Argentinien – 1. Bericht von Tanja

Erste Eindrücke

Das sind zu viele um alle hier aufzuschreiben. Hier einige:

– Herzliche und offene Menschen

– Der erste Monat ging verdammt schnell rum

– Ich werde, wenn ich zurückkomme, mehr zu schätzen wissen was ich in Deutschland habe.

Probleme

Wenn man etwas möchte, muss man oft fünf mal nachhaken. (Die ist aber meiner Meinung nach die hiesige Mentalität)

Sprache

Man lernt jeden Tag etwas Neues und macht unbewusst Fortschritte. Ich belege hier keinen Sprachkurs. Ich lerne mit Rosetta Stone und ansonsten ist auch gerne meine Gastschwester oder meine Freundin aus Mexiko hier mein Lehrer. Meine Sprachkenntnisse sind finde ich ok dafür dass ich erst 1 Monat da bin. Ich verstehe das meiste und versuche immer so viel wie möglich zu sagen/ umschreiben aber da mich meine Vokabellücken selbst stören führe ich ein kleines Vokabelheft.

Die erste Zeit

(Corrientes, 29.09.15)

Liebe Rotarier und Freunde,

ich bin jetzt auf den Tag genau einen Monat hier und werde im Folgenden beschreiben wie mein erster Monat in Corrientes in der Provinz Corrientes in Argentinien war.

Bevor ich am 28. August 2015 ins Flugzeug stieg verabschiedete ich mich von meiner ganzen Familie und Freunden, die mich zum Frankfurter Flughafen begleitet hatten. Ich hätte nicht gedacht, dass mir der Abschied so schwer fällt und schon fast dramatisch wie in einem der Hollywoodfilme wird. Aber ich realisierte alles erst 10 Meter vor meinem Gate: Ich werde 1 Jahr lang, alleine, ohne meine deutschen Freunde und Familie, raus aus meiner gewohnten Umgebung in einem Land leben dessen Sprache ich nicht Spreche (ich hatte nur die Basics in der Schule gelernt) und wo ich niemanden kenne! Ich fing gleich mal als erste an zu heulen wie ein Schlosshund und steckte innerhalb von ein paar Minuten die restlichen 8 an. Zum Glück flog ich nicht alleine sondern hatte einen Gruppenflug mit 19 anderen Austauschschülern, die gerade das gleiche Verrückte wie ich machten. Wir hatten während des 14 stündigen Flugs nach Buenos Aires also guten Gesprächsstoff, da wir alle schon richtig gespannt waren und uns auf unser Austauschjahr freuten.

In Buenos Aires angekommen mussten wir den Flughafen wechseln und der Großteil von uns wurde von Rotariern in einem Bus zum nationalen Flughafen gebracht. Die restlichen Austauschschüler, die in Buenos Aires leben sollten, wurden schon dort von ihren Gastfamilien mit großen Schildern empfangen. Am nationalen Flughafen angekommen musste ich alleine weiter und noch ewig auf meinen Flug warten, der eine Stunde Verspätung hatte (Südamerikaner haben es ja nicht so mit der Pünktlichkeit 😉 )

Nach meinem 1 ½ stündigen Flug bin ich endlich in Resistencia gelandet und wurde herzlich von meiner Gastfamilie, bestehend aus meiner Gastmama Cynthia, Gastschwester Agustina (15) und meinem Gastbruder Mauricio (21), und meiner Counslerin und 5 weiteren Personen von Rotary empfangen. Anschließend bin ich mit meiner Gastfamilie ca. 1 Stunde bis nach Corrientes, mein neues Zuhause für ein Jahr, gefahren. Die ganze Fahrt über haben wir uns auf Englisch und teilweise auch Spanisch unterhalten. Mein erster Gedanke: man reden die hier schnell! Das sagen sie sogar über sich selbst 😀

Total geschafft von der Reise zu Hause angekommen, war ich nur noch fähig etwas zu essen, mich zu duschen und wollte nur noch schlafen. Vor dem schlafen gehen habe ich mich natürlich noch bei meiner Familie in Deutschland gemeldet, dass ich gut angekommen bin und habe mich danach in den Schlaf geweint. Das war bisher das einzige Mal das ich so richtig Heimweh hatte. Ich war so geschafft von der Reise und den ganzen neuen Eindrücken! Nachdem ich 12 Stunden geschlafen hatte, erzählte mir meine Gastfamilie, dass am Samstagabend Leute vorbei gekommen waren die mich kennenlernen wollten…haha und was hab ich gemacht? geschlafen wie ein Stein und sie wollten mich nicht wecken.

Am Sonntag wurden ich und Agustina von meinem Gastvater, der getrennt von meiner Gastmutter lebt, abgeholt und ich war mit der gesamten Familie bei den Gauchos ausreiten! Das hat mir richtig Spaß gemacht weil ich ja selbst in Deutschland geritten bin. Nur leider habe ich mir gleich mal unter der argentinischen Sonne einen Sonnenbrand geholt.

Die Stadt ist ganz anders als deutsche Städte, denn es gibt nur flache Häuser und alles ist in Blocks aufgebaut. Mit Ausnahme einiger Hauptstraßen fährt man immer nur in eine Richtung. Die Costanera (der Strand am Paraná) ist richtig klasse und ich freue mich schon auf den Sommer wenn ich mit meinen Freunden zum Strand gehen kann. Mit etwas mehr als 300.000 Einwohnern ist Corrientes (Stadt) kleiner als Nürnberg und niemand hat hier ein NAVI, weil man die meisten Straßennamen kennt und wenn nicht, fährt man schnell aufs nächste Polizeirevier und fragt nach einer Adresse. In vielen Dingen ist es hier einfach anders: Man sieht hier öfter Autos, die in Deutschland nie eine Straßenzulassung bekommen würden aber wenn es um Straßenregeln, oder allgemein Regeln geht, halten sich die meisten nicht daran. Beispiele:

1) Rechts vor links: das ist hier theoretisch Gesetz aber in der Praxis gelten die Regeln: ‚brems lieber bevor ein Unfall entsteht‘ und ‚der Schwächere gibt nach‘

2) Es gibt fast keine festen Parkplätze. Wenn du auf jmd wartest, bleibt man auf der Straße stehen, macht die Warnblinkanlage an und die anderen müssen ausweichen (nur bei Bussen sollte man aufpassen, dass sie einem nicht den Außenspiegel abfahren)

3) Fast jeder hier hat einen Roller/ Motorrad/ Ähnliches, was mit 16 schon fahren darf. Helme werden nur von wenigen benutzt. Den meisten dient er entweder als Armschmuck oder man hat garkeinen.

4) Es wird auch alles Mögliche auf Rollern transportiert: Babys, Kinder, Leitern etc. soviel wie eine Person halten kann. Und die Polizei fährt dahinter und unternimmt nichts dagegen.

Auch meine Gastfamilie meinte, dass sie die Ignoranz der meisten Menschen hier gegenüber Regeln und die schwache Präsenz der Polizei bedauert. Ich möchte hier nichts schlecht reden/ schreiben. Es ist einfach anders im Vergleich zu Deutschland und jede neue Erfahrung wert! Mir wird immer mehr bewusst wie gut es mir eigentlich in meinem Heimatland geht! (das sollte sich jeder Deutsche zu Herzen nehmen!) Doch von der herzlichen und offenen Art der Südamerikaner können sich viele Deutsche eine Scheibe abschneiden. An meinem ersten Schultag bin ich mit meinen 1,70 m wie Gandalf im Auenland aufgefallen und habe als die neue deutsche Austauchschülerin die anderen angezogen wie das Licht Motten. Zum Glück habe ich 2 Personen in meiner Klasse die Englisch können und für die ersten Tage meine Übersetzer waren. Wenn die alle gleichzeitig auf Spanisch loslegen versteht man gar nichts mehr… ich gehe auf eine kleine Privatschule (Colegio privado John Kennedy), die 500 Meter von meinem Haus entfernt ist. Mittlerweile darf ich auch alleine zur Schule (weil Frühling ist und es in der Früh hell ist) laufen aber am Anfang noch nicht, weil es um die Uhrzeit zu gefährlich in den Straßen ist. In meinem Kurs sind wir zu 7. aber manche Fächer haben wir mit einem anderen Kurs und sind dann 15 Schüler. Die Schule hier in Argentinien ist echt entspannend: manchmal schreiben wir etwas auf, ansonsten sind viele am Handy weil man freies W-lan in der Schule hat und die letzten Wochen haben wir uns immer auf irgendwelche Fiestas, die sie in der Schule gefeiert haben vorbereitet. Z.b. Fiesta de estudiantes = Feier zu Ehren der Schüler.

Auch das Schüler-Lehrer Verhältnis ist viel lockerer als in Deutschland. Die Lehrer sind sowas wie Eltern und werden kurz ‚Profe‘ genannt.

Egal wen man hier trifft man wird immer herzlich empfangen und in meiner Gastfamilie fühle ich mich richtig wohl, weil sie mich wie ein Familienmitglied aufgenommen haben. Auch meine Freunde von der Schule sind auf mich zugekommen und haben gefragt ob wir etwas unternehmen wollen oder haben mich zum traditionellen Asado eingeladen. Dadurch, dass ich jeden Tag Spanisch höre und auch oft gezwungenermaßen Spanisch sprechen muss, haben sich meine Sprachkenntnisse im Vergleich zum Anfang verbessert: Ich verstehe fast alles (zumindest vom Sinn) und versuche so gut es geht zu sprechen. Meine Gastschwester und meine Freundin aus Mexiko, die hier auch als Austauschschülerin ist, sind gute Lehrer. Ansonsten hilft es mir auch sehr die spanische Musik von hier (Cumbia ist eine Musikrichtung, die jeder hier hört und dazu tanzt) zu hören und zu verstehen um meinen Wortschatz zu erweitern. Am Anfang waren alle sehr geduldig mit mir und meine Mama hat mit mir in Zeitlupenspanisch geredet und gerne mir etwas 5 mal erklärt ☺

Nur leider vergeht die Zeit hier viiiiel zu schnell!

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei meinem Rotary Club bedanken, dass er mir dieses tolle Jahr in Argentinien ermöglicht!

Saludos

Tanja

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