USA – 2. Bericht von Anne

28. Dezember 2018

Liebe Outbounds,

ihr habt eine wirklich mutige und aufregende Entscheidung getroffen. Ihr wollt wirklich ein ganzes Jahr lang ganz weit weg von euren Eltern und eurer gewohnten Umgebung verbringen und das Abenteuer eures Lebens erleben. Sicherlich seid ihr schon ziemlich aufgeregt und wisst noch nicht so ganz was euch erwarten wird. So ging es mir jedenfalls… Mein jüngeres Ich hat sich aber gedacht: „Das ganze Jahr wird bestimmt mega toll, ich werde so viele neue Freunde finden und komme endlich mal raus aus diesem öden Deutschland. Heimweh werde ich wahrscheinlich nicht so viel haben, da ich ja nicht für immer weg bin. Und außerdem wird es ja sowieso das beste Jahr meines Lebens, also wovor sollte ich Angst haben?!“ Ja, ungefähr so sind die Gespräche in meinem Kopf vor diesem Auslandsjahr abgelaufen. Als ich hier dann allerdings ankam, sah das Ganze komplett anders aus… Ich habe das mit dem Heimweh echt unterschätzt. Das Schlimme ist, dass euch niemand darauf vorbereiten kann. Heimweh ist, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen, fast noch schlimmer als Liebeskummer. Nur dass ihr mal einen Vergleich habt. Ich meine, natürlich kann es sein, dass ihr kein ganz so gutes Verhältnis zu euren leiblichen Eltern habt oder dass ihr in eurem Jahr so sehr abgelenkt seid, dass ihr gar nicht wirklich an zu Hause denkt. Aber wenn euch das Heimweh doch mal erwischen sollte, habe ich hier ein paar Tipps für euch, die helfen könnten diese Zeit (oder Phasen) zu überstehen. Außerdem habe ich einmal gesammelt, was euch sonst noch so interessieren könnte und nützliche Informationen, die ich gerne vorher gewusst hätte.

Tipps gegen Heimweh:

1. Schränkt den Kontakt nach Hause ein! Ich weiß, ich weiß, das wurde euch von Rotary längst eingetrichtert aber es ist wahr! Je mehr Kontakt ihr mit eurer Familie und Freunden in Deutschland habt, desto mehr vermisst ihr sie. Ihr könnt ihnen nicht alles aus eurem neuen Leben mitteilen. Und sie werden auch nicht alles verstehen können. Und das ist frustrierend. Also lasst es einfach. (Hinweis: Ihr solltet euren Freunden allerdings bevor ihr fliegt Bescheid sagen, dass ihr nicht zu viel Kontakt haben wollt – nicht, dass sie sonst beleidigt sind)

2. Haltet euch fern von den Instagram oder Snapchat Accounts eurer Freunde. Gebt ihnen erst gar nicht eure Auslandshandynummer. Es macht nur unglaublich traurig zu sehen, wie viel Spaß sie ohne euch haben.

3. Redet mit euren Gasteltern, Counselor und Freunden über euer Heimweh. Nur vor Ort kann dieses Problem besser gemacht werden. Und es bringt nichts das alles mit sich herumzuschleppen.

4. Sucht Ablenkung. Wenn ihr etwas mit Freunden von der Schule oder euren Austauschfreunden unternehmt, vergesst ihr euer Heimweh fast komplett.

5. Trotz allem ist es okay und völlig normal Heimweh zu haben und sich auch einfach mal alleine in seinem Zimmer verkriechen will. Nicht jeder wird es verstehen, aber jeder sollte es nachvollziehen können.

Freundschaften mit „Einheimischen“ schließen:

Nun zu den Freunden in eurem Gastland. Ihr werdet wahrscheinlich am Anfang sehr nett empfangen, ungefähr jeder will euer Freund sein und nach ein paar Woche kennt die ganze Schule euren Namen oder wenigstens euren Arbeitstitel „Der Austauschschüler/Die Austauschschülerin“. Das fühlt sich ziemlich gut an, doch seid vorsichtig! Viele Leute interessieren sich einfach nur am Anfang für euch, weil ihr etwas Besonderes, Unbekanntes aus einer anderen Kultur seid und somit ziemlich interessant. Nach ein bis zwei Monaten allerdings, bemerken sie, dass ihr trotz allem noch ganz normale Teenager seid und widmen sich wieder ihren eigenen Problemen. Trotzdem dürft ihr euch davon nicht zurückhalten lassen Freunde zu machen. Bleibt einfach immer nett und offen für Neues. Fragt die Leute aus eurer Schule, die euch sympathisch vorkommen, ob ihr mal etwas mit ihnen unternehmen könntet. Ergreift selbst Initiative! Wartet nicht bis euch irgendjemand von sich aus anspricht. Auch wenn ihr eher ein schüchterner Typ seid solltet ihr über euren Schatten springen und Leute ansprechen. Es gibt nichts Schlimmeres, als in der Schule (wo ihr euch ja über die Hälfte eures Jahres aufhaltet) keine Freunde zu haben.

Rotary Youth Exchange Freunde:

Und dann gibt es noch die anderen Austauschschüler in eurem Distrikt. Ihr werdet schnell merken, dass es so viel einfacher ist, mit diesen Leuten abzuhängen als mit Einheimischen. Schlicht und einfach aus dem Grund, da sie auch auf Freundessuche sind und genau wissen was ihr gerade durchlebt. Mit Austauschschülern hat man ohne Zweifel, den meisten Spaß. Sie sind diejenigen, die mein Auslandsjahr perfekt machen. Trotzdem solltet ihr vorsichtig sein. Wenn ihr an eurer Schule nur mit den anderen Austauschschülern abhängt, werden sich die Einheimischen nicht mehr für euch interessieren und es wird euch schwerer fallen dort Anschluss zu finden. Das ist insofern schlecht, da ihr ja die Sprache und Kultur eures Gastlandes besser kennenlernen wollt und das können euch andere Austauschschüler schlecht vermitteln. Versucht als die Balance zwischen Austauschschülerfreuden und Schulfreunden zu halten.

Die Gastfamilie:

Es kann manchmal echt schwierig sein, mit komplett fremden Leuten unter einem Dach zu wohnen. Und es dauert eine gefühlte Ewigkeit bis ihr mit eurer Familie richtig warm seid. Auch wenn sie am Anfang noch super nett zu euch sind und scheinbar die beste Gastfamilie der Welt, kann sich das nach 2 Monaten auch ändern.

Damit das nicht passiert folgt einfach diesen Empfehlungen:

1. Geht die First-Night-Questions mit euren Gasteltern durch!!

2. Helft beim Kochen mit oder beim Geschirrspülen oder welche Aufgaben sonst noch im Haus anfallen. Lasst eure Gastfamilie spüren, dass ihr euch wie zu Hause fühlt und dankbar dafür seid, dass sie euch aufgenommen haben.

3. Informiert sie immer über eure Pläne und gebt ihnen rechtzeitig Bescheid, wenn ihr irgendwo hingefahren werden müsst

4. Verbringt nicht die ganze Zeit in eurem Zimmer mit Netflix, YouTube oder Skype, sondern nutzt diese Zeit, eure Gastfamilie besser kennenzulernen. Solltet ihr wirklich mal etwas Wichtiges, Sinnvolles in eurem Zimmer zu tun haben (beispielsweise einen zu bloggen, Berichte für Rotary zu schreiben, Hausaufgaben zu machen, …) oder einfach mal alleine sein wollt, lasst es eure Gastfamilie wissen. Sie werden Verständnis dafür haben. Wenn ihr aber ohne ein Wort den ganzen Tag nicht zu sehen seid, werden sie zu 100% davon ausgehen, dass ihr nichts Produktives macht, weil „Die Jugend von heute“… Ihr wisst was ich meine, oder?

5. Solltet ihr irgendwelche kleineren Probleme haben, wie zum Beispiel, dass euch oft kalt ist in eurem Zimmer oder ihr Nackenschmerzen bekommt, weil das Kissen auf dem Ihr schlaft zu hart ist, solltet ihr das euren Gasteltern mitteilen und euch nicht damit beruhigen, dass ihr in ein paar Monaten ja sowieso umzieht. Ein paar Monate können lang sein! Und nur eure Gasteltern können etwas ändern. Also: Kommunikation ist das Alllerwichtigste!!!

Sichtweise auf Deutschland:

Bei meinem letzten Punkt geht es um unser geliebtes Deutschland. Möglicherweise werdet ihr euch jetzt denken, so toll ist Deutschland doch gar nicht. Deshalb will ich doch raus in die Welt und etwas Neues sehen. Doch während eurem Jahr „abroad“ wird euch auffallen, dass Deutschland gar nicht mal so blöd ist. Ihr werdet erstaunt darüber sein, was man alles vermissen kann. Aber ich finde, diese Erfahrung machen zu können ist sehr wertvoll. Es wird euch helfen, zu schätzen was ihr all die Jahre hattet. Auch wenn euer Gehirn alle schlechten und nervenden Sachen ausblenden wird (so tickt unser Gehirn nun mal)… Behaltet also immer im Hinterkopf, dass ihr Deutschland repräsentieren müsst und deshalb solltet ihr nicht davon erzählen, wie kalt und verklemmt Deutsche sein können, sondern erzählt mit Stolz was ihr am Deutschsein liebt. Es hilft, vor dem Auslandsjahr eine Liste zu machen und dann währenddessen immer wieder Punkte hinzuzufügen. Euch wird mehr einfallen je länger ihr weg seid. Und noch ein kleiner Tipp: Legt euch schonmal in Gedanken einen Satz in der Sprache eures Gastlandes bereit, in dem ihr beschreibt wo genau ihr in Deutschland wohnt. Das ist nämlich meistens die erste Frage die ihr gestellt bekommt.

Ich hoffe mein (relativ langer) Bericht konnte euch helfen und einen kleinen Einblick auf das verschaffen, was euch möglicherweise in naher Zukunft erwarten wird. Nicht alle Probleme, die ich hier aufgelistet habe müssen zwingend euch betreffen, aber vieles wird euch sicherlich irgendwann bekannt vorkommen. Zögert nicht mich zu kontaktieren, wenn ihr irgendwelche Fragen zum Leben als Austauschschüler oder speziell zum Leben in den USA habt (Instagram: littleanne_inthewholewideworld). Ansonsten wünsche ich euch allen ein wunderschönes Auslandsjahr mit ganz tollen Erfahrungen und aber auch Problemen an denen ihr wachsen könnt!

Eure Anne

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