Chile – 2. Bericht von Cornelia

Ich vermute es wäre nicht gelogen zu sagen, dass mein 2. Quartal ein Auf und Ab war. Direkt nach Absenden des ersten Berichts begann ich große Schwierigkeiten mit meiner Familie zu bekommen, während ich ebenfalls mit anderen Problemen zu kämpfen hatte. Mir ging es in dieser Situation so schlecht, dass ich den Entschluss gefasst hatte, mein Jahr hier in Chile abzubrechen. Nach einem Gespräch mit meiner Counselorin stand fest, ich würde nach Hause fliegen, jedoch die letzte Woche bei ihr im Haus wohnen (da sie ebenfalls merkte, dass es mir in meiner Familie sehr schlecht ging und diese mir auch mehrmals gesagt hatten, dass sie mich nicht mehr sehe wollen). Das war das Beste, was mir in diesem Moment passieren konnte. Bei ihr merkte ich nämlich, wie viel einfacher es ist, wenn man in einer Familie ist, in der man sich wohlfühlt. Klar, hatte ich noch die selben Probleme wie vorher, jedoch hatte ich jemanden, mit dem ich darüber reden konnte und auch eine Umgebung, welche mich nicht ständig herunterzieht. Der Aufenthalt bei ihr machte mir klar, dass ich in der Lage bin, weiter in Chile zu bleiben, wenn ich die Familie wechseln könnte. Also suchte sie eine neue Familie, in welcher ich jetzt sehr glücklich bin. Ich habe eine liebe Gastmutter und einen Gastbruder in meinem Alter und könnte glücklicher nicht sein.

In der Woche, in welcher ich bei meiner Counselorin gelebt habe, begannen Dinge, welche man selbst in Deutschland mitbekam. Die Proteste. Am Anfang war es sehr interessant und aufregend. Keine Schule, Ausgangssperren und die ganze Zeit wurden Nachrichten geschaut. Doch als sich die Lage immer noch nicht verbessert hatte, nachdem ich in meiner neuen Familie war, wurde es langsam echt frustrierend. Klar, war es cool keine oder nur kurz Schule zu haben, jedoch war es fast immer zu gefährlich um sich mit Freunden zu treffen, oder mal mit der Familie essen zu gehen. Das ist, nach meinem Empfinden, mit das Schlimmste für Austauschschüler, da man ja eigentlich so viel wie möglich entdecken will, es aber nicht darf/kann.

Als sich die Lage allmählich beruhigt hatte, stand für mich schon wieder die nächste Challenge auf dem Plan… Weihnachten. Ich vermute es geht vielen so, dass das Weihnachtsfest im Ausland ohne die Familie nicht so einfach ist. In meinem Fall war es ebenso. Es war traurig die Bilder der Familie aus Deutschland zu sehen und zu wissen, dass man nicht dabei sein kann. Doch mit der Einstellung, dass ich nächstes Jahr alles nachholen kann, hat mich die Zeit ganz gut überstehen lassen.

Zum Schluss hier noch ein paar Tipps, welche ich den neuen Outbounds mitteilen kann und teilweise gerne vorher gewusst hätte:

  • Das Auslandsjahr wird zwar ein tolles Jahr, aber nicht DAS beste Jahr eures Lebens. Es gibt auch viele schwere  Phasen und es ist total normal verzweifelt, traurig oder normal zu sein. Man muss nur aufpassen, dass man dann nicht dort hängen bleibt sondern sich wieder aufrafft (so schwer es auch ist)
  • Redet über alles, was euch fremd vorkommt oder wenn ihr euch bei etwas nicht wohlfühlt. Ich habe zum Beispiel den Fehler gemacht, zwei Monate bei einer Familie zu verbringen, bei der ich mich von Anfang an nicht wohl gefühlt habe. Klar braucht man etwas Zeit um sich einzugewöhnen, aber wenn ihr euch unwohl bei irgendwas fühlt, redet mit eurem Counselor! (Auch wenn er kein Englisch spricht, nutzt Online Übersetzter um zu kommunizieren. Diese Person will nur das Beste für euch!)
  • Damit der Kulturschock nicht allzu groß wird, kann ich raten im Voraus Kontakt zu anderen Austauschschülern, welche in deinem Land/Stadt waren zu suchen. Sie können von eigenen Erfahrungen erzählen und Tipps geben, an welche man nie selbst gedacht hätte. Ich beispielsweise hatte viel Kontakt mit einem Jungen, welcher ebenfalls aus Deutschland kam und für ein Jahr in der selben Stadt ein Auslandsjahr gemacht hat. Es nahm mir etwas die Angst vor dem Ungewissen, da ich ihn alles über die Kultur/Menschen/Stadt fragen konnte und er mir alles aus seiner (oder auch aus einer deutschen) Sicht berichtete. 

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