freundes und einigen wunderbaren Treffen mit all den anderen Austauschschülern, war wohl die Reise zum Mammoth Mountain, ein sehr sehr großes und schönes Skigebiet im Norden Kaliforniens, das größte Highlight. Ganz im Motto der verrückten Ami‘s fällt alles hier etwas größer aus. Zum einem fährt man sechs Stunden gerade nordwärts und befindet sich immer noch im selben Staat, zum anderen aber hat Skifahren, beziehungsweise für die meisten hier Snowboarden, nochmal etwas andere Dimensionen. Hier gibt man sich nicht mit dem durchschnittlichen deutschem Skigebiet zufrieden, sondern muss gleich nach dem Motto „wenn schon, denn schon“ direkt mit der Gondel auf 11.000 Fuß, entsprechend 3350 Meter, um auch den kompletten Kick zu bekommen. Jedenfalls bestritt ich mein Abenteuer mit Luke, meinem über Alles geliebten Gastbruder/besten Freund/…/Snowboardpartner, unserem Freund Gavin, wie auch meinem Gastvater Scott. Meiner Meinung nach waren wir die perfekte Gruppe, da wir alle auf demselben Snowboard-Level waren, jedoch umso mehr an die Grenzen gingen und unterm Strich: Es hat einfach alles perfekt gepasst. Zusammengefasst kann ich dies wohl als eine der besten Erfahrungen dieses Austausches bisher einordnen und es war sehr interessant zu sehen, wie die amerikanische Urlaubskultur so tickt (dazu zu einem andern Zeitpunkt noch mehr).

Der zweite Punkt auf meiner Liste widmet sich heute voll und ganz dem Amerikanischen Schulsystem, da ich der Meinung bin, dass dieses aus psychologischer Sicht sehr aufschlussreich ist und einige Antworten auf Fragen bezüglich des amerikanischen Lifestyles gibt. Ganz generell geht der normale Amerikaner, genau wie wir, zwölf Jahre zur Schule, wobei die ersten fünf Jahre unsere Grundschule darstellen, die nächsten drei Jahre dann die sogenannte Mittelschule und die letzten vier Jahre der Schullaufbahn verbringt man auf der berühmten High-School, auf der auch all meine Beobachtungen und Theorien beruhen. Nicht nur ist die Schule hier länger, täglich bis mindestens drei Uhr, sondern auch wesentlich eintöniger und somit leider auch langweiliger. Die sieben Stunden Schulzeit sind gerade einmal auf sechs lange Kurse unterteilt, in denen man prinzipiell jeden Tag dasselbe macht. Dazu kommt dann meistens noch ein ganzer Haufen Hausaufgaben, so dass sich die Freizeit sehr in Grenzen hält, besonders wenn man zusätzlich eine Sportart betreibt, die gewöhnlich bis zu drei Stunden, fünf Tage die Woche beansprucht. Der Kerngedanke dieses Time-Managements beruht wohl darauf, die Schüler dauerhaft zu beschäftigen, damit keine Zeit für möglicherweise dumme Ideen, beziehungsweise Entscheidungen übrig bleibt. Unglücklicherweise stellt man fest, dass sich diese fehlende Freizeit negativ auf die Schulzeit auswirkt und man nicht selten Schüler im Drogenrausch an der Schule sieht. Natürlich ist all dies nicht ganz so einfach zu sagen, da man in Südkalifornien mit Drogen- und Armutsproblemen ganz generell mehr zu kämpfen hat als in Deutschland, aber verbessert wird diese Situation durch oftmals fehlende Freizeit definitiv nicht, was mir auch einstimmig alle Einheimischen, mit denen ich dieses heikle Thema diskutiert habe, bestätigt haben. Auch ist es hier fast unmöglich, so etwas wie eine Klassengemeinschaft zu gründen, da Schulen einfach zu groß sind und man in fast jeder Stunde mit komplett neuen Schülern studiert. Dass viele Schüler deshalb mit Ausgrenzung und Einsamkeit zu kämpfen haben und deshalb zu Drogen oder anderen Mitteln greif, ist wohl kein Wunder. Trotzdem sollte ich erwähnen, dass wir Deutschen sehr verwöhnt in Hinsicht Schulausbildung sind und ich deshalb auch Alles wesentlich kritischer betrachte. Man gewöhnt sich nach und nach an die Änderungen und speziell seit dem zweiten Teil meines Austausches habe ich meine Zeit in der Schule lieben gelernt, indem ich massig neue Freunde fand, meine Freizeit maximierte und eine bessere Einstellung gegenüber des Bildungssystems bekam. Ich könnte in diesem Absatz noch Stunden weiter philosophieren und berichten, jedoch ist dieser Bericht nicht dafür geeignet und ich muss mir ja auch noch einige spannende Themen für die Zukunft aufbewahren, wie die amerikanische Waffenpolitik beispielsweise, zu der ich auch einige Nachforschungen angestellt habe.

Da ich mir sicher war, dass ein kleiner Einblick in die verrückte Kultur Amerikas spannender ist, als eine detaillierte Beschreibung meines Lebens in den letzten drei Monaten (ganz nebenbei weiß ich ja auch, dass dies all meine Leser nur unglaublich neidisch machen würde und das will ich niemandem zumuten), entschloss ich mich diesen etwas anderen Quartalsbericht zu schreiben. Ich freue mich jetzt schon unglaublich auf meine große Abschlussreise durch die ganzen USA am Ende meines Austausches, genauso wie auf jeden Augenblick, den ich bis dahin noch habe. Abschließendes Zitat: Wer die Welt bewegen will, sollte erst sich selbst bewegen. -Sokrates

Till Sandkühler, 01.04.2018, 3. Quartalsbericht

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