Argentinien – 2. Bericht von Nina

Ich habe bereits meine dritte Gastfamilie. Ich lebe gemeinsam mit meinen Eltern und meinen zwei kleineren Gastgeschwistern, Santiago (13) und Lucia (10), in einem Apartment in der nähe vom Zentrum.

Über Weihnachten und Neujahr waren wir gemeinsam mit der ganzen Familie in Cordoba, die zweit größte Stadt in Argentinien. Natürlich saßen wir die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr nicht einfach rum, sondern haben beispielsweise verschiedene Seen, Städte und Orte besucht, unteranderem Santa Fe, Cordoba Capital.. Gemeinsam mit ca. +20 Mann haben wir gemütlich zusammen am 24. Dezember gegessen. Asado, eine nationale Spezialität – kann man in Deutschland mit dem Grillen vergleichen. Um Mitternacht war dann offiziell Weihnachten und es gab Geschenke für die Kinder und von jedem eine große Umarmung. Musik und Tanz darf natürlich nicht fehlen. Sehr erstaunt war ich über unseren „Christ-/Weihnachtsbaum“, welcher normalerweise bis an die Wohnzimmerdecke reicht und im Laufe der Zeit seine Nadeln verliert, wäre ich dieses Jahr fast drüber gefallen, da ich diesen erst gar nicht gesehen habe. Ca. einen Meter hoch, aus Plastik und knallbunt. Neujahr verlief dieses Jahr, nicht wie üblich mit Schnee, Bergen, Skiern und einem riesen Feuerwerk.. Bei 34 Grad im Schatten und Sonnenbrand saßen wir gemütlich zusammen haben, wie immer, gegessen und um Mitternacht angestoßen und anschließend getanzt. Dafür habe ich Chacarea und Cumbia gelernt zu tanzen.

Mein Resumeé: Sonnenbrand und Höchsttemperaturen anstatt Schnee und Minusgrade ist mal etwas anders und auch wenn Silvester eher ein gemütlicher Familienabend war, war es wunderschön dies mit tollen Leuten zu verbringen und gemeinsam zu lachen.

Seit knapp fünf Monaten wohne ich jetzt schon in Resistencia, Argentinien Die Stadt Resistencia liegt im Nordosten Argentiniens und ist mit 350.000 Einwohnern die Hauptstadt der Provinz Chaco. Sie wird auch als „Ciudad de las Esculturas“ (Die Stadt der Skulpturen) bezeichnet. Hier stehen an fast jeder Straßenecke Skulpturen.

Natürlich läuft mein Alltag hier ganz anders als in Deutschland. Meine erste Feststellung war, dass sich alle Aktivitäten ein bisschen nach hinten verschieben. Man schläft Morgens etwas länger und natürlich darf man die Siesta nicht vergessen, ist dafür aber Abends länger wach. Das gemeinsame Abendessen findet meistens zwischen 23:00 Uhr und 00:00 Uhr statt.

Schnell hat sich das Klischee bestätigt, dass „die Argentinier“ freundliche und hilfsbereite Menschen sind. Egal wo man hinkommt wird man mit offenen Armen empfangen und herzlich aufgenommen. Ich persönlich bin viel mit dem Fahrrad unterwegs und egal wo ich vorbei komme werde ich mit „Hola Alemana“ begrüßt. Schnell merkte ich, dass Argentinien wirklich noch viel mehr zu bieten hat.

Jetzt nach 4 Monaten merke ich ebenfalls, dass Argentinien viel mehr zu bieten hat und vorallem voller Überraschungen steckt. Jeden Tag aufs Neue lerne ich etwas dazu und bekomme die Realität und das wirkliche Leben vor Augen behalten.

Dazu möchte ich Ihnen meinen Weihnachtsbericht gerne zeigen :

„Zu aller Erst wünsche ich Ihnen vorläufig ein frohes Fest und schöne Weihnachten. Während Sie das hier lesen bin ich auf meiner ersten Reise „Patagonien“ (23. November – 14. Dezember).

Ich bin nun seit knapp über drei Monaten hier in Resistencia Argentinien. Es waren interessante, aber auch herausfordernde Monate. Ich möchte Ihnen zu diesem Anlass zeigen, was ich schon alles in dieser Zeit gelernt und mitgenommen habe. Ich persönlich habe viel aus den letzten drei Monaten gelernt und bin an mir und den Erfahrungen gewachsen. Wie schon erwähnt waren die letzten drei Monate sehr prüfend und herausfordernd für mich, aber das ist in Ordnung, denn man kann aus jeder Zeit oder aus jeder Erfahrung etwas mitnehmen und sollte dafür dankbar sein. Meine Gastmutter ist beispielsweise sehr krank. Sie hatte mit 16 Jahren Krebs und leidet heute an Folgekrankheiten der Therapie. Ihr wird diese Woche ein Herzschrittmacher eingesetzt und dabei heißt es Daumen drücken, da sie sehr schwach ist. Sie ist nun mittlerweile 1 ½ Wochen im Krankenhaus. Es ist nicht leicht, weder für mich noch für die Familie selbst. Meine zwei Gastschwestern und ich wohnen momentan bei den Großeltern und managen nebenbei das Haus und die Tiere etc. Natürlich könnte ich immer nur ans Negative denken und sofort Familie wechseln, aber was bringt mir das? Ich unterstütze meine Familie in dieser schwierigen Zeit und versuche trotz Allem positiv zu bleiben. Es ist in Ordnung sich einfach mal fallen zu lassen und auch mal zu zweifeln, aber dann sagen zu können „Hey Trauer und Zweifel, es ist jetzt wieder gut!“. Ich bin nicht in einen Austausch gegangen um die ganze Zeit nur zu meckern oder um unglücklich zu sein. Ich bin hier hergekommen, um an mir zu wachsen, die Kultur kennen zu lernen, um die womöglich beste Zeit meines Lebens zu haben. Wenn man seine Ziele vor Augen behält und man weiß was man will, dann erreicht man diese auch. Sauge all die schönen Augenblicke, Momente und Erlebnisse auf egal wie groß oder klein diese auch sind – halte daran fest. Ich habe hier zum Beispiel auch gelernt dankbarer zu sein, egal für was. Ich weiß, dass ich in Deutschland eher ein kleines, wenn nicht sogar großes Prinzeschen war.. Ich habe gelernt, dass ich nicht alles jetzt und sofort bekommen kann, sondern dass ich wirklich mit dem zufrieden sein kann was ich habe. Ich finde zu diesen Anlass, Weihnachte ,sollte man dankbar sein und sich nochmal besinnen, was man alles in dieser Zeit mitgenommen hat.

(Ich musste nun Familie wechseln, stehe aber immer noch in Kontakt zu meiner alten Familie. Mittlerweile kann ich sagen, dass es meiner Gastmutter wieder besser geht. Sie hat die Operation gut überstanden und kann voraussichtlich Weihnachten zuhause verbringen. Am 23.12 werde ich mit meiner neuen Familie nach Cordoba fliegen für eine Woche um dort Weihnachten und Silvester zu verbringen. Anschließend eine Woche später bin ich auch schon wieder unterwegs zu meinem zweiten Trip nach Brasilien, Uruguay, Bolivien..)

Besondere Freude macht es mir, dass ich irgendwann wie zufällig gemerkt habe, dass ich mich mehr und mehr auf Spanisch unterhalten kann. Nach zwei Monaten konnte ich mich – sogar mit meinem Gastvater einigermaßen auf Spanisch unterhalten, obwohl dieser kein Wort Englisch versteht, was ansonsten immer ein „Rettungsanker“ ist.

Heute sehe ich, wenn ich in den Spiegel schaue eine andere Person mit einer positiveren Einstellung und ganz andren Blinkwinkeln, vor Allem eine sehr schätzende und dankbare Person.

Es wäre zwar komisch, wenn man sich nicht verändern würde, aber diese Veränderung an sich selbst wahrzunehmen, ist etwas Besonderes. Im Moment kann ich mir mein „deutsches Leben“ gar nicht mehr vorstellen. Ich fühle mich hier noch viel selbstständiger als Zuhause. Ich fühle mich in Resistencia zuhause.

Und: Ich fühle mich immer mehr wie eine „richtige Argentinierin“.

Es ist der Wahnsinn. Mir kommt es vor als wäre ich in einem Bilderbuch oder in einem Film, nur das ich endlich die Realität genießen kann und nicht mehr wie in einem „Traum“ lebe. Ich bin Ihnen sehr dankbar für diese Chance und die tollen Erlebnisse.

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