Kolumbien – 1. Bericht von Juliane

Liebe Rotarier und Freunde,

Ich bin jetzt schon genau 49 Tage in Kolumbien und an jedem Tag habe ich etwas erlebt, was mir noch eine Weile in Erinnerung bleibt. Hier ist alles so anders, dass mich selbst die kleinsten Dinge aus der Fassung bringen. Ich werde jetzt einmal zusammenfassen, wie es mir hier ergeht und da fange ich einfach mal ganz von Vorne an.

Am 12. 08. 2016 ging für mich die Reise am Flughafen in Dresden los, die Zeit bis zu diesem Moment verging so schnell, dass ich es nicht schaffte mich vollständig von Allen zu verabschieden, aber von der größeren Hälfte, es flossen auch einige Tränen.

Zusammen mit Jannis und Anna saß ich dann im Flugzeug in Richtung Frankfurt am Main, dort stießen wir dann auf die anderen Outbounds, welche sich mit mir auf den Weg nach Kolumbien machten. Unser Flug nach Bogotá dauerte 12 Stunden in denen ich Zeit hatte nervös zu werden.

Ich war sehr gespannt was mich erwartet und was dieses Jahr in Kolumbien so mit sich bringt.

Wir unterhielten uns alle sehr aufgeregt über die Informationen, die wir bis jetzt hatten, tauschten uns über Gastfamilie und Stadt in Kolumbien aus. Es waren anstrengende aber auch sehr nette Stunden im Flugzeug, trotzdem waren wir alle sehr erleichtert als wir dann die flimmernden Lichter Bogotás sahen. Der Anblick war wunderschön, die Lichter verteilten sich überall und sogar die Berge waren mit Lichtpunkten bedeckt. Bogotá ist eine riesige Metropole, einer der größten Städte in denen ich je gewesen bin.

Als ich aus dem Flugzeug ausgestiegen bin, war ich richtig aufgeregt und wollte einfach dass alles schnell geht, aber da hat der unorganisierte Zoll leider nicht mitgemacht.

An den Fenstern der Eingangshalle konnte man schon Willkommensschilder und eine Menge an Leuten erkennen.

Meine Familie schloss mich so herzlich in die Arme, wie ich es mir nur wünschen konnte.

Am Flughafen waren meine Gastschwester Gabriela, mein Gastbruder Juan David, meine Eltern, meine Cousine und die Freundin meines Bruders. Sie waren sofort so sorgsam mit mir, wie mit ihrer eigenen Schwester, Tochter…

Mein Spanisch stellte sich sehr schnell als schlecht heraus und das erste Wochenende, welches wir in Bogotá verbrachten, redeten sie fast nur Englisch mit mir, also meine Cousine und mein Bruder. Ich war sehr müde von der langen Reise, deswegen konnte ich leider das Grillen an meinem ersten Abend nicht so ganz genießen, obwohl extra noch ein Klassenkamerad von mir gekommen war.

Wir haben jeden Tag etwas unternommen und mir wurde viel über Bogotá und Kolumbien erzählt. Wir waren in der Kathedrale aus Salz, in einem sehr berühmten kolumbianischen Restaurant, auf einem Festival und noch viel mehr.

Am Montag sind wir dann Nachmittags, meine Schwester, meine Mami und Ich, nach Pitalito geflogen, der Stadt wo ich ab jetzt ein Jahr leben werde.

Es dauerte nicht lange, vielleicht eine dreiviertel Stunde und dann waren wir da. Pitalito ist eine sehr kleine Stadt, zwar größer als meine Heimatstadt aber im Vergleich zu allen anderen Städten, sehr klein geraten, aber das stört mich nicht.

Am Flughafen in Pitalito warteten schon meine Tante, bzw. zweite Gastmutter auf mich, Großeltern etc. Für einen kurzen Moment durfte ich den Austauschschüler kennenlernen, für welchen ich nach Pitalito kam, auch hier flossen beim Abschied die Tränen.

Der erste Eindruck von meinem neuem Zuhause war „Oha, groß!“ Das Haus in dem ich zur Zeit wohne, ist in einer Art gesicherten Residenz „Santa Ana“, mit vielen gleich aussehenden Häusern, aber trotzdem sehr ansprechend und schön.

Es gibt viele Dinge für Unterhaltung, wie einen Fußball, Basketball und Tennisplatz und einen Pool. Meine Familie lebt sehr wohlhabend und sie haben eine Hausangestellte, welche kocht, Wäsche wäscht und mit uns lebt. Dieser Lebensstil ist für mich ungewohnt und ich genieße ihn, aber auf der anderen Seite beschleicht mich auch oft ein schlechtes Gewissen, da ich weiß dass in Kolumbien viele Hunger leiden und in Armut leben. Mein Zimmer ist neben dem Zimmer meiner Schwester und deswegen bin ich eigentlich nie einsam. Pitalito ist keine Stadt in der Provinz Huila in einem Tal, bei dessen Anblick man nicht unbedingt sagt „Oh wunderschön.“, aber ich habe mich in diese kolumbianische Kleinstadt verliebt, sie hat einfach Charme. Hier sind die Menschen so offen und herzlich, wie ich es noch nie erlebt habe und das wirkt auch sehr viel Einfluss auf mich ein, denn auch ich werde immer selbstsicherer und offener.

Was mir sofort aufgefallen ist, hier ist alles viel chaotischer und weniger verbissen, zum Beispiel im Verkehr fahren alle Auto einfach in der Mitte der Straße und die Motorräder quetschen sich überall dazwischen. Ich habe mir es inzwischen auch schon abgewöhnt mich anzuschnallen, doch ich denke an so manchen Fahrstil werde ich mich trotzdem nie gewöhnen.

In der ersten Woche hier in Pitalito habe ich die Schule noch nicht besucht, da meine Familie mir Zeit zum Ausruhen und eingewöhnen geben wollte, das hat mir sehr gut getan, da ich anfangs noch große Probleme mit der Zeitumstellung hatte und fast nie ausschlafen konnte.

In dieser Woche unternahm ich viel mit meiner Mama und wir waren zusammen in Pitalito, ich traf viele Leute und auch meine erste Rotary Clubsitzung erlebte ich in dieser Woche.

Mein Rotary Club ist sehr toll und kümmert sich gut um mich, meine Familie ist rotarisch, dass heißt ich habe immer Kontakt zu meinem Club und nehme auch fast an jeder Sitzung teil.

Außerdem gibt es hier eine Art Rotary Club für Jugendliche „Rotaract“ und in diesem engagiere ich mich auch, zum Beispiel werben wir für eine von Rotaract gegründete Fundation.

Bei den Meetings werden 3 Hymnen gesungen, die Kolumbianische, die der Stadt Pitalito und die Rotarische Hymne, ja hier gibt es für alles eine Hymne, auch meine Schule hat ihre eigene Hymne. Beim ersten Meeting traf ich auch auf Elisabeth, der Austauschschülerin, welche mit mir die Einzige hier in Pitalito ist. Sie ist aus Belgien und wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, sie ist in diesen fast 2 Monaten einer meiner besten Freunde geworden.

Sie lebt auch in Santa Ana, genauso wie Viele meiner Freunde.

Als ich das erste Mal in der Schule war habe ich mich wie ein Alien gefühlt, da uns alle angestarrt haben und wir die Schuluniform noch nicht hatten.

Wir kamen an und es war gerade die wöchentliche Gebetsstunde, welche jeden Montag ist und praktisch immer Predigten über Frieden beinhaltet und das Singen der Nationalhymne.

Die Schule basiert auf einer Schwesternschaft und viele der Schwestern wohnen auch in der Schule. In den ersten Tagen übergab uns unsere Klassenlehrerin an eine Schülerin die uns überallhin mitnahm, so das wir uns gut einfinden konnten und jemanden hatten, mit dem wir über Probleme reden können. Die meisten haben sofort mit uns ein Gespräch angefangen, wollten mit uns befreundet sein und haben viele Fragen gestellt, aber auch viele sind schüchtern und haben dann für den Anfang lieber bloß gestarrt. Aber mit jedem Tag hat man mit mehr Leuten gesprochen und ich habe meinen festen Freundeskreis gefunden, aber unternehme auch viel mit anderen Freunden.

Elisabeth und ich haben zum Beispiel einen verschieden Freundeskreis, aber ich unternehme trotzdem viel mit ihr und ihren Freunden und andersrum genauso.

Wenn ich in der Schule ankomme fühle ich mich wohl und das Gleiche gilt, wenn ich nachhause komme. Das Schulsystem ähnelt ein bisschen meiner Schule in Deutschland. Für mich beginnt der Schultag hier um 8 mit TP, eine Art Stunde in der man Hausaufgaben machen muss, danach habe ich normale Fächer wie Englisch, Mathe, Chemie… aber auch Fächer wie Philosophie. Insgesamt kann ich über die Schule und den Unterricht nur sagen, dass es sehr chaotisch ist und hier alles ein bisschen weniger ernst genommen wird.

Meine Familie und ich sind bereits ein eingespieltes Team und ich erzähle ihnen Alles, meine Sorgen, meine Probleme aber auch einfach viele kleine Dinge, die meinen Tag besonders gemacht haben. Ich fühle mich so wohl, dass ich zu meiner Gastmami einfach nur Mami sage und meine Schwester und ich wir reden oft stundenlang, schlafen ab und zu zusammen in einem Bett und ich glaube hier vergeht kein Tag ohne lachen. Ich trage trotzdem täglich mein Zuhause mit mir herum, doch auch Kolumbien, Pitalito ist jetzt mein Zuhause.

Ich muss ehrlich sagen, ich habe obwohl ich nicht in Deutschland bin mir mehr Nationalstolz angeeignet. Früher wenn ich mit Fragen auf deutsche Geschichte konfrontiert wurde, war mir das oft peinlich, ich habe mich regelrecht für mein Land geschämt. Aber heute erkläre ich, ich erkläre viel und stelle klar das dies Vergangenheit ist, aber auch auf die jetzige politische Situation gehe ich dabei ein.

Mir ist aufgefallen, dass Deutschland geprägt wurde mit ewigen Vorurteilen und Kolumbien ähnelt in dieser Hinsicht Deutschland verblüffend, hier reden wir oft über Geschichte und Politik und ich kenne keinen, der irgendwie uninformiert ist.

In der Schule hatten wir neulich die Friedenswoche und wir haben jeden Tag gebetet und die Nationalhymne gesungen, Kolumbien ist zur Zeit in Richtung Veränderung unterwegs und alle bewegen sich mit, es ist beeindruckend wie sehr man die Hoffnung auf eine bessere Zukunft in jeder Person bemerkt. Was meine Schule hier und alle Schulen in Kolumbien an die Kinder von Beginn an mit auf dem Weg gibt ist Frieden, in jedem Raum steht geschrieben „Lass Frieden in deinem Herzen wachsen.“

Einer der Sachen, die ich hier lerne ist es mehr Frieden in mir wachsen zu lassen.

Eine weitere Sache die ich hier lerne, ist das Tanzen. Salsa, Cumbia, Reggaeton und einfach wie man sich im Rhythmus bewegt, ich gehe hier sehr oft tanzen mit Freunden und auch beim Tanzen lernt man Leute kennen.

Ich liebe die Offenheit der Menschen hier, es erleichtert einfach das Leben allgemein und dadurch, dass alle mit mir reden und nicht verschlossen sind habe ich Spanisch sehr schnell erlernt und ich bin auf jeden Fall in der Lage Konversationen zu führen und ich bin mir fast sicher in einem oder zwei Monaten, kostet es mich auch nicht mehr so viel Anstrengung.

Ich hatte übrigens sehr viel Glück mit dem Wetter in Pitalito, hier sind fast immer ca. 27 ° und das ändert sich auch nur selten über das ganze Jahr über.

Jetzt möchte ich mich einfach einmal ganz herzlich bei meinem Rotary Club Meißen und meinen Distrikt 1880 bedanken und bei Rotary, dass mir dieses Jahr ermöglicht wird. Ich erlebe hier tagtäglich so viele Dinge, die vollkommen neu für mich sind. Danke, dass Sie mir ermöglichen Freunde auf der ganzen Welt zu machen, bei den Orientations, ich habe Freunde in fast ganz Europa und verteilt auf der ganzen Welt. Ich bin nach nur 49 Tagen so reich an Erfahrungen, habe gelernt offener zu sein, ich erlerne eine Sprache auf eine ganz besondere Art und Weise, ein zweites Zuhause zu haben und sogar über mein eigenes Land mehr zu lernen, wenn man es mal aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachtet. Danke, dass Sie mich so glücklich machen!

Liebe Grüße aus Kolumbien,

Juliane Herrmann

Schreibe einen Kommentar