Brasilien – 2. Bericht von Anna-Maria

Liebe Rotarier,
nach meiner inneren Uhr geht grade der erste Monat von meinem Austauschjahr zu Ende und an den 2. Quartalsbericht ist noch lange nicht zu denken. Entschuldigen sie bitte die Verspätung.

Die Zeit verfliegt für mich rasend schnell. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sie mir vor meiner Reise zugesichert haben, dass aus Brasilien immer nur Jubelbriefe kamen. Und dies kann ich nur fortsetzten, denn ich bin wirklich überglücklich und habe wirklich allen Grund zum Jubeln und dankbar sein. Von Herzen möchte ich mich bei dem Rotary-Club Bautzen bedanken, dass mir dieser Auslandsaufenthalt möglich gemacht wurde. Dankeschön!

 

Zu Weihnachten bin ich in meine zweite und letzte Gastfamilie gewechselt. Durch diesen Wechsel konnte ich noch viele neue Gesichter von Brasilien kennen lernen. Obwohl ich jetzt nur drei Straßen weiter wohne, kommt es mir wie ein bisschen eine andere Welt vor. Von einem kleinen Haus bin ich ins Zentrum in den 10. Stock gezogen. Von einer Mutter, welche mit Leidenschaft gekocht hat, zu einer Ernährungsberaterin. In derer Wohnung es keinen Zucker weder
noch Süßes und auf gar keinen Fall Coca-Cola gibt. Aber dafür eine Menge an Obst und Gemüse. Welches hier in Brasilien an einer Vielzahl vorhanden ist. Ich habe hier schon Früchte gegessen,deren Namen ich noch nie gehört habe. Meiner Meinung nach, hat das Obst hier viel mehr Geschmack, einfach köstlich.

Meine zwei Gastväter haben die gleiche Arbeit, Bauer. Aber komplett verschiedene Gemüter. Mein jetziger Vater hat eine Farm, auf der er hauptsächlich Kaffe und Soja anbaut. In den letzten Wochen wurde alles streng kontrolliert und letztendlich von der Oranisation „imaflor“ zertifiziert. Nun kauft die weltweit vertretene Kette „Starbucks“ seinen Kaffee. Den größten Unterschied bei meinem Umzug, macht der Tausch von meinen Geschwistern. Drei Schwestern, gegen einen Bruder. Sein Name ist Joao Felipe und er ist 15 Jahre alt. Täglich geht er in ein Schwimmtraining. Aus diesem Grund hat er eine Vorliebe zu Wasser und jeglichen Gewässern. Eben auch Wasserfälle. Von denen es am Rande meiner Stadt, Araguari, mehr als 100 gibt. Vor meinem Wechsel habe ich nicht einmal gewusst das es hier solche Naturschönheiten gibt. Diese zu erkunden ist wirklich abenteuerlich. Da die Wasserfälle nunmal nicht im Stadtzentrum zu finden sind, benötigen wir immer mehr oder weniger eine halbe Stunde Radweg. Bis zu Wiesen und Wäldern, wo man nur zu Fuß voran kommt. Ich bin total fasziniert von dem Grün der Wälder Brasiliens. Genau wie von den dort lebenden Insekten. Alle sind total kreativ und außergewöhnlich gemacht.

Wasserfälle sind mit viel Vorsicht zu genießen, denn die Kraft des Wasser ist nicht zu unterschätzen. Da ich jedes Mal, aufgrund der spitzen Steine mit Havaianas (landestypische Sandalen) ins Wasser gegangen bin habe ich schon 3 Paar davon dort lassen müssen. Wenn man am Fußes eines Wasserfalls steht und und durch den Aufprall des Wassers von feinsten Wassertropfen umgeben ist, hat man die Chance vor sich einen geschlossenen Regenbogen zu
sehen. Einfach wunderschön. In den letzten zwei Monaten habe ich sehr viel von Brasilien sehen können. Es waren die großen Ferien zum  Schuljahreswechsel. Welche wirklich groß waren: 10 Wochen! In dieser Zeit bin ich sehr viel verreist, sodass ich fast nie „zu Hause“ war. Zu Beginn der Ferien, Anfang Dezember hatte „mein“ Großvater eine Chemotherapie in einem Krankenhaus in Sao Paulo. Aus diesem Grund habe ich ihn mit Valeria, meiner Gastmutter begleitet.Immer wenn er Nachmittags in Behandlung war, eroberten wir zusammen die 6. größte Stadt der Welt. Mir kam es vor, als ob es in Sao Paulo weder Tag noch Nacht gibt. Jedes Büro, jede Baustelle und jeder kleinste Supermarkt ist rund um die Uhr, 24h täglich in Betrieb.

Es gibt in dieser Stadt zwar viele interessante Museen, leckere Pizzas und schöne Parks. Aber auch genauso viele Slums, Armut und Kriminalität. Am ersten Abend, auf dem Weg vom Auto ins Hotel wurde mir schon mein Portemonnaie entwendet und am darauf folgenden Morgen fehlte auch das Auto. Was uns den Aufenthalt in der Sao Paulo verlängerte. Nach fast drei Wochen in der Stadt sind wir in das nahe gelegene Santos gefahren und haben dort Freunde „meiner“ Eltern besucht. Unverhofft hatte ich kurz danach auch noch die Chance Rio de Janeiro kennen zu lernen. Ein Rotarier mit seiner Familie hat mich und die andere Austauschschülerin (aus Mexiko) dazu eingeladen! Die angebotenen Reisen mit den anderen Austauschschülern sind sehr teuer. Deshalb
war es uns nicht möglich mit den anderen Austauschschülern den Nordosten zu erkunden. Ich bin echt dankbar und froh über diese Hilfe.

Wir haben in einem Hotel von Ipanema übernachtet. An diesem Strand war das Wasser transparent, warm und einfach nur herrlich blau! Noch nie habe ich so eine Bilderbuchlandschaft live gesehen. Auch an den Strände Copacabana und Barra waren wir stundenlang. Viele Male hatten wir richtig starke Wellengänge. Und mit drei anderen Mädchen im Wasser zu tollen war wie im Traum. Die Drei, sind nicht nur Bekannte, sondern wir sind in dem halben Jahr echte Freunde geworden. Wo ich vermute, dass diese Freundschaften noch weit über das Austauschjahr hinaus halten werden. Zusammen haben wir Rios weltbekannte Touristenziele wie den Zuckerhut und den Corcovado, was die Christusstatue ist besucht. Was mich erstaunte war, das dort hauptsächlich Touristen aus Japan vorzufinden waren. Als ich mich auf dem Rückweg vom Zuckerhut mit dem Taxifahrer unterhielt, berichtete er mir, dass er schon seit 30 Jahren hier arbeite. Er habe schon viele Male Leute an den Zuckerhut chauffierte, war aber noch nie selbt dort.

Die Minderheit der Brasilianer hat diese Ausflüge gemacht! In meiner Schulklasse, von 54 Schülern, waren nur 7 in Rio. Ich hatte gedacht, das jeder Brasilianer dort schon einmal gewesen sein musste. Denn in Brasilien ist es nicht ungewöhnlich große Autotouren zu unternehmen. Dieses Land ist
einfach unglaublich groß. Neulich habe ich mit Claudio, meinem Gastvater ein T-Shirt umgetauscht. Zu bemerken ist, dass dies in einer 170km entfernten Stadt war. Wir sind gegen 18 Uhr mit dem Auto losgefahren, den Laden aufgesucht, das Shirt umgetauscht, bei McDonalds gegessen und sind wieder zurück. Ich glaube das dies in Deutschland ziemlich absurd wäre.

Aber auf langen Autofahren kann man sich gut unterhalten und kennen lernen. Mittlerweile habe ich auch keine Probleme mit der Verständigung mehr. In Gesprächen, am Telefon sowie im Fernsehen und Radio verstehe ich schon alles. Mein Portugiesisch reicht zwar problemlos zur Kommunikation und Verständigung aus, ist aber noch lange nicht perfekt und fließend. Oftmals fallen mir bestimmte Wörter zum Gebrauch einfach nicht ein, würde sie aber sofort
verstehen. Ich denke das kommt daher, dass ich die Sprache wie ein Baby erlernte. Einfach durch hören und sehen. Als erstes kommt das Verstehen, danach das eigene Versuchen des Sprechens und ein ganzen Stück später lesen und schreiben. Sehr geholfen hat mir, dass in ich in meiner ersten Familie mit drei Schwestern in meinem Alter zusammen gewohnt habe. Den ganzen Tag wurde ich mit der portugiesischen Sprache konfrontiert. Anfangs verstand ich kein einziges Wort, für mich klang einfach alles gleich. Das machte mich oft sehr müde. Aber es war für mich die bester Sprachschule, da bin ich mir sicher. In den ersten drei Wochen hatte ich zwar bei einem freundlichen Rotarier Grammatik-Unterricht, brachte mir zu diesem Zeitpunkt aber nicht viel. Denn mein Wortschatz war so gering, das ich weder Portugiesisch noch die damit erklärte Materie verstand. Auch mit anfänglichen Schwierigkeiten des Erlernens der Sprache, war es kein Hindernis Freude zu finden. Denn viele der Jugendlichen in Brasilien verstehen ein bisschen Englisch.

Während der ersten Tage in der Schule, wollten „alle mit der Deutschen“ befreundet sein. Denn daist ja etwas Besonderes, eine Freundschaft in der weiten Welt zu haben. Mit den Wochen hat sich das normalisiert und ich bin glücklicher Weise nicht mehr der Mittelpunkt im Klassenzimmer. Nun habe ich zwei richtig gute Freunde gefunden. Natürlich noch mehr, mit denen man Zeit verbringt und Dinge unternimmt. Aber Zwei, mit denen man über Gott und die Welt reden kann. Eine der Beiden ist die andere Austauschschülerin. Anfangs, mussten wir aufgrund von Rotary miteinander auskommen. Obwohl wir uns nicht wirklich leiden konnten, bzw. im Ansatz sympatisch fanden. Nach dem ersten Monat waren wir dann schon unverzichtbar für einander. Denn es war und ist einfach schön sich auszutauschen. Vor allem wenn man teilweise den gleichen Standpunkt und die selben Probleme hat.

Das andere Mädchen mit dem ich mich sehr gut verstehe habe ich in der Kirche kennen gelernt. Ansonsten beschränkt sich der Großteil auf meine Klassenkameraden, welche aber alle jünger sindIn der Schule habe ich in den ersten Monaten überhaupt nichts von dem Stoff verstanden. Als erstes nur Mathematik, aufgrund der Zahlen. Dann halfen mir kleine Bildchen in Biologie weiterAber mit dem Rest komme ich erst jetzt, im neuen Schuljahr zurecht. Es gibt auch Fächer wie zum Beispiel Philosophie und Literatur, in denen ich wirklich schlecht bin. Dafür aber in den Naturwissenschaften mit an der Spitze.
Zu bemerken ist, dass wie oftmals nur sehr wenig, bis überhaupt nichts im Unterricht machen. Die Lehrer sind zu 95%, männlich und kommen grade von der Uni. Meist schauen Donald-Duck-Filme oder ähnliches. Unser Mathe- und Physiklehrer mag es mit uns zu musizieren.

In Deutschland bin ich wirklich sehr gern in die Schule gegangen, aber hier fehlt mir oft der Sinn. Am Nachmittag fällt mir an manchen Tagen nichts ein, was neues gelernt haben könnte. Interessant ist aber, dass es in allen brasilianischen Schulen eine Uniform gibt. An meiner allerdingnur ein T-Shirt mit dem Schulnamen. Früh am Morgen wird am Eingangstor kontrolliert, ob man diese Uniform trägt. Außerdem wird auf Jeans oder knielange Bermudas geachtet. Wer nicht den Normen entsprechend gekleidet kommt, darf an diesem Tag nicht zum Unterricht gehen. Sondern muss auf Bänken, wo die Geschlechter
getrennt sitzen, die Zeit abwarten. Nach Unterrichtsbeginn wird das Schultor zugeschlossen. Mit meinem Rotaryclub in der Stadt, machen wir viele soziale Einsätze. Am meisten für die Kinder,welcher kein starkes zu Hause haben. In den meisten Fällen, sind die Eltern drogenabhängig oder selbst noch Kinder.
Am Nachmittag, besuche ich sie oft und alle wollen etwas von dem „fernen Land“ wissen. Ein kleiner Junge fragte mich letztens, ob wir in Deutschland auch Wasser haben.

Manchmal begleiten wir, sprich die Mexikanerin und ich eine Rotarierin zur Arbeit. Sie ist studierte Zahnärztin, arbeitet aber nicht in einer Praxis. Sodern geht in die staatlichen Schulen von Araguari und bringt den Kindern bei, wie man die Zähne richtig putzt. Und das mit Jedem einzeln. Die staatlichen Schulen in Brasilien sind total einfach gebaut. Große dunkle Räume mit knapp 60 Kindern, aber es herrscht, erstaunlicher Weise absolute Ruhe. Die Kinder bekommen in der Schule ein Essen. Eigentlich so gut wie immer eine Suppe oder Kekse. Manchmal helfe ich in der Essensausgabe mit und es macht mir wirklich großen Spaß. Nur leider sind es so viele Kinder, dass ich in den Schulen fast keinen Namen weiß. Sehr lehrreich war für mich auch der Kontakt mit einem kleinen Mädchen, welches das Down- Syndrom hat.

In Brasilien gibt es sehr große soziale Unterschiede. Die Menschen sind entweder richtig reich oder richtig arm. Ihre Häuser komplett veschieden. Solche extremen Unterschiede finden man in Deutschland nicht. Immer wieder habe ich hier die Chance viel zu sehen und zu lernen. Haben sie vielen Dank für ihre
große Hilfe!

Viele Grüße aus dem wunderbaren Brasilien,
Anna- Maria Brauner.

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