Chile – 3. Bericht von Friederike

Die letzten Monate waren wunderschoen. Das Spanisch wird immer einfacher, die Freunde immer besser, die Zeit immer kuerzer. Ich bin wirklich angekommen, fuehle mich chilenisch. Die langen Ferien, fast 3 Monate, sind sehr schnell vorbei gegangen. Ich habe viel Sport gemacht, habe Santiago wirklich kennengelernt (Puente Alto ist zwar ein Stadtviertel, aber mit 600.000 Einwohnern eigentlich eine eigene Stadt, die man normalerweise auch nicht verlaesst), bin mit meiner alten Gastfamilie nach Viña del Mar und La Serena, beides wunderschoene Kuestenstaedte, gefahren und habe mich oft mit anderen Austauschschuelern oder Freunden aus Chile getroffen. Nach diesen langen Ferien war der erste Schultag ganz anders als in Deutschland, aber da ich meine Klasse schon so gut kannte, habe ich mich direkt willkommen gefuehlt. Da mein Rotary Club gute Noten in der Schule verlangt, ist es auch nicht mehr langweilig, da ich die ganze Zeit zuhoeren und mitschreiben muss. Ich kenne jetzt einen Grossteil der Schule und fuehle mich sehr wohl. Ich habe sehr gute Freunde in meiner Klasse und kann jetzt auch sehr gut im Untericht mitarbeiten, vorallem, da meine Meinung doch manchmal etwas anders ist, als die chilenische. Die Rotary Reise nach San Pedro de Atacama war definitiv eine der schoensten Erfahrungen meines Lebens, die Landschaft ist zauberhaft und mit den anderen Austauschschuelern hatte ich sehr viel Spass.

In meiner neuen Familie fuehle ich mich sehr wohl, ich kenne sie schon laenger und bin sehr zufrieden, da ich mich wirklich aufgehoben und angenommen fuehle. Meine Erfahrungen in diesem Jahr sind definitiv vielfaeltig. Ich habe gelernt, in welchen Situationen ich fuer meine Meinungen aufstehen muss und wann ich mich zuruecknehme. Meine Anfangszeit war schwierig, auch aus dem Grund, weil ich mich eingeschraenkt und ungerecht behandelt gefuehlt habe, aber jetzt weiss ich, dass es doch meistens gute Absichten waren und kenne den Wert meiner Freiheit in Deutschland. Dies ist sowieso eine der groessten Erfahrungen, die ich hier gemacht habe: die Werte hier sind wirklich ganz anders. Ich lerne viele Dinge in Deutschland zu schaetzen, nicht nur meine Familie und Freunde, sondern auch die Gesellschaft und das Sozialsystem. Jedes Land hat seine Vor- und Nachteile, ich koennte nicht sagen, ob ich Chile oder Deutschland besser finde. Ich habe gelernt, alleine gluecklich zu sein. In den ersten Monaten fuehlte ich mich sehr einsam, und jetzt bin ich gluecklich, manchmal allein zu sein. Ich habe gelernt, mir Hilfe zu suchen, wenn ich welche brauche. Es gibt Dinge, die ich alleine klaeren kann und muss, aber wenn ich Hilfe suche, werde ich sie bekommen. Ausserdem weiss ich heute, dass ich es nicht immer jedem Recht machen kann, seitdem ich hier bin, merke ich, dass nicht jeder mich moegen kann und muss. Ich bin an mir selbst gewachsen, da ich hier wirklich schwere Zeiten durchmachte, die mich aber fuer immer praegen. Ich habe gelernt, an meinen Zielen festzuahlten und nicht aufzugeben, am Anfang dieses Jahres schien Spanisch zu lernen unglaublich schwer, geschweige den Freunde zu finden oder mich in Chile zu Hause zu fuehlen, doch hier bin ich heute und fuehle mich wie in einer zweiten Heimat. Und ich habe gelernt, dass, egal wie unterschiedlich die Menschen sind, egal woher sie kommen, egal welche Meinungen sie haben, uns alle doch etwas verbindet, das Mensch-Sein, das Mitgefuehl, die Naechstenliebe. Ich fuehle mich nicht nur verbunden mit Chile, sondern habe am Tag des Christchurch-Anschlags mit meinen neuseelaendischen Freunden geweint, von einer finnischen Austauschschuelerin gelernt, „Ich liebe dich“ zu sagen und mit meiner kanadischen Freundin typische Landesgerichte gekocht. Und dafuer bin ich dankbar.

Ich danke allen Menschen, die mir diesen Austausch ermoeglichen und wuensche Ihnen und Ihren Lieben ein schoenes Osterfest.

Auf ein baldiges Wiedersehen

Friederike Dietsch

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