Kolumbien – 1. Bericht von Lovis

Liebe Rotarier, meine liebe Familie, liebe Freunde,

Wow, bald bin ich schon zwei Monate in meiner neuen Heimat hier in Kolumbien. Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit doch vergeht. In diesen knapp zwei Monaten habe ich mich hier schon so gut eingelebt, und fühle mich schon wie in einem zweiten zu Hause… Das liegt vor allem daran, dass Kolumbien einfach viel mehr ist als all die Vorurteile über Kriminalität und Drogenhandel. In keinem Land habe ich so offene und herzliche Menschen getroffen, wie hier. In keinem Land habe ich eine so eine Landschaftsvielfalt entdecken können und in keinem Land habe ich so viel gegessen;).

Als ich in Dresden in das Flugzeug nach Frankfurt stieg, fiel es mir sehr schwer, meine Familie und meine Freunde für ein Jahr zu verlassen. Ich habe viel darüber nachgedacht, wie das denn werden soll, in Kolumbien, wie ich mich fühlen werde oder ob das denn wirklich die richtige Entscheidung war. Doch als ich dann mit dem Flugzeug in Cali ankam und meine neue Familie zum ersten mal gesehen habe, war ich einfach nur voller Vorfreude auf das was auf mich zukommen mag und war mir sicher, das dieses Jahr in Kolumbien auf jeden Fall die richtige Entscheidung war. Meine Gastfamilie besteht aus meiner Gastmutter, meinem Gastvater und meinen drei Gastbrüdern, von denen einer jedoch nicht mehr zu Hause lebt sondern in Cali studiert. Und natürlich hat es nicht lange gedauert, bis ich die ganze Familie kannte. Denn hier in Kolumbien steht die Familie immer an erster Stelle und man unternimmt sehr viel miteinander. Beispielsweise besuchen wir sehr oft meine Gastgroßeltern am Lago Calima, einem See in der Nähe meiner Stadt oder die Geschwister meiner Gasteltern in Cali. Ich selbst lebe mit meiner Gastfamilie aber in Buga, einer wunderschönen, kleinen Stadt mit ca. 100.000 Einwohnern. Buga liegt in einem Tal, dem Valle del Cauca, weshalb man immer die Berge in der Ferne sieht, was mir persönlich sehr gut gefällt. Es ist eine ruhige Stadt, mit einer riesigen Basilika und schönen Parks. Da Buga eine so überschaubare Größe hat, kenn ich eigentlich schon alles und würde mich auch alleine in der Stadt zurechtfinden, wobei mir das meine Gastfamilie nicht erlaubt. Denn es ist einfach zu gefährlich, hier als deutscher Junge herumzulaufen. Aber da ich immer mit meinen Freunden oder meiner Familie unterwegs bin, hatte ich damit auch noch keine Probleme. Ich musste mich nur daran gewöhnen, überall angestarrt zu werden, denn ein 1.90 Meter großen Jungen mit blonden Haaren und blauen Augen sieht man hier nicht allzu häufig. Das Klima hier in Buga unterscheidet sich sehr zum Klima in meiner Heimatstadt Dresden. Jahreszeiten gibt es hier eigentlich nicht, denn es ist immer zwischen 25 und 35 Grad warm und es regnet eigentlich kaum. Aber wenn es dann mal regnet, dann richtig.

Da ich mit meiner Familie schon viele Ausflüge gemacht habe, beispielsweise an den Lago Calima, nach Armenia, Cali oder Tulua, weiß ich, wie sehr sich die Landschaft hier binnen hundert Kilometern verändert. Auch wenn es hier im Valle del Cauca nicht ganz so extrem ist wie in anderen Teilen Kolumbiens. Deshalb kann ich es kaum noch erwarten, das ganze Land auf den Reisen besser kennenzulernen.

In meinen ersten beiden Monaten konnte ich auch die Einwohner Kolumbiens sehr gut kennen lernen. Und sie sind sehr verschieden zu den Deutschen. Denn die Kolumbianer sind ein unglaublich lebhaftes Volk. Sie tanzen und singen liebend gerne, weshalb Feste hier auch sehr beliebt sind. Vor allem feiert man hier den 15. Geburtstag der Mädchen. Dazu wird eine riesige Party organisiert, wo jeder ein Anzug oder ein Kleid trägt und es somit ein wenig einer deutschen Hochzeit ähnelt. Im Alltag ist auch viel Körperkontakt ganz normal, und die meisten Menschen sind sehr religiös. Meine Gastfamilie beispielsweise betet vor jedem Essen, in die Kirche gehen wir jedoch nicht wöchentlich. Auch in der Schule wird viel gebetet. Da die Kolumbianer ebenfalls sehr interessiert an anderen Kulturen und Nationen sind, fiel es mir sehr leicht, neue Freunde zu finden. Denn die Menschen kommen auf dich zu und möchten dir die Sprache und die kolumbianische Kultur näher bringen. Deshalb habe ich eigentlich kaum Probleme, Spanisch zu lernen. Mit meinen Kenntnissen aus dem Latein- und Französischunterricht kann ich mir viele Worte ableiten und es macht mir auch wirklich Spaß, Spanisch zu sprechen. Auch wenn ich keinen speziellen Kurs belegt habe, glaube ich, dass ich schon sehr viel gelernt habe. Ich verstehe mittlerweile nahezu alles und kann auch eigentlich ganz gut sprechen, wobei die Grammatik sehr schwierig ist und ich deshalb noch einige Fehler mache. Vor allem die Verbformen bringen mich manchmal zur Verzweiflung. Das Schulsystem ist hier anders als in Deutschland. Es gibt öffentliche Schulen, die meist ein sehr schlechtes Niveau haben, und Privatschulen, wo sich das Niveau je nach Preis hebt. Ich besuche hier in Buga eine Privatschule namens „Liceo de los Andes“, die auch relativ gut ist für kolumbianische Verhältnisse. Jedoch kann man meine Schule hier nicht mit deutschen Privatschulen vergleichen. Denn ich habe zwar zwei mal in der Woche bis 17:30 Unterricht, jedoch ist dieser um einiges entspannter als in Deutschland. Schüler und Lehrer haben auch eher ein freundschaftliches Verhältnis, da man hier 11 Jahre lang dieselbe Schule besucht und man sich daher sehr gut kennt. Hier in Kolumbien besuche ich die Klassenstufe 11, wobei die hier die höchste Klassenstufe ist. Jedoch habe ich meinen eigenen Stundenpaln bekommen, da ich hauptsächlich Fächer besuchen soll, wo ich Spanisch lernen kann. Deshalb habe ich kein Biologie-, Chemie-, Trigonometrie- oder Geometrieunterricht. Eigentlich sollte ich auch kein Physik- und Mathematikunterricht besuchen, jedoch habe ich diese Fächer dann auch noch in Deutschland. In meiner Schule gibt es viele Veranstaltungen, auch während des Unterrichts, wo sich die ganze Schule versammelt. Beispielsweise war vor kurzem der Tag der Liebe und Freundschaft. Da hatten wir kaum Unterricht, da jede Klassenstufe etwas zum Thema Liebe und Freundschaft vorbereitet hat und das dann präsentierte. Auch die kolumbianische Nationalhymne und die Hymne der Schule wird sehr oft gesungen. Nach der Schule mache ich dann meist etwas mit meinen Freunden oder gehe zum Basketball- oder Fußalltraining. Wenn ich jedoch bis 17:30 Uhr Unterricht habe, gehe ich meist noch schwimmen und dann schnell ins Bett, da diese Tage sehr anstrengend sind. Des weiteren ist das Essen natürlich sehr verschieden zum Deutschen. Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nie so viel Reis und Fleisch gegessen. Eigentlich besteht jedes Gericht, abgesehen vom Frühstück, aus diesen beiden Zutaten. Meist gibt es dazu dann noch „Platano“, einer Art Kochbanane, „Arepa“, ein flaches Brot aus Mais oder Pommes. Auch sehr viel Suppe, Ei oder Kartoffel wird hier gegessen. Am Anfang war das alles total neu und ich habe sehr viel davon gegessen, mittlerweile vermisse ich die deutsche und vor allem die Küche meiner Eltern in Dresden aber schon ein wenig. Aber was mir sehr gut gefällt, ist die Vielfalt der Früchte, und vor allem die Frische. Denn in Deutschland bekommt man Früchte wie Ananas, Papaya oder Banane nur im Supermarkt in Verpackung zu sehen, hier jedoch wächst das alles am Straßenrand oder beispielsweise auf der Thinka meiner Gastgroßeltern. Hier in Buga wohnt mit mir noch eine andere Austauschschülerin aus den Vereinigten Staaten, mit der ich mich sehr gut verstehe. Wir sehen uns täglich beim Schwimmen und sonst treffen wir uns auch oft, um unser neues zu Hause zu erkunden. Sie geht jedoch nicht auf meine Schule, was ich ein bisschen schade finde, aber so kann ich zumindest besser Spanisch lernen, da ich mit kaum jemandem Englisch reden kann.

All die anderen Austauschschüler in Kolumbien konnte ich leider nur ganz kurz an einem Wochenende kennenlernen. Doch es ist so interessant, all die Jungen und Mädchen in meinem Alter aus der ganzen Welt kennenzulernen. Und ich kann es kaum erwarten, Kolumbien mit all den Austauschschülern auf unseren Reisen zu entdecken.

Alles in allem fühle ich mich hier sehr wohl und möchte mich sehr bei Rotary Deutschland, meinem Rotary Club in Dresden und meinen Eltern bedanken, mir dieses Jahr hier ermöglicht zu haben! Es ist wirklich einfach unfassbar, wen und was man hier alles kennenlernen darf…

DANKE!

Liebe Grüße aus Kolumbien,

Euer Lovis

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