Argentinien – 2. Bericht von Clara

Liebe Rotarier, Freunde, Familie und zukünftige Outbounds!

Nun sind schon 4 aufregende und erlebnisreiche Monate, die ich hier in Argentinien verbracht habe, verstrichen. Das ist wirklich schon ein sehr großer Teil meiner 10 Monate und vor allem, wenn ich daran denke, dass ich meinen letzten Bericht vor einem viertel Jahr geschrieben habe, kommt mir das so unglaublich vor, weil es einfach so schnell vergangen ist.

Das meiste Neue habe ich natürlich im ersten Monat kennengelernt, aber trotzdem hatte ich seitdem eine tolle und spannende Zeit!

Im Oktober und November bin ich auf eine dreiwöchige Reise in den Süden Argentiniens, nach Patagonien, gegangen. Dort habe ich auch endlich die anderen Austauschschüler in meinem Distrikt, die alle aus Europa kommen, kennengelernt. Der Distrikt ist sehr langgestreckt und deshalb wohnen wir teilweise unglaublich weit voneinander entfernt. Gestartet sind wir alle zusammen in der Stadt Mendoza und es ging im Reisebus Richtung Süden an die Atlantikküste, wo wir einige Tage verbracht haben und unter anderem Wale und Pinguine in freier Natur beobachtet haben. Weiter ging es in Richtung Süden und Anden. Auf dem Programm standen Wanderungen in den Bergen, außerdem bietet die Region auch einige Nationalparks. Im Nationalpark „Los Glaciares“ (die Gletscher) haben wir auch mehrere Ausflüge gemacht: eine Wanderung auf dem Glaciar Perito Moreno, dem bekanntesten, außerdem eine Fahrt über den Lago Argentino um riesige Eisberge zu sehen. Weiter haben wir die „Cueva de las manos“ besucht, eine Stätte, an der die Ureinwohner ihre Spuren hinterlassen haben. Die letzte Station der Reise war die Stadt Bariloche, eines der größten Touristenziele in Argentinien. Nach dem letzten Schuljahr fahren die meisten Schüler etwa eine Woche nach Bariloche und bereiten sich quasi jetzt schon darauf vor. Es gibt dort tolle Seen, man kann Ski fahren, wandern, oder reiten gehen. Die europäischen Einwanderer haben einen großen Einfluss dort gehabt, heute kann man an jeder Ecke Schokolade kaufen und auch die Bierkultur ist sehr wichtig. Die Reise lohnt sich wirklich sehr und ist auch eine tolle Chance, viel Zeit mit anderen Austauschschülern zu verbringen, die einen wirklich verstehen. Besonders für mich, da ich in meiner Stadt die einzige bin.

Ende November hatten wir in unserem Distrikt die erste Orientation zusammen mit den zukünftigen Outbounds aus Argentinien. Es war ein sehr merkwürdiges Gefühl, dass nun wir die Inbounds waren und von unseren Erfahrungen und Heimatländern erzählen konnten.

Die Orientation fand in Tucuman statt, einer sehr kleinen Provinz ganz im Norden Argentiniens. Ich habe dieses unglaubliche Land nun schon von so vielen Seiten kennengelernt. Hier in der „Region Pampeana“ ist alles ganz flach und ein ähnliches Klima wie in Mitteleuropa, im Süden unendliche hügelige Weiten, aber auch schneebedeckte Berge und dann noch das Meer. In Tucuman ist das Klima sehr tropisch. An einem Tag haben wir einen Spaziergang gemacht und der Wald begann direkt hinter unserer Unterkunft. Es gab Pflanzen mit riesigen Blättern und wir haben sogar eine Avocado probiert, die wir vom Baum geholt haben. Für die Jahreszeit war es ungewöhnlich „kühl“ aber vor allem war es sehr feucht. Besonders viele Aktivitäten hatten wir Outbounds dort allerdings nicht. Einmal haben wir einen Ausflug nach San Miguel, der Hauptstadt der Provinz gemacht. Dort gibt es sehr viele Gebäude im Kolonialstil, die hier in der Pampa nicht zu finden sind. In einem davon wurde die Unabhängigkeit Argentiniens abgestempelt. Außerdem ist es dort aber auch gefährlicher, man muss mit seinem Handy in der Hand aufpassen beziehungsweise es lieber irgendwo verstecken und die Austauschschüler, die dort untergebracht sind, haben auch viel weniger Freiheiten und hängen sehr von ihren Gasteltern ab, die sie irgendwo hinfahren. In dieser Hinsicht habe ich auf jeden Fall sehr viel Glück, dass ich in einer so kleinen ruhigen Stadt wohne.

Um die Entfernungen zu verdeutlichen: Ich habe genauso viel Zeit im Bus verbracht, wie ich dann dort in Tucuman verbracht habe, denn von La Pampa bis Mendoza sind es 9 Stunden und von dort bis in den Norden noch einmal 16. Und dort waren wir von Freitagmittag bis Sonntagmittag. Der Montag war dann mein 17.Geburtstag, in den wir im Bus quasi „hereingefeiert“ haben, aber eigentlich haben alle geschlafen. Dafür gab es aber eine leckere Torte von den Rotariern im Bus, gefüllt mit Dulce de Leche, die wir direkt verspeist haben. Nachhause gekommen bin ich erst spät am Abend aber meine Gastfamilie und eine Freundin haben mich mit einem leckeren Asado und Torte erwartet, sodass der Tag doch noch schön geendet hat. Ich habe aber gemerkt, dass es keine gute Idee war, die ganzen Emails und Nachrichten, die mir meine Familie und Freunde an dem Tag geschickt haben, gleich zu lesen, weil mich das echt traurig gemacht hat. Konzentriert euch einfach auf eure Freunde und Familie im Gastland, die auch sehr gerne für euch da sein wollen!

Dann haben auch schon die dreimonatigen Sommerferien begonnen, die von Anfang Dezember bis Ende Februar dauern. In den ersten Tagen wusste ich überhaupt nichts mit mir anzufangen und habe dann viel zu viel Zeit gehabt, um nachzudenken und das tut mir hier niemals gut. Dann waren zum Glück auch bald alle mit der Schule fertig und mittlerweile gehe ich jeden Tag mit Freunden in den Pool, bei jemandem zu Hause oder in einen öffentlichen. Dort verbringen wir die Nachmittage, trinken dabei Terere (die eisgekühlte Variante von Mate, wird mit Saft zubereitet) und unterhalten uns. Aber bis zum Nachmittag bleibe ich auch wirklich im Haus, genauer gesagt im Essensraum, wo es die lebensrettende Klimaanlage gibt. Diese Woche war besonders heiß, an zwei Tagen waren 38 Grad. Gut, dass ich mir Freunde mit Pool gesucht habe. Apropos Freunde, die Ferien sind wirklich eine tolle Gelegenheit um nochmal neue Leute kennenzulernen, oder dich mit Leuten zu treffen, die du nur oberflächlich kanntest, denn alle haben Zeit, zumindest in unserem Alter. Denn vielleicht findest du jemanden, mit dem du dich besser verstehst, als mit deinen Klassenkameraden, hattest aber bisher noch keine Zeit, denjenigen besser kennenzulernen. Dann ist jetzt die Gelegenheit dazu!

Die Nächte verbringe ich nun im Zentrum auf der Plaza, wo wir uns in Gruppen treffen und je nachdem reden, Musik machen oder Karten spielen. Das liebe ich sehr, auch wenn es für mich immer noch schwierig ist, in Gespräche einzusteigen, vor allem bei sehr vielen Leuten. Dabei weiß ich, dass meine Spanischkenntnisse, zumindest das Sprechen, völlig dafür ausreichen. Aber oft verstehe ich Dinge nicht, wenn die Gruppe so groß ist und irgendwann schalte ich automatisch ab. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie es sein muss für Austauschschüler, die am Anfang gar keine Kenntnisse hatten, denn Gespräche sind einfach der Schlüssel zum Wohlfühlen im Ausland oder dass man zum Beispiel bei Witzen mitlachen kann, denn sonst fühlt man sich nie wirklich wohl. Natürlich haben die Leute recht, die sagen, dass man am Ende sowieso die Sprache lernt, aber das heißt nicht, dass man sich nicht vorher so viel anstrengen sollte, wie man kann um schon so viel wie möglich mitzubringen. Dann ist nämlich alles viel einfacher und es gibt sowieso schon genug andere Sachen, die im Austausch schwierig sind.

Ich bin sehr froh, dass ich mich in die Gruppe einbringen kann weil ich musikalisch bin. Musik ist wirklich eine Sprache! Jemand bringt seine Gitarre mit und ich kann dazu singen oder selber spielen und bin dadurch mehr ein Teil der Gruppe, weil es den anderen eben gefällt, wie ich singe. Also, wenn ihr ein besonderes Talent habt, versteckt es nicht, sondern rückt ruhig damit heraus. Damit könnt ihr auch Interesse wecken! Oder wenn ihr merkt, dass ihr eine Gemeinsamkeit habt, zeigt das ruhig.

Jedenfalls sind auch Weihnachten und die Adventszeit auf die Ferien gefallen. Vom Advent hat man eigentlich nichts mitbekommen, weder in der Kirche, noch auf der Straße noch zuhause (Dekoration oder ähnliches). Am 8. Dezember wird in Argentinien das Haus geschmückt. Hier oben in der Wohnung haben wir nur einen mini Weihnachtsbaum aus Plastik aufgestellt mit einer bunten blinkenden Lichterkette und eine Tischdecke ausgelegt. Unten im Hotel war etwas mehr geschmückt, aber alles für den deutschen Geschmack etwas … geschmacklos. Sie essen hier tatsächlich etwas, das dem Stollen sehr ähnlich ist – Pan dulce (süßes Brot), das auch Trockenfrüchte und sowas enthält, aber leider hat es den Geschmack von Fertigkuchen. Am 24. hatten wir glaube ich eins vom Bäcker, das war ein bisschen besser aber heute hat mich der Stollen glücklich gemacht, den ich gefrühstückt habe und den mir meine Eltern zum Geburtstag geschickt haben.

Jedenfalls habe ich Heiligabend hier im Haus verbracht, wir waren zwanzig Leute und ich habe bei den Essensvorbereitungen geholfen. Das Essen war nichts Spezielles, es gab wie immer kalte Vorspeisen und dann als Hauptspeise gefülltes Hähnchen mit Kartoffelkroketten und Salat. Was mich immer wieder überrascht ist, dass wir hier nach der Nachspeise (Eis) noch die Festtagstorte essen. Das ist auch an den Geburtstagen so, eben weil man sich erst (sehr spät) am Abend trifft. Habe ich schon einmal erwähnt, wie lecker das Eis in Argentinien ist?

Um Mitternacht haben wir dann mit Sekt angestoßen, denn der 25. ist hier der richtige Weihnachtstag, und dann durften auch schon die Geschenke ausgepackt werden. Mein kleiner Gastbruder wurde wirklich sehr überhäuft aber ich habe auch etwas sehr Schönes und Nützliches bekommen. Feuerwerk gab es übrigens auch. Insgesamt war es ein schöner Abend aber eben nichts Besonderes. Aber ich war froh, dass ich meine Familie gar nicht so sehr vermisst habe, wie ich vorher dachte, ich war eigentlich nicht traurig, aber alle ehemaligen Austauschschüler haben gesagt, dass das die schwierigste Zeit des Jahres sein würde. Also bin ich auf jeden Fall sehr zufrieden.

Nicht zu vergessen wäre noch der anschließende Discobesuch mit Freunden. Das fand ich eigentlich auch schön, so konnte man sich gleich frohe Weihnachten wünschen, denn zuhause sehe ich meine Freunde um Weihnachten herum nie. Das „boliche“ LADRILLO DISCO (Backstein Disco) hatte nämlich schon am 19. Dezember Geburtstag und dafür haben sie eine riesige Open-Air-Anlage aufgebaut mit 7 Zelten. Das war wirklich toll und steht jetzt auch immer noch, denn an Weihnachten und Neujahr füllt sich der Club sehr! So waren die Menschen besser verteilt und hatten außerdem frische Luft. Neujahr habe ich mich entschieden, mit der Familie einer Freundin zu verbringen, die mich eingeladen hat. Mal schauen, wie die das so handhaben.

Allgemein bin ich immer noch so begeistert von meinem Gastland, meiner Stadt und überhaupt ist es eigentlich total verrückt, was ich gerade mache! Das versuche ich mir ständig ins Gedächtnis zu rufen, damit ich jeden Tag genieße. Ständig finde ich neue Dinge, die ich nie wieder missen möchte, und doch weiß ich, dass der Tag irgendwann kommt. Aber man lernt auch vieles in der Heimat mehr zu schätzen.

Damit einen ganz besonderen Gruß an Frau Bertelmann und die Rotarier meines Sponsor-Clubs Dresden Canaletto, die mir das alles ermöglichen und hoffentlich auch tolle Erfahrungen mit ihren Gastschülern aus dem Ausland machen können!

Liebe Grüße und ein gesundes neues Jahr,

wünscht Clara

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