Brasilien – erster Bericht von Magdalena

Am 31.07.2014 sollte es also tatsächlich für mich losgehen. Nach Brasilien. Genauer gesagt Juiz de Fora. Eine, nicht ganz so große Stadt im Bundesstaat Minas Gerais. Ca. 200 km von Rio de Janeiro entfernt.

 

Nachdem das mit meinem Visum dann doch noch in letzter Sekunde funktioniert hat ging es tatsächlich los. Vom Flughafen in Frankfurt sollte es für mich mit einer Gruppe von 15 anderen Rotaryaustauschschülern nach Sao Paulo gehen. Wir bekamen schon den ersten Schreck, also es hieß, dass der Flug überbucht war. Aber letztendlich waren wir alle in unserem Flieger. Als die Aufregung natürlich am größten war ging es los. Und dann waren wir auf dem Weg nach BRASILIEN!!! Der Flug war nicht so schön. Insgesamt leider etwas sehr wackelig und mit Luftlöchern. Aber wir haben es alle überlebt. Es gab auch keine größeren Zwischenfälle. Dann in Sao Paulo auf dem riesigen Flughafen hieß es auch schon wieder von den ersten Abschied nehmen. Von denen, die in Sao Paulo abgeholt wurden. Ich hatte zum Glück noch eine andere Rotarierin, die mit mir zusammen nach Rio de Janeiro geflogen ist. Also haben wir unser Gepäck geholt und zu meinem Ärger, fehlte was bei mir. Ein Regenschirm, der extra geflogen ist. Es war darauf Bautzen, meine Stadt zu sehen. Und ich dachte mir, kann man bestimmt gut als Gastgeschenk verwenden. Also stellte ich mich an diesen Schalter, wenn man was verloren hat. Als ich dann dran war, und ein Englischsprachiger auch, habe ich das Dokument ausgefüllt und dann mussten wir uns auch wieder beeilen. Denn Daria und ich mussten einer anderen Austauschschülerin helfen, ihren Flug nach Florianopolis zu bekommen. Wir hetzten kreuz und quer durch den riesigen Flughafen. Alle, die wir fragten, sagten uns was anderes, sodass wir das Gate fast nicht gefunden hätten. Aber dann haben wir es doch gefunden und haben die andere Austauschschülerin da abgesetzt und uns von ihr verabschiedet. Dann mussten wir beide „nur noch“ unser Gate finden und dann ist alles in bester Ordnung. Das erwies sich auch als etwas schwierig, aber nachdem wir gefühlte 100 Leute gefragt haben, von denen einige noch nicht mal Englisch konnten (auf einem Internationalen Flughafen?!) haben wir es dann doch gefunden. Da wir etwas spät waren, mussten wir nicht mehr warten, sondern konnten gleich mit all den anderen einsteigen. Das Flugzeug war im Vergleich zu dem riesigen Flieger nach Sao Paulo echt winzig. Der Flug sollte nur eine Stunde dauern und war sehr ruhig. Ein Ausgleich zu all dem Stress davor. In Rio de Janeiro sind dann alle Gepäckstücke angekommen (außer der schon in Sao Paulo entschwundene Regenschirm) und so machten wir uns dann sehr sehr aufgeregt auf den Weg zu unseren Gastfamilien.

 

Diesen Augenblick kann man eigentlich überhaupt nicht beschreiben. Es was so sensationell und man muss das selber erlebt haben, weil es wirklich nicht zu beschreiben geht. Noch weniger in Textform. Als erstes habe ich meine Gastschwester Lara umarmt und begrüßt. Dann meine Gastmutter, ihren Freund und den Freund meiner Gastschwester. Nach der großen Begrüßung haben wir noch Fotos gemacht. Von Daria und mir, mit unseren Familien, alle zusammen und noch viel viel mehr. Dann hieß es Abschied nehmen, von jemanden, den man erst einen Tag kennt, und doch so viel miteinander erlebt hat, dass man Freunde geworden ist. Sie verbringt ihr Auslandsjahr in Cabo Frio. Uns wurde auch angeboten, dass wir uns besuchen können, da es nicht so weit ist.

 

Wir sind dann erst mal Essen gegangen. In „Casa do Alemanha“ – das Haus der Deutschen. So richtig mit Weißwürstchen, Apfelstrudel und so. Dann ging es weiter, in die Stadt, die jetzt für ein Jahr mein zu Hause sein wird. Juiz de Fora. Die ersten paar Nächte verbrachte ich im Haus meiner Gastcousine und deren Großeltern. Die sind alle so nett. Aber an dem ersten Abend bin ich tatsächlich schon um 18 Uhr ins Bett gegangen. Aber sonst hat sich das mit dem Jetlag echt in Grenzen gehalten. Eigentlich hatte ich das gar nicht.

 

Ich konnte es immer noch nicht wirklich glauben, dass ich tatsächlich in Brasilien bin. Aber es stimmt. Alle reden portugiesisch und ich verstehe echt nicht viel. Aber meine Gastcousine und Gastschwester haben mich gut in die Familie integriert. Zum Beispiel war ich gleich an meinem ersten richtigen Tag auf einem Hip-Hop Festival von der Schule meiner Gastcousine (Lais). Sie hat voll damit angegeben, dass ich aus Deutschland komme und so. Zum Glück bekam ich nicht sooo viele Sprüche wie 7:1, oder Hitlergruß und solche Sachen ab. Sie waren alle echt voll nett zu mir und konnten es alle gar nicht glauben, dass es mir hier gefällt.

 

Dann bin ich umgezogen. In mein richtiges Zuhause, für meine ersten 2 Monate. Ich habe mir ein Zimmer mit Lara geteilt. Allerdings konnte ich all meine Sachen noch in keinen Schrank räumen, weil es dafür einfach keinen Platz gab. Ich habe also den ersten Monat komplett aus meiner großen Reisetasche gelebt. Das fand ich zwar nicht so toll, aber ich habe mich damit arrangiert.

 

Am Montag sollte es dann eigentlich schon für mich mit der Schule losgehen, aber ich glaube da war noch nicht alles geklärt, weswegen ich 2 Wochen „Eingewöhnungsferien“ bekam. In diesen 2 Wochen habe ich die Farm meiner Gastgroßeltern besucht. Außerdem war ich mit Lara für fast eine Woche bei ihrem Vater in Sao Paulo. Nachdem wir 7 Stunden mit dem Bus hingefahren sind, habe ich erstmal realisiert, wie groß Brasilien doch eigentlich ist. In der riesigen Metropole haben wir uns viele Sachen angesehen. Wir waren auf einer kleinen Safari, dem höchsten Gebäude der Stadt, im Japanischen Viertel, der berühmtesten Straße Sao Paulos, in einem großen Park (wo ich den Namen vergessen habe), in einem Supermark, wo man alles probieren kann. Es war einfach nur genial. In diesem Supermarkt, haben alle Verkäufer uns das Obst unter die Nase gehalten und waren so begeistert, wenn es mir geschmeckt hat. Dort habe ich auch viele Früchte probiert, die ich vorher noch nie gesehen habe und noch nicht mal wusste, dass es sie gibt. Und ganz komische Kreationen. Orange mit Pfirsich oder Banane gekreuzt. Ich habe so viel gesehen, aber doch nur einen Bruchteil, von dem was man in Sao Paulo alles besichtigen kann.

 

Dann zurück in JdF (Abkürzung für Juiz de Fora, weil es einfach so lang ist) ging es leider mit Problemen los. Meine Kreditkarte aus Deutschland funktionierte aus irgendeinem, bis heute nicht geklärtem Grund an keiner Bank. Also saß ich ohne Geld da, da sich mein Rotary-Taschengeld „etwas“ verspätete. Aber ich muss ja meine ID bei der Polizei und die Schuluniform bezahlen. Irgendwie haben wir es dann doch hinbekommen Geld abzuheben.

 

Am 14.08.2014 hatte ich dann meine Offizielle Vorstellung bei Rotary. Dort habe ich natürlich die Clubwimpel getauscht und die Rebounds kennengelernt.

 

Kleiner Themenwechsel. Kurz zum Thema Essen, da das hier ja schon anders ist. Also es gibt nahezu jeden Tag Reis mit Bohnen. Typische Feijoada eben. Dazu gibt es oft Fleisch. Manchmal auch Salat oder Obst. Ganz besonders beliebt ist hier das Grillen. Sogenannte Chuhasco. Das kann man entweder selber machen, oder man geht in ein Restaurant. Da kann man dann auch so ausgefallene Sachen wie Coração – Hühnerherz essen. Ich muss gestehen, das ist das erste was ich an Brasilien bzw. dem Essen nicht mag.

 

Dann am 18.08.2014 war dann mein erster Schultag geplant. Warum geplant? Weil es nicht funktioniert hat. Erst gab es Probleme von wegen, dass ist nicht meine Schule, dann sind sie sich nicht über meine Klassenstufe einig geworden. Zum Schluss hieß es dann, komm einfach Morgen wieder, da hast du deinen ersten Schultag.

 

Also noch einen Tag aufgeregt sein und darauf warten in die Schule zu gehen. Am Dienstag dann, Aufregung pur. Meine Schule heißt jetzt also Apogeu (übersetzt soviel wie Höhepunkt) und ich gehe in die 1°A. Primeiro Ano. Also ungefähr die 10. Klasse in Deutschland. Ich wurde in die Klasse reingesetzt und meiner Klasse wurde mitgeteilt, das ist Magdalena, Austauschschülerin aus Deutschland, sie geht jetzt für 1 Jahr in eure Klasse. Allerdings die erste Frage meiner Banknachbarin war, ob ich aus New York komme. Das hat mich dann schon gewundert, da mir nicht bewusst war das New York in Deutschland ist. In den Pausen ist dann nahezu die gesamte Klasse zu mir gekommen und wollte mit mir reden. Allerdings muss ich zugeben, dass ich am Anfang echt nicht viel verstanden habe. Weshalb sie sich viel Mühe gegeben haben, langsam und deutlich mit mir zu reden. Wenn ich nichts verstanden habe, wurde sofort jemand gesucht, der Englisch kann. In meiner Klasse sind es so um die 4 Mädchen und 2 Jungen. Ich glaube aber, viele sind jetzt sauer darüber, dass sie in keinen Englischkurs gegangen sind. Aber so sieht man mal wieder, wie unglaublich wichtig Englisch doch ist! Inzwischen habe ich echt viele Freunde in meiner Klasse gefunden. Und nicht nur in meiner Klasse. Wenn ich durch die Schule gehe, kommt es von ganz ganz vielen Oi Madalena! Heißt Hallo Madalena. Ja, mit meinem Namen haben sie so ihre Schwierigkeiten. Aber mir macht es überhaupt nichts aus, wenn sie das „g“ in meinem Namen weglassen. (Magdalena) Das gibt mir um so mehr das Gefühl in Brasilien zu sein.

 

Am Anfang hab ich im Unterricht eigentlich eher nichts verstanden, aber inzwischen verstehe ich eigentlich recht viel. Na gut, außer Spanisch, aber das ist vielleicht auch verständlich, da sie da fast nur Spanisch reden.

 

Meine Geldkarte haben wir dann doch zum laufen bekommen und ich bin stolzer Besitzer einer Brasilianischen ID.

 

Am 25.08.2014 ging es dann für Lara nach Frankreich. Das hieß, ab jetzt nur noch portugiesisch, da meine Gastmutter kein Englisch kann.

 

Nachmittags ist es schwierig, was mit meinen Freunden aus der Schule was zu unternehmen, da sie echt viel lernen. Das ist natürlich blöd, aber ich kann es ein bisschen verstehen, da es hier wohl echt schwer ist einen Platz in der Universität zu bekommen. Und ich kann auch nicht erwarten, dass sie aufhören zu lernen, um sich mit mir zu treffen. Also erkunde ich ein bisschen die Stadt. Manchmal alleine, aber größtenteils mit zwei anderen Austauschschülern. Reka aus Österreich und Victoria aus Dänemark. Wir treffen uns immer Mittwochs, weil da definitiv nie jemand aus unseren Klassen Zeit hat. Ich weiß nicht warum, aber Mittwochs geht bei ihnen nie. Heißt wir erkunden zu dritt die Stadt, gehen Mittagessen,… Außerdem können wir uns echt alle erzählen. Wenn also einer ein Problem hat, dann erzählen wir es uns und probieren uns gegenseitig zu helfen. Das ist echt gut, weil wir alle Austauschschüler aus Europa sind, und können dadurch unsere Probleme besser verstehen, als Einheimische, weil es für sie am Ende kein Problem ist. Und ja wir unterhalten uns auf Englisch, da wir alle noch nicht so gut portugiesisch sprechen.

 

Im September hatten wir unsere erste Inboundorientation. Dazu sind Victoria, David und ich mit dem Bus nach Ponte Nova gefahren. Dort haben wir noch die drei anderen Austauschschüler aus unserem Distrikt getroffen. Insgesamt waren wir also zu sechst, echt wenige dieses Jahr. Christina aus den USA, Vicky aus Taiwan, Thibault und David aus Frankreich, Victoria aus Dänemark und ich aus Deutschland. Also ein recht bunt gemischter Haufen. Dort haben wir viele Vorträge gehört, aber auch viel Spaß gehabt. Und wir sind echt gute Freunde geworden und wollen einen Trip zusammen machen. Ich glaube 4 von uns 6 gehen auf die Nordost-Tour im Dezember.

 

Zu meinem Geburtstag habe ich von meinen Freunden eine Überraschungsparty bekommen. Nachdem ich erst dachte, dass keiner weiß, das ich Geburtstag habe, weil aus meiner Familie mir erst niemand gratuliert hat.

 

Dann sollte ich eigentlich am 01.10.2014 meine Gastfamilie wechseln. Allerdings gab es da ein paar Probleme. Ich habe 2 Gastbrüder. 11 und 16 Jahre alt. Ich sollte mit ihnen zusammen in einem Zimmer schlafen. Und nicht mal in einem Bett, sondern nur auf einer Matratze, die ich jeden Abend und Morgen aufräumen muss. Das fanden weder meine Eltern in Deutschland noch ich besonders cool. Nachdem ich mit meinem Counselor darüber geredet habe, hieß es dann, dass ich in die Familie wechseln muss. Ich schlafe momentan auf der Matratze im Wohnzimmer. Vor dem Fernseher. Aber meine Familie sieht Abends sehr lange fern oder hält sich zumindest im Wohnzimmer auf. Heißt, ich kann im Endeffekt erst zwischen 12 und 1 Uhr Abends schlafen. Das stellt für mich ein Problem dar, da ich morgens schon wieder um 6:30 Uhr meinen Bus in die Schule erwischen muss. Allerdings kommt der Bus auch erst zwischen 7 und 7:10 Uhr in der Stadt an. Dann muss ich noch 5-10 Minuten zur Schule laufen. Leider schließt das Schultor schon um 7 Uhr und Unterricht fängt 7:10 Uhr an. Wer zu spät kommt, darf die erste Stunde draußen vor der Tür verbringen. Ich verpasse also regelmäßig die erste Stunde, oder bin einfach so müde, dass ich mich echt nicht konzentrieren kann. Mein Chairman ist jetzt auf der Suche nach einer anderen Familie und ich hoffe,dass er bald eine findet, wo ich ins Bett gehen kann, wenn ich will. Also habe ich bis Ende Oktober in der Familie gewohnt. Sie haben nicht wirklich viel mit mir geredet. Am 30.11.2014 bin ich dann nochmal umgezogen. In der Familie fühle ich mich jetzt richtig wohl. Meine 14-jährige Gastschwester teilt sich ihr Zimmer mit mir. Es ist echt lustig. Sie können zwar fast alle Englisch, es wird aber nur Portugiesisch mit mir gesprochen. Insgesamt rede ich fast nur noch portugiesisch. Und mir geht es hier echt super gut!!!

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