Südafrika – 1. Bericht

Liebe Rotarierinnen, Liebe Rotarier,
ich befinde mich nun seit schon 3 Monaten in Suedafrika in und um Durban. Dieses Austauschschuljahr haben Sie mir ermoeglicht – Sie geben mir damit die Chance eine fremde Kultur, ein fremdes Land und neue Menschen kennenzulernen. Dafuer moechte ich mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken.

Zur Zeit befinde ich mich in Umkomaas. Dieses „suburb“ befindet sich ca 30 Kilometer westlich von Durban und liegt an der so genannten „South Coast“. Umkomaas hat relativ viele Einwohner, was an den vielen schwarzen Bewohnern liegt. In der Zeit der Apartheid war Umkomaas eine „weisse“ Stadt, heute leben hier Schwarze, Weisse und Farbige Tuer an Tuer. Widenham, wo ich lebe, ist ein reicher Teil von Umkomaas. Wir sind hier umgeben von Natur – afrikanischer Natur – Palmen und „Busch“. Umkomaas liegt direkt am Meer, weshalb viele Urlauber, vor allem im Sommer, hierher kommen, um zu tauchen, zu schwimmen, etc. Bis jetzt hatte ich aber noch nicht die Gelegenheit, zu schwimmen.

Meine Gasteltern besitzen insgesamt 4 Hunde – man koennte aber auch die Affen dazuzaehlen, denen man hier fast ueberall begegnet. Als Gastgeschwister habe ich 2 Schwestern. Beide leben ca 5 Minuten entfernt bei einer Gastoma, die alle nur liebevoll „Ma“ nennen. Meine Gasteltern sowie alle meine Gastfamilien sind Inder.

Ich gehe im 9 Kilometer entfernten Scottburgh zur Schule. Es ist eine eher von Weissen dominierte Schule, die jedoch auch Inderund Schwarze besuchen.
Man hat mich hier auf grund meines Alters in die 11. Klasse geschickt. Leider hat mir der Anfang des Schuljahres gefehlt, um gut mitzukommen – ich versuche aber alles aufzunehmen, so gut ich kann. Im Unterrichtsfach Afrikaans fehlen mir aber leider die Grundkenntnisse, weshalb ich im Unterricht meist an den PC gehe, um meine eMails zu lesen, da es im Haus meiner Gastfamilie keinen Computer gibt – nur in der Apotheke meiner Gastmutter. Zu diesem Computer habe ich aber relativ selten Zugang. Demnaechst werde ich mir aber ein Grundschulbuch dieser Sprache leihen, um vielleicht doch noch etwas von Afrikaans zu lernen.

Da ich weniger Probleme mit der englischen Sprache habe, komme ich im Unterricht recht gut mit. Da ich Kurse habe, wechsle ich fuer jedes Unterrichtsfach das Zimmer und lerne neue Leute kennen. Ich habe in der Schule schon ein paar Schueler, mit denen ich zwar bis jetzt noch nichts unternommen habe, bei denen ich mich aber in den Pausen aufhalte.

In den letzten 3 Wochen war ich mit dem Rotary Interact Club meiner Schule in einen Weisenhaus mit schwarzen Kindern, wo wir eine kleine „Party“ veranstaltet haben; und in einer „schwarzen“ Schule. Ihr haben wir Schulmaterial und Buecher sowie kleine Dinge fuer den taeglichen Schulbedarf, wie Taschen und Stifte aus Frankreich. Warum aus Frankreich? In einigen meiner Kurse treffe ich auf einen franzoesischen Rotary-Austauschschueler, der sein Ministerium um diese Unterstuetzung gebeten hat.

Der Durchschnitt der Schueler, die einen Kurs besuchen, liegt zumeist bei ca 30 Schuelern. Meine Faecher sind HomeEconomics (kochen, backen, naehen), Biologie, Mathematik, Englisch, Afrikaans, Life Orientation und Kunst. Sport wird nur in Sportarten nach der Schule angeboten. Diese Sportarten, die freiwillig gewaehlt werden koennen, sind vomQuartal des jeweiligen Schuljahres abhaenig. Wir haben beispielsweise Hockey, Wasser-Polo und Rugby.

An unserer Schule gibt es Schuluniformen, wie ueberall in Suedafrika. Diese bsteht fuer uns Maedchen aus schwarzen Lederschuhen, weissen Socken, hellbauem Rock und einer weissen Bluse. Wir duerfen kein Make-up oder Schmuck, ausser kleine Ohrringe, tragen. Die Jungen tragen schwarze Lederschuhe sowie graue Hosen (die wir Maedchen im Winter tragen duerfen) und weissem Hemd. Zum Blazer, der eigentlich nur bei Preisverleihungen getragen wird, gehoert noch zu den Maedchen und Jungen eine Krawatte.

Unser Schultag beginnt ca 7.45 und endet zwischen 13.30 und 14.30, abhaengig von den Wochentagen. Montags und Freitags haben wir in der 1. Pause, von denen wir 2 am Tag haben, eine Versammlung der Schule (Assembly), bei der gesungen wird und Ankuendigungen, etc. gemacht werden. Jeden Tag fahre ich mit dem Schulbus, einem alten VW-Bus, zur Schule und zurueck. Danach gehe ich meist zur Apotheke meiner Gastmutter und warte bis wir 17.00 schlissen. Hiernach gehe ich oft zum Haus meiner Gastschwestern.

Da sich mein Rotary Club meistens Mittwochs um die Mittagszeit trifft, konnte ich nur ab und an zu Abend-Meetings gehen. Der Club besteht nur aus Indern. Sie versuchen viel im Umkreis fuer die Menschen und Schulen zu tun. Beispielsweise besteht ihr jetziges Projekt aus einem Dialyse-Haus, in dem die Dialyse erschwingbar fuer Menschen sein soll, die es sich leider nicht leisten koennen.

Anfang August und am 22. September hatten wir eine Orientation fuer die KwaZulu Natal Austauschschueler, bei denen fleissig Pins getauscht und vom Leben in den Gastfamilien erzaehlt wurde. Viele haben schon Staedte und Sehenswuerdigkeiten besucht und mit ihren Gastfamilien viel unternommen. Ich habe leider bis jetzt nur eine Art Casino („Wild Coast“) besucht. Das truebt meinen Aufenthelt chon ziemlich, da ich doch eigentlich auch Suedafrika kennenlernen wollte, doch vielleicht wird das in meiner jetzigen Gatsfamilie besser. Ich durfte hier aber auch schon an indischen Gebeten teilnehmen und das teiweise fantastische Essen der Inder geniessen, wie zum Beispiel eine endlose Reihe an veschiedenen Currys und suessen Desserts. Ich habe schon 5 Kilo zugenommen, die ich im Fitnessstudio versuche, wieder „abzutrainieren“. Ausserdem wuerde ich gerne surfen und tauchen lernen.

Da ich nun langsam am Ende meines Berichtes angekommen bin, moechte ich noch von interessanten, kuriosen und weniger guten Erfahrungen und Begegnunegen berichten.

Mit Indern zusammenzuleben ist eine wunderbar interessante Erfahrung auf der einen Seite, auf der anderen manchmal ein echter „Kulturschock“. Der Zusammenhalt der Familie hat unter den Indern eine recht grosse Bedeutung. Ausserdem viel mir auf, dass, wenn Inder sagen, sie kommen in 10 Minuten, kommen sie in 30 Minuten – man sollte aber trotzdem auf ein Puenktlichsein vorbereitet sein – man weiss ja nie – und um boese Ueberraschungen zu vermeiden…:) Etwas kurioses ist mir auch schon begegnet: viele weisse Schueler meiner Schule haben helle Haut, Sommersprossen, blaue Augen und blonde, rote oder sehr helle Haare. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das ueberall n Suedafrika der Fall ist – ich gehe mal nicht davon aus.

Weiterhin wurde ich in Scottburgh High zwei mal am gleichen Tag nach meiner Verwandtschaft zu Goebbels (Hitlers „Propaganda-Mann“), aufgrund eines Nachnamens, gefragt. Diese Frage hatte ich nun uebehaupt nicht erwartet. Auf der einen Seite war ich schon ziemlich geschockt, auf der anderen finde ich es schon toll, was einige Schueler in der Schule ueber Deutschlands – meine – unsere Geschichte wissen.

Leider war das nicht der einzige „Schock“, den ich hier in Suedafrika erlebt habe – neben Kakerlaken im Zimmer, handgrossen Motten, Maids (raeumen das Haus auf Waschen die Waesche, Kochen,…), der hohen Kriminalitaetsrate und den grossen Lebensstandardunterschieden, hatte ich auch eine relativ schlechte Zeit in meiner ersten Gastfamilie. Meine Gastmutter war sehr kalt, ich hatte nur zwei kleine Gastgeschwister und so gut wie keinen Kontakt zu Gleichaltrigen. Meine Tuer im Zimmer, fuer heimlich Heiwehtraenen und Privatsphaere fehlte, dafuer hatte ich die Gebetslampe, an der jeden Tag und wenn wichtige „prayer“ anstanden, gebetet wurde. Weiterhin kam ich mit meiner Schule nicht sehr gut zurecht – ich war die einzige Weisse mit 2, 3 Freunden, die fast ausschliesslich nur nach deutschen Schimpfwoertern gefragt wurde. Ausserdem waren die Schueler recht oberflaechlich. In Chatsworth, wo meine erste Gastfamilie lebte, habe ich nie wirklich etwas in meiner Freizeit machen koennen – es gab kaum die Moeglichkeit, mich irgendwohin zu fahren oder abzuholen – oeffentliche Verkersmittel sind zu gefaehrlich. Sind wir einmal einkaufen gegangen, konnte ich selten fuer mich gehen, es drehte sich alles mehr um meine Gastgeschwister als um mich – natuerlich erwartete ich nicht, dass mir alle Aufmerksamkeit zu Teil wurde, aber ein wenig Zuwendung und Verstaendnis haette mir nicht wehgetan.

Leider wurde mir auch nichts von Suedafrika gezeigt. In meinen ersten 2 Monaten hatte ich demzufolge viel mit dem Heimweh zu kaempfen. Mitte August wurde es dann zu viel fuer mich. Ich schrieb einen Brief an meinen Placement-officer im Distrikt 9270, da ich mit meinem Counsellor keinen richtigen Kontakt davor hatte und ich deshalb keine Vertrauensbasis hatte. Der Placement-officer jedoch verwies mich auf die Rotary-Hierarchie und meinen Counsellor. Es folgten 2 Wochen mit 2 Gespraechen UNTER Rotariern und Gastfamilien sowie meinem Placement-officer und einem weiteren Rotarier aus 9270. Es war eine richtig harte Zeit fuer mich – hoffen, dass es besser wird oer sich vom Heimweh uebermannen lassen – ich war innerlich zerissen. Ausserdem sagte man mir, ich koenne die Gastfamilie, wie es eigentlich mein Wunsch war, nicht eher wechseln. Ein weiterer Knick. Vom 5. Bis zum 9.9. habe ich dann ein bisschen Zeit bei meinem Counsellor verbracht, wo mir ueberraschend offenbart wurde, dass ich die Gastfamilie am Sonntag, dem 9. September wechseln solle. Es hat sich herausgestellt, dass meine damalige Gastmutter darum gebeten hatte.

Nach vielen Heimweh- und Zweifelstunden bin ich nun hier in Umkomaas und will hier gar nicht mehr weg und zuerueck Anfang Januar in meine alte Umgebung – Chatsworth, so gut gefaellt es mir hier.

Ich moechte an dieser Stelle fuer die grosse Unterstuetzung von Freunden und bekannten sowie meines Rotary Clubs bedanken. Aber vor allem moechte ich meiner Familie danken, die hinter jeder meiner Entscheidungen standen, mir den Ruecken gestaerkt und mit Rat und Tat kraeftig zur Seite gestanden und sich fur mich eingesetzt und mich verstanden haben. Ich weiss nicht, was ich ohne sie gemacht haette.

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