Argentinien – 4. Bericht von Lenny

Wie war mein Jahr? Dieser Frage bin ich in den letzten Tagen und Wochen sehr oft begegnet. Viele meiner argentinischen Freunde, Familien und Bekannten haben mir diese Frage gestellt und ich bin bis heute immer wieder überfordert, da ich nicht weiß wie ich darauf antworten soll. Dieses Jahr war trotz aller Corona-Einschränkungen voller toller Erlebnisse, Erfahrungen und Bekanntschaften. Ich habe auf eine, in diesem Maße vermutlich, einmalige Weise erfahren dürfen und können, wie das Leben in so weiter ungreifbarer Ferne aussieht. 

Im Vorfeld eines solchen Jahres macht man sich natürlich Vorstellungen wie es werden könnte, bzw viele informieren sich auch bereits im Voraus. Doch egal wie sehr du dich mit einem Land beschäftigst, egal wie viel du liest, anschaust, oder vielleicht sogar aus vorherigen Urlauben kennst, ich denke, ein derartiger Austausch schafft es, jeden zu überraschen, ihm neue Erfahrungen zu schenken und neue Blickwinkel auf viele Dinge zu liefern.

Mir persönlich hat dieses Jahr vor Allem die Augen geöffnet, wie normal wir in Europa oder in Deutschland manche Dinge betrachten und was für uns quasi ein „Standard-Leben“ ausmacht. Und zu sehen, dass solche Dinge, Situationen, Gegebenheiten, die wir als selbstverständlich, teils sogar als gleichgültig und  unbeachtet voraussetzen, hier, am „anderen Ende“ der Welt mit komplett anderen Augen gesehen werden, dass hat mir persönlich sehr viel verdeutlicht und bedeutet. Und dieses Erlebnis kann man in diesem Maße auf keinerlei Urlaubsreise nachempfinden. Das Austauschjahr war, und ist es noch, eine einmalige Möglichkeit so nah eine so fremde Kultur zu erleben und zu leben. 

Und genau deshalb bin ich auch froh, vor 6 Wochen, als ich zu den Rückholaktionen der Bundesregierung informiert wurde, Nein gesagt zu haben, denn gerade in dieser komplizierten Zeit dennoch, ohne die leibliche Familie und so weit weg von der Heimat, zu sein, dass macht diesen Austausch für mich und für alle Outbounds dieses Jahres noch einmal zu einem einzigartigerem und noch intensiverem Erlebnis. Denn trotz aller Quarantäne und hier in Argentinien geltender Kontaktverbote würde ich sagen, dass ich gerade jetzt argentinisches „Leben“ erlebe. 

Nach 15 Wochen Ferien und gerade einmal 3 Tagen Schule direkt wieder wochen-/ monatelang in Quarantäne zu stecken ist zwar sehr langweilig denn mir gingen dann schon nach wenigen Tagen die Beschäftigungsideen und Gesprächsthemen aus, aber auf der anderen Seite bin ich nur durch die Quarantäne, wenn auch nur kurzzeitig, in einer vierten Familie gewesen, welche mir wiederum viele neue Erfahrungen beschert hat.

Inzwischen ist schon meine (hoffentlich) letzte Woche angebrochen, denn wohlgleich mir dieses Jahr viele Erfahrungen und Freuden geschenkt hat, so freu ich mich doch auch darauf, bald wieder zu Hause zu sein und soweit das möglich ist in mein „altes“ Leben zurückzukehren, auch wenn ich das vermutlich als neuer Mensch tun werde.

Und abschließend möchte ich noch sagen, dass ich mich trotz alledem direkt wieder entscheiden würde, dieses Auslandsjahr anzutreten, da ich glaube, dass ich ohne dieses Jahr auf jeden Fall einiges verpasst hätte.

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