Frankreich – zweiter Bericht

Hallo liebe/r Outbound,

ich kann mich noch erinnern wie ich letztes Jahr an dieser Stelle war. Um diese Zeit wusste ich schon, dass ich mein Auslandsjahr in Frankreich verbringen werde. Als ich meinen Freunden davon erzählt habe kam immer gleich: Frankreich? Warum so nah? Da kannst du doch mal übers Wochenende hinfahren, aber doch nicht dein Auslandsjahr dort verbringen. Darauf hin hatte ich auch so meine Bedenken, ob das denn die richtige Wahl war, da hier Landschaft und Kultur nicht so verschieden zu Deutschland sind. Aber umso länger ich hier bin, desto glücklicher bin ich über meine Entscheidung. Es ging mir bei meinem Auslandsjahr nie unbedingt darum die halbe Welt zu überqueren und möglichst ganz weit weg zu sein. Es ging mir einfach nur darum überhaupt mal weg zu sein. Frankreich war meine zweite Wahl und ich natürlich anfangs etwas enttäuscht, aber mittlerweile bin ich jetzt umso froher hier zu sein.

Auch wenn Frankreich unsere direkten Nachbarn sind wurde mir klar, wie wenig ich doch über es weiß. Aber hier geht es ja nicht um mich sondern um dich, lieber Outbound. Da dir wahrscheinlich nur noch um die 5 Monate Zeit bis zur Abreise bleiben hier ein paar Tipps, die mir geholfen haben, oder von denen ich im Nachhinein festgestellt habe, dass ich sie hätte machen sollen. Angefangen natürlich mit der Sprache. Wenn du die Möglichkeit hast, dann besuche Sprachkurse und unterhalte dich mit Menschen, die sie schon erlernt haben. Frage sie was für sie das Schwierigste für das Verständnis war und wobei es dann schließlich „Klick“ gemacht hat. Mein Vater hat mir auch immer ans Herz gelegt mir Lieder in französisch anzuhören um ein Gefühl für die Sprache zubekommen. Sich Filme anzusehen kann auch helfen. Dabei hab ich bei mir allerdings festgestellt, dass ich mich weniger aufs Zuhören als auf das lesen der Untertitel konzentriert habe. Deshalb überleg dir, wenn du schon etwas Sprachkenntnisse hast, diese nicht unbedingt auf deutsch einzustellen. Zur Vorbereitung solltest du dich auch etwas mit der Mentalität und Lebensweise beschäftigen um keinen Kulturschock zu bekommen. Für mich war das zum Glück jetzt keine große Umstellung, aber ich war schon erleichtert, dass mich jemand bei einigen Dingen vorgewarnt hat. Andererseits hör bitte nicht auf die Vorurteile die auf dich stoßen werden. Sie sind zwar nicht alle aus der Luft gegriffen, aber du solltest dir lieber ein eigenes Bild machen. In meiner Endphase in Deutschland hab ich so oft gehört wie sehr sie mich vermissen werden, das wir unbedingt skypen müssen und das es ja nur ein Jahr ist, danach wird alles wie zuvor. Die Illusion muss ich dir aber leider nehmen. Was mir schwer zu begreifen fiel, war, dass das Leben ohne dich weiter geht. Dein Freundeskreis verändert sich, Menschen ändern sich und letztlich wirst du wenn du zurück kommst erneut in ein unbekanntes Umfeld gesteckt, außer du hast das Glück nicht wiederholen zu müssen. Das gehört zwar hier nicht rein, da es ja eigentlich um das Auslandsjahr an sich und die Vorbereitung gehen soll, aber ich finde, dass man auch damit rechnen muss. Ich bin mir sicher, dass auch du eine kleine oder weniger kleine Abschiedsfeier machen wirst. Ich würde dir aber raten es nicht zu groß zu machen, damit du dich anständig von ihnen verabschieden kannst. Bei einigen meiner Leute ist mir im Nachhinein aufgefallen, dass ich sie nicht verabschiedet habe und es ist einfach ein komisches Gefühl. Jetzt zur Abfahrt und dem Anfang in deinem Gastland. Die Reise dahin war für mich eine Mischung zwischen „Oh mein Gott, ich mach es wirklich“, „ich will endlich ankommen“ und „ich will nicht gehen“. Es war ein komisches Gefühl. Aber letztendlich hatte ich fast die ganz Fahrt ein Dauergrinsen im Gesicht. Deine Gastfamilie sagt zwar am Anfang „ fühl dich wie Zuhause“, aber du wirst merken, dass das leichter gesagt als getan. Doch das Gefühl kommt früher oder später. Der erste Tag in der Schule ist ein anderes Kaliber. Deine Gasteltern wussten, dass du kommst, dass du die Sprache noch nicht beherrschst und konnten sich darauf vorbereiten. Ich hatte auch das Glück, dass mir eine Freundin von dem Mädchen, dessen Platz ich eingenommen habe, am ersten Tag etwas unter die Arme gegriffen hat. In meiner Klasse war ich dann aber doch allein. Das wichtigste was ich auch den ersten Tagen gelernt habe ist, dass ein Lachen in jeder Sprache gleich ist. Man muss einfach offen sein und auf die Leute zugehen ohne sich zu fragen was sie von einem denken. Außerdem würde ich dir auch dazu raten gleich in der Anfangszeit dir Hobbys und außerschulische Aktivitäten zu suchen. Was in dem „Jahr deines Lebens“ das schlimmste wäre ist Langeweile. Andererseits wirst du auch schnell mitbekommen wie der Alltag einkehrt und dass es den anderen jetzt nicht so am Herzen liegt jedes Wochenende was zumachen. Deshalb geh auf deine Freunde zu und frag ob ihr was unternehmen wollt. Dir wird es auch schnell passieren, dass dir die Freundschaft zu manchen Leuten sehr wichtig wird, auch wenn ihr euch noch nicht so lange kennt. Grade am Beginn wenn du nur eine handvoll Leute kennst werden diese große Bedeutung für dich bekommen. Das solltest du ihnen auch sagen. Eine Sache, die mir erst etwas später klar geworden ist wäre, dass man selbst manchmal abblockt. Ich kenn dich natürlich nicht, aber bei mir war es so, dass wenn ich mit meinen Klassenkameraden geredet habe die jetzt nicht zu meinem engeren Freundeskreis gehören habe ich eher Smalltalk geführt da ich auch nicht so genau wusste über was. Du musst eigentlich nur so mit ihnen reden, als wärt ihr schon seit zig Jahren befreundet, da habt ihr euch plötzlich so viel zu sagen. Das ist alles was mir einfällt um dir den Anfang etwas leichter zu machen. Ich hoffe du wirst dein Jahr in vollen Zügen genießen!! Noch einen kleinen Spruch zum Abschluss „Ein Auslandsjahr ist kein Jahr in deinem Leben, es ist ein Leben in einem Jahr.“

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