Chile – 3. Bericht von Cornelia

Leider stimmt das Thema dieses Quartalsberichtes für mich nicht ganz, da ich jetzt seit genau einer Woche wieder Zuhause (in Deutschland) bin. Auch wenn es ganz angenehm ist, mal wieder mit seinen leiblichen Eltern zusammen zu sein, fühlt es sich trotzdem sehr komisch an.

Aufgrund des Coronavirus haben meine Eltern nach langem hin und her entschieden mich wieder nach Deutschland zu holen. Vor mir sind in meinem Distrikt schon viele nach Hause gegangen, doch trotzdem hatte ich das Gefühl, ich bin gerade die Einzige auf dieser Welt, welche diese einmalige Chance früher abbrechen muss. Natürlich war das nicht wahr. Allein schon in meinem Flugzeug von Santiago nach Frankfurt saßen sechs andere Austauschschüler von Rotary und mindestens fünf von AFS, welche von einem Auslandsjahr in Chile nach Deutschland zurückkehrten. 

Es schmerzt an die ganzen Sachen zu denken, die man noch machen wollte, bevor man wieder zurückkommt. Eine Reise auf die Osterinseln mit dem gesamten Distrikt, ein Tauchkurs in der Nähe meiner Stadt, meine Eltern die mich abholen wollten und eine zweiwöchige Rundreise mit mir machen wollten, oder auch kleine Dinge wie eine bestimmte Serie mit einer Freundin gucken oder nochmal in mein Lieblingsrestaurant zu gehen. Doch ich habe einen sehr typischen Fehler gemacht. Ich dachte die ganze Zeit „Ich hab ja noch genügend Zeit“, und dies wäre ja auch normalerweise der Fall gewesen, doch jetzt sitze ich hier und ärgere mich, dass ich es nicht gleich gemacht habe.

Anstatt den verpassten Chancen nachzutrauern, sollte ich besser an all die schönen Momente denken, die ich erleben durfte. Zum Beispiel bin ich für sechs Tage mit fast allen Austauschschülern meines Distriktes nach Patagonien geflogen. Die Landschaft da war unglaublich! Außerdem konnte ich dort eines meiner Lieblingstiere in freier Wildbahn beobachten (Pinguine), was in Deutschland niemals möglich wäre. Weiterhin bin ich sehr glücklich über meine zweite Gastfamilie. 

Vor meinem Auslandsjahr war es mein kleiner Traum, mindestens eine richtig nette latina Mutter und einen Hund zu bekommen. Nach meiner ersten Gastfamilie, bei welcher ich mich gegen Ende nicht sehr wohl gefühlt hatte und einen Wechsel anforderte, war ich froh nun also eine Familie bestehend aus Mutter, Sohn und Hund zu bekommen. Mit meinem Gastbruder (17 Jahre) kam ich nicht so gut klar, da er fast immer in seinem Zimmer saß und Computerspiele gespielt hatte. Meine Gastmutter ist inzwischen jedoch wie meine zweite Mutter geworden. Ich kann ihr alles anvertrauen und wir haben viel Zeit miteinander verbracht. Ebenso mit dem Hund. Seit ich klein bin wollte ich schon immer einen Hund haben und nun hatte ich endlich einen. Wie ein kleiner Beschützer hat er fast immer n meinem Zimmer geschlafen, hat mich auf Schritt und Tritt verfolgt und war ganz traurig, wenn ich zur Schule gegangen bin.

Auch wenn der Abschied von meiner Gastmutter, meiner Counsellorin und dem Hund sehr sehr traurig war, bin ich umso trauriger, dass ich mich von meinen paar Freunden nicht verabschieden konnte. Den einzigen Trost, den ich habe ist, dass meine Eltern mir versprochen haben, dass wenn die Krise mit dem Coronavirus zuende ist, wir definitiv nochmal nach Chile fliegen werden. Sie wollen diese Rundreise, welche für das Ende meines Auslandsjahres gedacht war, ebenfalls machen und natürlich auch sehen, wo/mit wem ich meine Zeit in Iquique verbracht habe.

Jetzt, nachdem ich seit einer Woche wieder in Deutschland bin, fühlt sich alles an wie ein langer Traum. Hier fühlt sich vieles komisch an, doch trotzdem als wäre ich nie weg gewesen. Es ist klar, dass es nicht einfach ist, sein Leben was man für über sieben Monate auf einem anderen Kontinent gelebt hat, einfach „aufzugeben“. Aber es ist definitiv noch härter, wenn man dies innerhalb vier Tagen machen muss und noch dazu quasi in seinem Haus eingeschlossen ist. Ich muss jetzt wohl einfach versuchen, einige Teile meines Lebens in Chile auch in meinem Leben in Deutschland unterzubringen. Doch solche Sachen wie die Gespräche mit meiner Gastmutter auf Spanisch, Gassi gehen mit „meinem“ Hund oder mit der anderen Austauschschülerin Waffeln essen gehen, sind hier einfach schlichtweg unmöglich.

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