Australien – 1. Bericht von Bardia

Hallo liebe Rotarier und Rotexer,

Ich bin jetzt genau seit 42 Tagen in Australien und sende euch meinen ersten Bericht.

Es ist schon einiges geschehen seitdem ich in Colac (eine Stadt mit 12000 Einwohnern) angekommen bin. Die Stadt, in der ich lebe befindet sich etwa 2 Stunden westlich von Melbourne und etwa 45 Minuten von der Kueste, was mir sehr gelegen kommt. Es ist natürlich eine sehr kleine Stadt und die meisten Menschen kennen sich untereinander. Die erste Woche habe ich bei meinen Counselorn verbracht, die sich sehr zuverlässig um meine Angelegenheiten gekümmert haben. Es ist ein sehr nettes und liebenswertes Ehepaar mit denen ich noch sehr gerne Kontakt pflege. Ich werde in dem gesamten Jahr bei vier Gastfamilien leben, die sich untereinander ziemlich gut vertraut sind. Ich durfte glücklicherweise schon in der ersten Woche alle meine Gastfamilien bei einem Treffen, kennenlernen und ich treffe sie auch regelmäßig bei den Rotary Meetings.

Von meinen englischen Sprachkenntnissen sind die Menschen, besonders die Rotarier, sehr begeistert. Den meisten fällt anfangs nie auf, dass ich ein Austauschschüler bin und sie meinen alle ich bekäme schon einen australischen Akzent. Ich nehme das vorerst als Kompliment.
Meine ersten Gasteltern sind sehr nett und witzig. Ich finde sie haben ihre eigene Art und Mentalität, die sie wahrscheinlich von den meisten Eltern unterscheidet. Ich habe mich mit meinen Eltern vom ersten Augenblick sehr gut verstanden und fühle mich sehr wohl bei ihnen. Mit meinem Vater könnte ich mich nicht besser verstehen, wir sind ein tolles Dream-Team und haben den gleichen Humor. Er und meine Mutter haben eine eigenartige aber angenehme Beziehung, die mich manchmal an meine Eltern erinnert. Meine Mutter ist ebenfalls ein sehr netter, fürsorglicher Mensch, mit der man viel Spaß haben kann. Das einzige, das mich stört, ist, dass sie nicht viel über meine Lage erfahren möchten bzw. nicht fragen wie es mir eigentlich hier geht und ob es mir gefällt oder ich Sorgen mit mir trage. Es könnten eigentlich wirklich sorglose und reibungslose drei Monate werden, wären da nicht meine Geschwister. Ich werde versuchen ihren Charakter und meine Beziehung zu ihnen so freundlich wie möglich rüberzubringen, auch wenn es nicht leicht fällt.

Ich habe eine Schwester in meinem Alter, mit der ich auch im selben Biologieunterricht bin und einen 14jährigen Bruder. Es ist sehr schwer mit ihnen zusammen zu leben und bereitet mir manchmal etwas Kummer. Es sind zwei sehr ignorante und unangenehme Menschen, die sich ein Dreck darum scheren, wer ich bin oder ob ich überhaupt existiere. Ich frage mich, wie man es schaffen kann, mehr mit seiner Katze zu reden als mit seinem Gastbruder. Und es gefällt mir auch überhaupt nicht, wie sie sich vor ihrer eigenen Familie geben. Wenn beispielsweise die Großeltern nach langer Zeit zu Besuch kommen und mein lieber Bruder vor der Playstation mit dem Rücken zu seiner Oma sitzt und auf die Frage, ob er gerne aufstehen möchte und seine Großmutter in den Arm nimmt, sie ignoriert und aus dem Zimmer wünscht. Es fällt mir schwer in so einer emotionslosen, respektlosen Familienatmospähre zu leben. Wenn ich meine Freunde oder meine Familie nur einen Tag nicht gesehen habe, freuen wir uns so sehr, als hätten wir uns eine Ewigkeit nicht gesehen und umarmen, küssen uns und scherzen mit einander. Es ist vielleicht einfach ihre Art zu leben, daran werde ich mich gewöhnen müssen. Nur hoffe ich, dass ich nicht so werde wie sie. Aber ich hab nach einem Monat gelernt, es mir nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen.

Auf meine 2. Gastfamilie freue ich mich jetzt schon, die sind nämlich genau das Gegenteil und die einzige Familie, die keine Rotarier sind. Meine Schwester (sie beendet dieses Jahr die Schule) habe ich jetzt schon sehr ins Herz geschlossen. Ich werde sehr viel Spaß mit ihr und dem Rest der Familie haben, das weiss ich.

In der Schule gibt es natürlich, wie überall auf der Welt, Menschen, die man mag und Menschen, die man nicht leiden kann. Ich habe mich schon in ein paar Gruppen eingelebt die mich sehr gerne akzeptieren und mit denen ich mich wunderbar verstehe. Einige darunter sind schon gute Freunde und manche sind noch auf dem Weg, welche zu werden. Aber im Allgemeinen ist mir aufgefallen, dass die Menschen hier sehr schwer einzuschätzen sind. Mal sind sie sehr nett und aufmerksam und manchmal ziemlich ignorant, dadurch fällt es mir schwer die Menschen zu beurteilen. Aber einer meiner neuen Freunde hier meint, ich solle mir keine Sorgen machen, es liege daran, dass alle viel Schulstress im Moment haben, weil das Schuljahr sich auch dem Ende nähert und ich mich auf den Sommer freuen soll, denn da sind die Menschen ganz anders .

Über das Schulsystem und die Bildung, lässt sich nur sehr schwer etwas Positives finden. Ich bin in year 11, was bedeutet, dass ich nächstes Jahr die Schule beenden würde. Jedoch ist es einem Austauschschüler hier nicht gestattet year 12 Kurse zu belegen. Die Schule beginnt hier Anfang Februar (Nach den Sommerferien, welche Mitte November beginnen). Insgesamt habe ich 7 Fächer (Sport, Mathe, Drama, Musik, Biologie, Geschichte und unter anderem Englisch und Religion, welche hier Pflichtfächer sind). Ich halte das Schulsystem im Vergleich zum deutschen Schulsystem für sehr niedrig und niveaulos, da 1. die Anzahl der Fächer, die man wählen kann lächerlich ist, wenn man etwa 36 Fächer zur Auswahl hat (wobei die meisten Fächer einfach unfassbar sinnlos sind). Während einem beigebracht wird, wie man kocht und eine Hütte baut, fallen Fremdsprachen völlig aus. Was wir in der 9. Klasse in Deutschland lernen, wird hier in der 11. Klasse gelehrt. Die Grundschule hier geht bis year 6 und secondary school geht von year 7 bis year 12.

Mir fällt im Moment nicht mehr viel ein, worüber ich berichten könnte, aber natürlich freue ich mich über jede Nachfrage und über jedes Interesse. Ich bin gerne bereit, jede Frage zu beantworten.

Ich werde noch einige Bilder über meine bisherigen Ausflüge im schönen Staat Victoria mitsenden und auch ein paar Bilder mit den anderen Austauschschülern aus meinem Distrikt.

Ich bedanke mich nochmal ganz herzlich für all die Mühen, die man für mich aufgebracht hat und die Möglichkeit, ein wichtiges und kostbares Jahr zu erleben.

Mit freundlichen Grüßen,
Bardia Ahey

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